Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Gaby Günther-Eickstädt

"Paralleles Vorgehen des Kartellamts ist wettbewerbspolitisch erwünscht"

Einzelfallprüfung bei Kabel-Übernahmen bleibt - Iesy/Ish und BC Partners/Ish

"Paralleles Vorgehen des Kartellamts ist wettbewerbspolitisch erwünscht"

– Frau Günther-Eickstädt, das Bundeskartellamt hat sich noch vor einem halben Jahr strikt gegen eine Fusion auf den deutschen Breitbandkabelmärkten ausgesprochen. Wie kommt es, dass es heute heute keine Probleme mehr sieht?Das Kartellamt betont, dass es sich bei den aktuellen Verfahren Iesy/Ish und BC Partners/Ish um Einzelfallentscheidungen handelt. Die Situation unterscheidet sich von dem früheren Vorhaben des Erwerbs von Ish, Iesy und Kabel BW durch KDG erheblich. Die positiven Signale deuten nicht zwingend auf eine Lockerung der bisherigen strikten Entscheidungspraxis hin. Vielmehr stellt das Kartellamt heraus, dass auch künftige Zusammenschlüsse mit Kabelregionalgesellschaften der Einzelfallprüfung unterzogen würden. – Verwunderlich ist, dass das Kartellamt die Übernahmen ein und desselben Unternehmens in zwei getrennten Verfahren durchführt. Wie kann das sein?Für die Anmeldung einer geplanten Übernahme bedarf es nicht der Unterzeichnung eines verbindlichen Kaufvertrages. Anmeldefähig ist bereits die konkrete Absicht eines Unternehmens, ein anderes zu erwerben. Ish wird im Bieterverfahren mit mehreren potenziellen Käufern veräußert. Diese können auch parallel den möglichen Erwerb anmelden. Das ist geschehen. Die Verfahren werden unabhängig voneinander geführt und können beide mit einer Freigabe enden. Dabei kommt letztendlich nur eine Freigabe zum Tragen. Diese ist noch nicht ausgesprochen worden. Es handelt sich bisher lediglich um Stellungnahmen im Rahmen des rechtlichen Gehörs, noch nicht um offizielle Freigabeentscheidungen. Diese werden für Ende Juni/Anfang Juli erwartet. – Wieso werden die Verfahren nicht nacheinander durchgeführt?Ein paralleles Vorgehen ist sinnvoll und wettbewerbspolitisch erwünscht. Insbesondere in den heute üblichen Bieterverfahren bei Transaktionen muss die Möglichkeit bestehen, die kartellrechtliche Situation im Verhandlungsstadium überprüfen zu lassen. Wäre diese Möglichkeit nicht gegeben, hätten Unternehmen, die eigene Investments bereits getätigt haben, kaum eine Möglichkeit, im Bieterverfahren zu bestehen. Der Verkäufer würde sich, um das Risiko der Untersagung zu vermeiden, in der Regel für einen Finanzinvestor ohne Beteiligungen in den relevanten Märkten entscheiden. Strategen hätten damit erhebliche Nachteile zu fürchten. – Was sind die Unterschiede zwischen den anhängigen Verfahren?Ein Zusammenschluss mit Iesy würde zur horizontalen Konzentration führen, da Ish und Iesy in den gleichen Märkten, auf der sogenannten Netzebene 3, tätig sind. Durch den Zusammenschluss würde Ish/Iesy hinter KDG hier stärkster Player. Der Zusammenschluss würde auf dem Einspeisemarkt von TV-Signalen durch Programmveranstalter in den Übertragungsweg Breitbandkabel zum Wegfall potenziellen Wettbewerbs zwischen zwei Betreibern führen. Ein Zusammenschluss mit BC Partners würde eine vertikale Integration von Netzebene 3 und 4 mit sich bringen. – Wie unterscheiden sich die Verfahren von dem Vorhaben von KDG, das vom Kartellamt nicht freigegeben wurde?KDG, der größte Breitbandkabelnetzbetreiber, wollte die verbleibenden regionalen Kabelnetzgesellschaften Ish, KBW und Iesy erwerben. Damit wäre das alte Telekom-Monopol faktisch wieder aufgelebt. Das Kartellamt hat dies abgemahnt und ließ sich auch nicht durch ein umfangreiches Zusagenpaket von KDG umstimmen. Es betonte, dass die Schaffung eines Kabelmonopols den Fortschritt eher bremsen als fördern würde. – Was bedeuten die Stellungnahmen in den aktuellen Verfahren für die Zukunft?Zunächst ist festzuhalten, dass es sich lediglich um ein Meinungsbild und noch nicht um offizielle Freigaben handelt. Das Kartellamt betont, dass jede Konstellation in einer Einzelfallentscheidung geprüft werden müsste. Die Äußerungen sind eher verhalten. Bisher heißt es zumindest in Hinblick auf Iesy/Ish nicht, dass der Zusammenschluss wettbewerbsrechtlich völlig unerheblich wäre, sondern dass die negativen Wirkungen durch die aus dem Zusammenschluss resultierende Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber KDG kompensiert würden. Dies macht deutlich, dass das gegenwärtige Verfahren durchaus nicht unkritisch ist, aber im Ergebnis die Vorteile die Nachteile eines Zusammenschlusses überwiegen. Hinsichtlich BC Partners/Ish ist Beschluss mit Spannung zu erwarten. Es heißt, dass auch dieser Zusammenschluss keine Strukturverschlechterung mit sich bringen würde. Ob die “letzte Meile” fällt, bleibt abzuwarten.Rechtsanwältin Gaby Günther-Eickstädt leitet die kartellrechtliche Abteilung der internationalen Sozietät Ashurst in Frankfurt. Die Fragen stellte Walther Becker.