Pensionsverpflichtungen bei Übernahmen
Von Peter Etzbach, Gunnar Knorr und Jörn Kuhn *)Bei Übernahmen und Fusionen (M & A) sind Pensionsverpflichtungen des zu verkaufenden Unternehmens ein zentraler Punkt. Veräußerer und Erwerber wissen um das haftungsrechtliche Risiko, dessen Höhe sich wegen unbekannter Größen wie der zunehmenden Lebenserwartung und ungewisser Zinsentwicklungen häufig nicht sicher einschätzen lässt. In der Vergangenheit schlug sich diese Unsicherheit in einem zähen Ringen um den angemessenen Kaufpreisabschlag nieder; in jüngerer Zeit wird das Augenmerk verstärkt auf mögliche Risikoeingrenzung und Verlagerung gerichtet. Bereinigung kaum umsetzbarEine Bereinigung der betrieblichen Altersversorgung noch vor der Transaktion ist praktisch kaum umsetzbar. Häufig fehlt es an den finanziellen Möglichkeiten, Fehler aus der Vergangenheit auszugleichen. Zudem sind Betriebsräte einzubinden und ein mitunter langwieriger Prozess wird ausgelöst. Damit verbleibt dem Veräußerer im Vorfeld einer Transaktion nur, die wesentlichen Risiken zu identifizieren, um damit eine VerhandlungsArgumentation aufzubauen und/oder dem Erwerber Strukturierungsvorschläge zu machen.Der Erwerber sollte sich angesichts der drohenden Risiken eingangs der Transaktion gezielt mit den Systemen der betrieblichen Altersversorgung auseinandersetzen. Nicht selten finden sich versteckte Versorgungsregelungen, etwa aufgrund betrieblicher Übung, von Fehlern in Versorgungsordnungen, nicht gedeckten Zusagen oder fehlenden Rentenanpassungen. Ziel aus Erwerbersicht ist regelmäßig, rechtliche und finanzielle Risiken auszuschließen oder einzudämmen, Systeme der betrieblichen Altersversorgung zu harmonisieren und eine bilanzielle Bereinigung vorzunehmen.Die Umsetzung der verschiedenen Ziele von Veräußerer und Erwerber sollte in eine Transaktionsstruktur münden, die aus den möglichen Varianten in der Zusammenschau rechtlicher, steuerlicher und bilanzieller Gesichtspunkte die sinnvollste ist. Ein weiterer Punkt ist die Attraktivität des Unternehmens für Beschäftigte: Der Veräußerer sollte z. B. nicht zum Closing das Versorgungswerk für Neueintritte schließen, wenn eine betriebliche Altersversorgung in dem bestimmten Marktsegment ein wesentlicher Anreiz ist, um Fachkräfte zu gewinnen.Bereits die Transaktionsstruktur selbst stellt die entscheidenden Weichen. Im Falle eines Anteilskaufs, also eines Share Deals, übernimmt der Erwerber die rechtliche Einheit als solche und damit sämtliche Pensionsverpflichtungen. Ein solcher Erwerb ist eigentlich der für die betriebliche Alterversorgung unproblematische Transaktionsweg. Er kann aber zu einem Stolperstein bei einem Erwerb aus einer Konzernstruktur werden, wenn externe Versorgungsträger vorhanden sind oder ein Contractual Trust Arrangement (CTA) für die Ausfinanzierung genutzt wird.Beim CTA wurde eine eigene Treuhandgesellschaft gegründet, in der die Pensionen verwaltet werden. Nutzt der Erwerber das CTA zukünftig weiter, wird es zu einem Gruppen-CTA, das dann nicht mehr dem Konzernprivileg des Kreditwesensgesetzes unterliegt mit der Folge, dass eine Erlaubnis als Finanzdienstleister erforderlich ist. Dann muss auch bei einem Anteilskauf nach einer anderen Lösung gesucht werden.Entscheiden sich die Kaufvertragsparteien zur Durchführung eines Asset Deals, um im Wesentlichen Betriebsrentner und Pensionsverpflichtungen Ausgeschiedener beim Veräußerer zu belassen, so werden für den Erwerber die aufgrund des damit häufig verbundenen Betriebsübergangs aufgeworfenen Rechtsfragen virulent, die die Gestaltungsmöglichkeiten für die aktiven Mitarbeiter einschränken können.Sollte im Einzelfall eine Due Diligence der Pensionsverpflichtungen nicht durchführbar oder nicht ergiebig sein, verlangt dies nach einer detaillierten Regelung durch Garantien und Freistellungen im Kaufvertrag. Der Erwerber wird hierbei sehr schnell merken, inwieweit der Veräußerer dies mitträgt, oder im Falle der Ablehnung durch diesen seine Schlüsse ziehen. Auslagerung möglichEine Möglichkeit zur effektiven Risikobegrenzung ist die Auslagerung von Pensionsverbindlichkeiten auf eine Rentnergesellschaft. Diese ist besonders dann interessant, wenn der Veräußerer nur einen Anteilskauf umsetzen will, der Erwerber die Gesellschaft jedoch ohne die Belastungen aus den Pensionsverpflichtungen fortführen möchte. In einem gestuften Vorgehen wird dann der Erwerber zunächst einen Anteilskauf durchführen und dann die Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft abspalten.Dass Pensionsverpflichtungen abgespalten werden dürfen, ist inzwischen höchstrichterlich bestätigt. Allerdings wurde der klaren, auf zehn Jahre begrenzen Nachhaftung des Umwandlungsrechts ein Stolperstein in den Weg gelegt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein Haftungssystem etabliert, wonach die Rentnergesellschaft bestimmte Ausstattungsvorgaben einzuhalten hat, da anderenfalls ein Schadenersatzanspruch der Arbeitnehmer entsteht, und zwar über die zehnjährige gesetzliche Haftungsfrist hinaus. Die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen im Rahmen einer Transaktion kann also nur dann zu einer tatsächlichen Enthaftung führen, wenn die Ausstattungsvorgaben – bei denen das BAG durchaus Gestaltungsmöglichkeiten einräumt – eingehalten sind. Andernfalls könnte der Erwerber trotz Ausgliederung voll haften.Beim CTA geht es in der Praxis primär nicht um eine Insolvenzsicherung, sondern um eine bilanzielle Bereinigung. Da eine Saldierung auch nach HGB-Grundsätzen inzwischen möglich ist, gewinnt das CTA weiter an Bedeutung. Wird den Parteien des Kaufvertrages durch die eine oder andere Seite auferlegt, ein CTA einzurichten, so empfiehlt sich in der Regel die Wahl eines Gruppen-CTA. Ein beim Veräußerer eingerichtetes CTA bringt für den Erwerber keine Vorteile, da dieses nicht ohne Weiteres durch ihn genutzt werden kann. Externer TrägerSteht der Erwerber unmittelbaren Pensionszusagen kritisch gegenüber, weil er die ungewissen finanziellen Risiken scheut, könnte der Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung geändert werden, indem Pensionsverpflichtungen auf einen externen Versorgungsträger übertragen werden. Indes wird der Veräußerer eine solche Änderung nicht selbst durchführen, da sie viel Zeit und Geld kostet; die Versicherer verlangen nicht selten das Anderthalbfache der Pensionsrückstellungen als Einmalprämie.Führt der Erwerber die Änderungen des Durchführungsweges auf einen externen Versorgungsträger durch, so kommt eine kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse oder eine Pensionskasse in Betracht. Dabei kann es zu erheblichen Steuerbelastungen der Arbeitnehmer kommen. Um diese zu vermeiden, muss der Aufwand der Ausplatzierung, soweit er für den jeweiligen Durchführungsweg überhaupt abziehbar ist, über mehrere Jahre verteilt werden. Dies wiederum führt dazu, dass die Zahlung an die Versicherung sofort fällig ist, steuerlich jedoch erst über die Jahre amortisiert werden kann. Unter Umständen kann der Erwerber den Veräußerer an den Kosten der Ausplatzierung beteiligen. Beide Varianten beinhalten zumeist auch eine Änderung des Pensionsplans, bei dem das Erfordernis einer gesonderten Zustimmung der Berechtigten nicht ausgeschlossen scheint. Ohne ZustimmungIn einer weiter variierten Transaktionsstruktur erwirbt der Erwerber eine Gesellschaft im Wege eines Anteilskaufs, überträgt in einen zweiten Schritt im Wege eines Asset Deals einzelne Kaufgegenstände auf eine Zweckgesellschaft und liquidiert dann die Restgesellschaft. So kann das bestehende System der betrieblichen Altersversorgung auf einen externen Versorgungsträger übertragen werden, ohne dass die Zustimmung der Betroffenen erforderlich ist. Pensionszusagen aktiver Mitarbeiter bestehen regelmäßig aufgrund des Betriebsübergangs beim vorgenommenen Asset Deal fort. Diese Struktur bietet sich daher an, wenn beim Target früher Pensionszusagen bestanden oder im Vergleich zur Belegschaft eine Vielzahl von Pensionären bezugsberechtigt ist.—-*) Dr. Peter Etzbach, Dr. Gunnar Knorr und Jörn Kuhn sind Rechtsanwälte der Kanzlei Oppenhoff & Partner.