Portfolio nach Fed-Kurswechsel ausbalancieren
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat im Dezember 2008 ihren Leitzins auf nahezu 0 % gesenkt. Sie sah aber die Notwendigkeit, die US-Konjunktur noch stärker zu unterstützen. Zu diesem Zweck verfolgte sie zwei Ansätze: “Forward Guidance” – die Zusage, die kurzfristigen Zinssätze auf null zu belassen – und quantitative Lockerung (Quantitative Easing, QE). Dabei handelt es sich um die Ausweitung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in der Zentralbankbilanz durch den Ankauf von Vermögenswerten, wodurch zusätzliche Liquidität in das Geldsystem gepumpt wird.Zumindest aus dem Blickwinkel der Kursentwicklungen an den Finanzmärkten scheint das Experiment einen deutlich positiven Effekt zu haben. Nun sind erste Anzeichen dafür zu sehen, dass die Fed den Umfang ihrer unkonventionellen Maßnahmen zurückfahren wird. Fed-Präsident Ben Bernanke hatte kürzlich angedeutet, dass die Notenbank künftig am Markt Anleihen in geringerem Umfang als die bislang 85 Mrd. Dollar monatlich aufkaufen könnte. Für Anleger stellt sich folglich die Frage: Was passiert, wenn die Unterstützungsmaßnahmen der Federal Reserve ausbleiben? Erwartungen beeinflussenZur Beurteilung der Folgen eines Ausstiegs aus der quantitativen Lockerung bietet das Konzept der Shadow Funds Rate ein nützliches Rahmenwerk. Die Shadow Funds Rate bildet die Markterwartungen über den künftigen US-Leitzins ab und zeigt damit die tatsächliche Reichweite der Geldpolitik inklusive der Auswirkungen unkonventioneller Maßnahmen. Da geldpolitische Maßnahmen ihre Wirkung dadurch entfalten, dass sie auf Erwartungen der Marktteilnehmer einwirken, liegt der Wendepunkt bei der Shadow Funds Rate deutlich vor dem tatsächlichen Ende von QE oder der Erhöhung des Leitzinses (Fed Funds Rate). Noch zu Beginn des Jahres wurde erwartet, dass QE mit voller Kraft über das gesamte Jahr 2013 weiterlaufen würde. Und im vergangenen Jahr war man am Markt sogar noch davon ausgegangen, dass die Fed Funds Rate für etwa drei Jahre auf null bleiben würde. Nach den jüngsten Aussagen von Ben Bernanke zu einer Reduktion von QE erwartet der Markt nun die erste Zinserhöhung in weniger als zwei Jahren. Die Shadow Funds Rate steigt bereits an. Mit dem Auslaufen von QE wird wahrscheinlich ein Anstieg der langfristigen Zinsen verbunden sein. Wir gehen aber davon aus, dass dieser Prozess sorgfältig gesteuert wird. Steigende Anleiherenditen sind die natürliche Konsequenz der vielen Faktoren, die eine Verringerung von QE erst ermöglichen, nämlich ein sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum und geringere systemische Risiken. Die Fed wird einen Anstieg der Zinsen zulassen, solange dies mit anhaltendem Wirtschaftswachstum einhergeht.In unserer Basisprognose gehen wir für die Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit von einem Anstieg von etwa 50 Basispunkten pro Jahr für die nächsten drei Jahre aus. Angesichts unseres verbesserten Wachstumsausblicks denken wir, dass Spielraum für eine Einengung der Spreads bei Unternehmensanleihen besteht. Wir denken allerdings nicht, dass dieser Effekt so stark wird, um den Bewertungsvorteil von Anleihen gegenüber Staatsanleihen infrage zu stellen. Wir erwarten niedrige, aber positive absolute Erträge aus Unternehmensanleihen hoher Bonität (Investment Grade) sowie moderate relative Erträge gegenüber Referenzstaatsanleihen.Bei Aktien stellt sich die Frage, wie sich die Unternehmensergebnisse entwickeln werden und was Anleger für diese Gewinnerwartungen zahlen werden. Wir sind davon überzeugt, dass in einem Umfeld, in dem sich das Wirtschaftswachstum beschleunigt, aber weit von einer Überhitzung entfernt ist und in dem unterstützende Politik zurückgefahren wird, das Gewinnwachstum in den meisten – aber nicht allen – Märkten ordentlich, aber wenig aufregend ausfallen wird.Dies führt zu der Frage, wie das Ertragswachstum zu bewerten ist. In Zeiten, in denen Aktienmärkte eine starke Performance aufwiesen, waren in der Vergangenheit meist kein hohes Gewinnwachstum oder keine Erwartungen für ein höheres Gewinnwachstum zu beobachten. Im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus QE erwarten wir ein Umfeld steigender Renditen für Staats- und Unternehmensanleihen sowie eine Erholung des Wachstums in den USA, in Großbritannien und in Kontinentaleuropa. Unser Hauptszenario für Aktien ist für das Auslaufen von QE, dass sie zwar niedrige risikoadjustierte Erträge, aber immerhin positive Erträge liefern.Unter Portfoliogesichtspunkten ist dieser Ausblick alles andere als beruhigend. Die traditionell hohe negative Korrelation zwischen den Anleihe- und Aktienmärkten ermöglicht üblicherweise positive Erträge aus verschiedenen Anlageklassen, aus denen ausgewählt und zwischen denen alloziert werden kann. Stattdessen sehen wir nun die Erwartung niedriger Erträge, potenzielle Volatilität durch den Ausstieg aus QE und zunehmend Schwierigkeiten bei der Auswahl von Anlageklassen zur Schaffung einer stabilisierenden Diversifikation. Unser Hauptszenario bleibt, dass die Erträge aus diversifizierten Portfolien positiv sein werden. Aber das Erreichen dieser Erträge wird eine Herausforderung sein. QE hat die Bedingungen an den Finanzmärkten verbessert und zu höheren Erträgen aus Risikoanlagen geführt. Es ist einleuchtend, dass ein Ausstieg aus QE die Renditen am Markt unter Druck setzen wird. Wir denken jedoch nicht, dass die Auswirkungen eines Rückzugs symmetrisch zu dem Einfluss von QE sein müssen. Die von uns erwarteten moderateren Erträge sind auf jeden Fall gegenüber negativen Erträgen zu bevorzugen. Dementsprechend glauben wir, dass Investoren in diesem Umfeld mit einem aktiven Ansatz bei der Asset-Allokation erfolgreich sein können. In diesem Umfeld werden Portfolien mit starrer strategischer Asset-Allokation nicht optimal positioniert sein, um risikoadjustierte Erträge zu maximieren. Richtige Strategie entwickelnDie richtige Strategie zum Umgang mit den Marktgegebenheiten infolge eines Auslaufens von quantitativer Lockerung sollte drei Punkte beinhalten:Der erste Punkt sollte ein neues Herangehen an Diversifikation beinhalten. Da viele Assetklassen potenziell durch abnehmende geldpolitische Unterstützung belastet werden, sollten Investoren danach streben, diversifizierende Anlagen zu identifizieren und in ihr Portfolio aufzunehmen. Dies können Assetklassen oder geeignete aktive Strategien sein.Der zweite Punkt beschreibt, dass für die sich ergebenden Makrobedingungen ein dynamischer Prozess bei der Bewertung und Positionierung von Anlagen wesentliche Voraussetzung ist. Ein Ansatz bei der Asset-Allokation, der Flexibilität zulässt, wird für den unsicheren Weg einer Straffung der Geldpolitik besser geeignet sein als ein statischer Ansatz.Drittens werden die Strategien, die entweder ein stabiles Alpha durch die aktive Auswahl von Ländern, Sektoren und Wertpapieren erzielen oder eine marktunabhängige positive Rendite generieren, einen deutlichen Vorteil haben.—-Werner Kolitsch, Deutschland- und Österreich-Chef von Threadneedle Investments.