PORTFOLIO - GASTBEITRAG

Real Assets - Optimale Bausteine für die strategische Asset-Allokation

Börsen-Zeitung, 10.11.2012 Die meisten Investoren leiden heute unter dem ungewöhnlichen Kapitalmarktumfeld. Auf der einen Seite stehen historisch niedrige Zinsen für Triple-A-Staatsanleihen, die es erschweren oder gar unmöglich machen, gesetzte...

Real Assets - Optimale Bausteine für die strategische Asset-Allokation

Die meisten Investoren leiden heute unter dem ungewöhnlichen Kapitalmarktumfeld. Auf der einen Seite stehen historisch niedrige Zinsen für Triple-A-Staatsanleihen, die es erschweren oder gar unmöglich machen, gesetzte Ertragsziele zu erreichen. Auf der anderen Seite verunsichert das von exogenen Faktoren beeinflusste Kapitalmarktumfeld, in dem selbst die Bonität einzelner Staaten massiv in Frage gestellt wird. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass institutionelle Investoren zusätzliche attraktive Asset-Klassen suchen müssen, um ihre Renditeziele zu erreichen. Renditepotenziale gesuchtBei einer Verzinsung von ca. 1,5 % p. a. für zehnjährige deutsche Staatsanleihen und Mindestrenditezielen in einer Bandbreite von ca. 3,5 % bis zu ca. 5 % p. a. zeigt sich, dass Renditepotenziale abseits der klassischen Bondanlagen erschlossen werden müssen, um diese Ziele zu erreichen. Aufgrund der häufig vorhandenen geringen Risikobudgets, der hohen Volatilität der Aktienmärkte und der hohen Korrelationen der übrigen liquiden Anlagen insgesamt richtet sich der Blick verstärkt in Richtung Real Assets. In die Kategorie der Real Assets gehören insbesondere Immobilien, Infrastruktur, Energieinfrastruktur, erneuerbare Energieinvestments sowie land- und forstwirtschaftliche Investments. Gestützt wird die zunehmende Attraktivität von Sachwerten auch durch langfristige globale Trends wie ein stetiges Bevölkerungswachstum, eine zunehmende Urbanisierung, eine deutliche Rohstoffverknappung und nicht zuletzt durch die Energiewende in Richtung erneuerbarer Energien.Real Assets bieten in der Regel ein attraktives Rendite- und Risikoprofil bei stabilen und langfristig planbaren Cash-flows verbunden mit einem hohen Werterhalt. Ihre Erträge sind vom Markt weitestgehend entkoppelt und gewähren eine ausreichende Sicherheit, um so die Effizienz der Portfolien zu erhöhen. Darüber hinaus ermöglichen sie einen gewissen Schutz vor inflationären Entwicklungen und können so zu einer effizienten Diversifikation von Portfolien beitragen. Attraktiver BarwertDer ökonomische Wert von Real Assets entspricht bei einer vereinfachten, rein finanzwirtschaftlichen Betrachtung dem Barwert der mit dem risikofreien Zins diskontierten zukünftigen Netto-Cash-flows. Daraus folgt, dass beispielsweise Investments in erneuerbare Energien mit einem frühen, hohen und stabilen Cash-flow einen attraktiven Barwert erzielen können. Dies macht sie im Vergleich zu klassischen Bondanlagen, bei denen in Summe die Rückflüsse deutlich später kommen, attraktiv; dies vor allem, falls die Zinsen einmal wieder steigen sollten. Inzwischen belegen eine ganze Reihe von Studien die günstigen Eigenschaften von “Solar- und Windparkinvestments”.Aufgrund der starken politischen Unterstützung und Förderung haben Wind- und Solarparkinvestments – einhergehend mit ihrer geringen Korrelation zu den Aktienmärkten – stabile und planbare Cash-flows erwirtschaftet. Dies hat sich selbst in Krisenzeiten gezeigt. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Investments zum Finanzmarkt unkorreliert waren. Auch die Volatilität der Erträge, die um saisonale Effekte bereinigt wurde, erwies sich als relativ gering.Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass J.P. Morgan davon ausgeht, dass der Anteil der Real Assets in zehn Jahren bei ca. 25 % der Gesamtallokation liegen soll. Aus Sicht von Towers Watson kommt für ein ertragsoptimiertes Portfolio bereits heute eine Allokation in Höhe von 25 % Real Assets in Betracht. Hierzu gehören in Form einer “Kernallokation” Immobilien, Infrastrukturinvestments und eine Allokation zu einem Pool anderer Real Assets, wie z. B. Landwirtschafts- und Waldinvestments sowie Investitionen in erneuerbare Energien.Investoren, die künftig in deutsche Wind- und Solarparkinvestments investieren wollen, stehen vor dem Hauptproblem, dass das Angebot ziemlich beschränkt ist und vermehrt neue Investorengruppen als Käufer auftreten. Größere Portfolien gehen inzwischen in regelrechte Bieterverfahren. First Mover haben sich insoweit bereits attraktive Investments gesichert, unabhängig davon, dass zum Erwerbszeitpunkt noch keine entsprechenden historischen Daten und Erfahrungen vorhanden waren. Insoweit erfordert die strategische Asset-Allokation auch langfristige unternehmerische und finanzwirtschaftliche Weitsicht, die gekoppelt ist mit einer entsprechenden Flexibilität, um attraktive Investmentopportunitäten zu identifizieren und nutzen zu können. Holz gefragtVor zehn Jahren waren Investments in Wald noch für die meisten institutionellen Investoren undenkbar. Mittlerweile haben aber einige größere institutionelle Investoren wie die Bayerische Versorgungskammer oder die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe diese Asset-Klasse besetzt und größere Beträge in sie investiert.Insgesamt zeigt sich, dass Real Assets eine zunehmend wichtigere Rolle in den Portfolien institutioneller Investoren spielen werden. Der Markt für Real Assets ist auch operativ komplex, aber er offeriert unterschiedliche Asset-Kategorien, die attraktive und stabile langfristige Erträge versprechen. Die Entwicklungen im Bereich der Solar- und Windparkinvestments zeigen beispielhaft, dass ein Festhalten an starren Asset-Klassen-Kategorien wenig sinnvoll ist. Investmentchancen werden eventuell übersehen bzw. überhaupt nicht in Betracht gezogen. Vielmehr ist ein konstanter Bewertungsprozess in Bezug auf Real Assets erforderlich, um attraktive Investmentthemen zu identifizieren und zu bewerten.Ohne diese Flexibilität und Aufgeschlossenheit verpassen institutionelle Investoren interessante Chancen. Natürlich werden in diesem Zusammenhang heimische Investments zunächst präferiert, aber Investoren sollten sich mit Investmentmöglichkeiten auch außerhalb des deutschen Marktes beschäftigen, um eine internationale Diversifikation zu erzielen.So attraktiv die Investition in Sachwerte ist: Für zahlreiche institutionelle Investoren sind allerdings zudem aufsichtsrechtliche Regulierungen sowie anstehende Veränderungen durch Solvency II zu berücksichtigen, um auch unter aufsichtsrechtlichen Vorgaben eine Optimierung der strategischen Asset-Allokation zu erreichen. Dies erfordert eine generalistische Prüfung der individuellen Ausgangssituation des Investors.