Immobilien

Reit-Zug nimmt trotz unklaren Rahmens Fahrt auf

Anfang 2007 soll es losgehen - Berater laufen sich warm - Als Erste dürften Finanzinvestoren die Chance nutzen - Konzerne zaudern

Reit-Zug nimmt trotz unklaren Rahmens Fahrt auf

Von Walther Becker, Frankfurt “Der Wettlauf um die Reits hat begonnen, und größere Häuser entwickeln gezielt Strategien, um sich optimal für die Zukunft aufzustellen.” Ingo Winterstein, Rechtsanwalt und Partner bei der Anwaltssozietät Lovells, ist mit einigen Adressen im Gespräch, um die künftigen Real Investment Trusts (Reits) nutzen zu können. Noch gibt es keinen Referentenentwurf, geschweige denn einen Gesetzesvorschlag. Doch der Zug für die Einführung am Kapitalmarkt lässt sich von diesen Unklarheiten über die Rahmenbedingungen nicht bremsen, glaubt man den Beratern. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Investmentbanker sind sich einig, dass Anfang 2007 losgelegt werden kann. Deutsche Bank und Sal. Oppenheim, die mit JPMorgan kooperiert, sowie Merrill Lynch und Morgan Stanley sollen bei Reits eine führende Rolle spielen. Alle sondierenDie Vorbereitungen liefen bei den Haltern indirekter Immobilieninvestments wie Immobilien-AGs, offenen und geschlossenen Fonds, den ausländischen Anlegern, die das Vehikel zum Teil aus ihrer Heimat kennen, sowie bei Versicherungen und Pensionsfonds. Und auch die großen Unternehmen, die trotz zahlreicher Portfolio-Verkäufe noch gewaltige Bestände haben, schauen sich das neue Instrument sehr genau an. Allerdings braucht es hier einen Zwischenhändler, da die Immobilien eines einzelnen Unternehmens wegen des Klumpenrisikos kaum an der Börse reüssieren könnten.Unter anderen macht der Flughafenbetreiber Fraport seine künftige Immobilienstrategie davon abhängig, was bei Reits passiert. Die Unternehmen müssen sich zunächst entscheiden, ob sie überhaupt auf den Reit-Zug aufspringen – oder lieber doch den klaren Schnitt in Form eines Portfolio-Verkaufs machen, wie sie ihn auch bisher schon häufig vorgenommen haben. Sven Helmer, Leiter Real Estate Investment Banking bei Sal. Oppenheim in Frankfurt, hält Schätzungen, wonach bis 2010 eine Marktkapitalisierung von 100 Mrd. Euro bei Reits möglich sein soll, für zu optimistisch. (Zum Vergleich: Der Dax liegt bei 665 Mrd. Euro). Rund 60 Mrd. Euro bis 2010 hält er eher für realistisch. Denn vor allem die Unternehmen könnten davor zurückschrecken, eigene kapitalmarktfähige Vehikel zu lancieren. Die Abgabe in Form eines Trade Sale sei gegenüber einem IPO-Prozess meist einfacher, und ein Konzern setzte damit auf einen Schlag das gesamte in den Liegenschaften gebundene Kapital frei. Auch Immobilienfonds lassen noch keine klare Reit-Strategie erkennen – auch sie veräußern lieber Bestände, statt Trusts zu gründen. Und auch Versicherungen hinken in puncto Reits noch hinterher. Insofern erstaunt es nicht, dass Berater vor allem den Finanzinvestoren ausländischer Provenienz zutrauen, bei Reits hierzulande Vorreiter zu werden. Immer wieder fällt in diesem Zusammenhang der Name Fortress. Auch Corpus, die sich von Morgan Stanley und Deutsche Bank beraten lässt, wird eine Pionierrolle zugetraut. Indessen denken notierte Immobilien-AGs – 2006 wurde Patrizia notiert – über eine Umwandlung nach. Die IVG hat ihre Tochter Stodiek bereits in IVG Deutschland AG umbenannt und als Reit positioniert. Die Finanzmarktinitiative IFD rechnet gar mit einem IPO-Volumen von 127 Mrd. Euro auf fünf Jahre. Zunächst kleinere Brötchen Laut Helmer von Sal. Oppenheim könnten im ersten Jahr fünf bis zehn Reits mit Immobilienvermögen von über den Daumen gepeilt etwa 2 Mrd. bis 4 Mrd. Euro an den Markt gehen. Dies bedeute ein Platzierungspotenzial von je zirka 0,5 Mrd. bis 1 Mrd. Euro, da Altgesellschafter maßgeblich engagiert blieben, und eine Marktkapitalisierung je Reit zwischen 1,0 Mrd. und 1,5 Mrd. Euro. Zwar habe der erste Emittent bei der steuerlich getriebenen Anlageform den Vorteil der größten Aufmerksamkeit; kämen aber große Konzerne mit Volumina von über 3 Mrd. Euro und mehr, dann sei auch ihnen das Interesse der Investoren gewiss. Die institutionellen Anleger setzten heute auf stabilen Cash-flow und nicht Wachstumswerte. Die Ausschüttung, die mit mindestens 90 % vorgeschrieben sein dürfte, weckt ihren Appetit. Das kann sich ändern: Rentiere sich eine zehnjährige Bundesanleihe in einem Jahr mit 5 (heute 4) %, dann müssen auch Reits wachsen, um diese Konkurrenzanlage zu schlagen. Die absehbare Abgeltungssteuer spiele Reits und Immobilienaktien in die Hände, da das Halbeinkünfteverfahren wegfalle.Einigermaßen fest steht bis heute, das Reits mindestens 90 % ihres Gewinns auszuschütten haben werden, 75 % ihrer Assets aus Immobilien bestehen und mindestens 75 % des Ergebnisses aus Mieterträgen stammen müssen. Ob nach IFRS oder HGB bilanziert wird, ist nicht klar, was insbesondere für die Abschreibungsproblematik wichtig ist.