Immobilien - Gastbeitrag

Renaissance der Immobilien-AG durch Reits

Börsen-Zeitung, 24.3.2005 Die Diskussion um die Einführung eines German Real Estate Investment Trust (G-Reit) wird konkret. Die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) hat in einem Abschlussbericht (www.finanzstandort.de) ihre Vorstellung vom...

Renaissance der Immobilien-AG durch Reits

Die Diskussion um die Einführung eines German Real Estate Investment Trust (G-Reit) wird konkret. Die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) hat in einem Abschlussbericht (www.finanzstandort.de) ihre Vorstellung vom rechtlichen und steuerlichen Rahmen vorgelegt. Die Vorschläge werden im Finanzministerium auf ihre steuerlichen Auswirkungen abgeklopft. Mit dem Reit soll Deutschland – vor allem der Finanzplatz Frankfurt – zu einem führenden Investment- und Kapitalmarkt für Immobilien werden. Gleichzeitig könnte damit die Renaissance der Börsengänge eingeleitet werden. Rechtliches NeulandFür die Anerkennung einer Gesellschaft als Reit soll laut IFD-Vorschlag eine inländische Aktiengesellschaft ihre Einkünfte schwerpunktmäßig aus Erwerb, Errichtung, Vermietung und Verpachtung von eigenen Immobilien erzielen und mindestens 90 % ihrer Erträge ausschütten. Genauso neu wie aus Praktikersicht wünschenswert: Der Reit soll seinen Jahresabschluss nach internationaler Rechnungslegung (IFRS) erstellen dürfen, um die internationale Vergleichbarkeit zu erleichtern. Der Abschlussbericht schlägt ein neues steuerliches Konzept vor, nach dem eine Reit-Gesellschaft nach Börseneinführung grundsätzlich von Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit wird. Die vom Reit ausgeschütteten Dividenden unterlägen dagegen bei den Aktionären – mit bestimmten Ausnahmen – der vollständigen Besteuerung ohne die für “normale” Kapitalgesellschaften möglichen Steuerprivilegien. Die Einbringung von Immobilien gegen Anteile am Reit oder die Erlangung des Reit-Status würden laut IFD-Vorschlag auf zweierlei Weise erleichtert. Zum einen würden vorhandene stille Reserven nur zur Hälfte besteuert. Zum anderen wird die Steuerbelastung über vier Jahre verteilt. Hiervon werden eine deutlich größere Bereitschaft zur Mobilisierung von Immobilienbesitz und dadurch Steuermehreinnahmen erwartet. Bisher werden viele Immobilien schlicht deshalb nicht von einem Rechtsträger auf einen anderen übertragen, weil dies neben Grunderwerbsteuern auch die volle Besteuerung der stillen Reserven bedeutet. Börsennotierung erforderlichFür die Anerkennung des Reit-Status ist laut IFD-Vorschlag eine Börsennotierung der Gesellschaft im Amtlichen oder Geregelten Markt einer deutschen Wertpapierbörse letztlich zwingende Voraussetzung. Die Börseneinführung ist rechtlich komplex und langwierig; daher soll der Reit-Status bereits vor Börsennotierung auch auf Kapitalgesellschaften – auch auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung – erstreckt werden, die alle anderen regulatorischen Voraussetzungen erfüllen. Themen aus den zurückliegenden IPO-Tagen wie der Formwechsel in die Aktiengesellschaft werden wieder aktuell. Abhängig vom gewählten Marktsegment müssen bestimmte Mindeststandards hinsichtlich des Bestehens des Emittenten, des voraussichtlichen Kurswerts oder des Eigenkapitals gemäß den geltenden Zulassungsvoraussetzungen für diese Marktsegmente erfüllt werden. Laut IFD-Vorschlag ist für den Reit-Status eine breite Platzierung von mindestens 25 % der Aktien an Anleger erforderlich. Ein Mindestmaß an Streubesitz – ebenso wie jegliche Beteiligungsobergrenze – ist naturgemäß schwer nachprüfbar und leicht zu umgehen. Der in Deutschland zwar rechtlich zulässige – und bereits praktizierte – Einsatz von vinkulierten Namensaktien könnte vor allem bei ausländischen Investoren zu Akzeptanzproblemen führen. Für das IPO ist ein transparenter Börsenzulassungsprospekt erforderlich, der vollständig und richtig über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse Auskunft gibt, die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind. Für fortlaufende Transparenz sorgen Zulassungsfolgepflichten wie Jahresabschluss und Zwischenbericht sowie die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Ad- hoc-Mitteilungen und bestimmten Wertpapiergeschäften der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane.Werden die IFD-Vorschläge umgesetzt, müssen zahlreiche neue Fragestellungen beantwortet werden. Die Vorstände, Aufsichtsräte und Abschlussprüfer haben sich mit der IFRS-Rechnungslegung für den Einzelabschluss ebenso intensiv zu beschäftigen wie mit Fragen der international üblichen Bewertung von Immobilien. Daneben finden auch die gesetzlichen Bestimmungen des Insiderrechts und des Wertpapierübernahmerechts Anwendung.Die Erfahrungen aus dem Ausland, vor allem den USA und Japan, aber auch Australien, Kanada oder den Niederlanden, zeigen, dass Immobilien in erheblichem Umfang in Reits eingebracht und als eigene Asset-Klasse im Kapitalmarkt etabliert werden können. Wie auch bei anderen Kapitalmarktprodukten ist der Erfolg von Reits in den USA beispielhaft. In Frankreich wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Reits kürzlich geschaffen, in Großbritannien laufen die Vorbereitungen. Für den Erfolg der Reit-Struktur in Frankreich war insbesondere die Änderung des Steuerrechts und das Erfordernis einer Notierung an einer französischen Börse verantwortlich, während es sich allerdings nicht zwingend um eine französische Gesellschaft handeln muss. Enormes MarktpotenzialDas Marktpotenzial von Reits – und damit für Börsengänge im Immobilienbereich – in Deutschland wird auf über 100 Mrd. Euro im Jahr 2010 geschätzt, darunter ein erheblicher Teil von Immobilien aus Industrieunternehmen. Die Zeit des Schattendaseins von börsennotierten Immo-AGs – derzeit insbesondere AIG, Deutsche Euroshop, IVG und Vivacon – könnte damit bald vorbei sein. Eine Renaissance von Börsengängen in Deutschland würde dem gesamten Kapitalmarkt gut tun. Auch darum ist zu wünschen, dass die IFD-Empfehlung im Bundesfinanzministerium und bei den Ländern Gehör findet und zügig verwirklicht wird.*) Die Autoren sind Partner im Frankfurter Büro der Kanzlei Linklaters Oppenhoff & Rädler.