Recht und Kapitalmarkt

Restricted Stock als alleiniges Vergütungsmittel ungeeignet

Aber als Ergänzung zu Aktienoptionsprogrammen oder als Bindungsinstrument für Leistungsträger und Top-Manager sinnvoll

Restricted Stock als alleiniges Vergütungsmittel ungeeignet

Von Michael H. Kramarsch *) Ein Gespenst geistert durch die Vergütungsflure: Aktienpläne oder neudeutsch Restricted-Stock-Programme. Aktualität erfährt das Thema durch die aktuelle und emotionsgeladene Diskussion von aktienbasierten Vergütungsmodellen im Rahmen von Hauptversammlungen. Wie so oft bei komplexen Fragestellungen lohnt sich ein besonnener Blick hinter die Kulissen. Was sind Restricted-Stock-Programme? Die Übersetzung gibt erste Hinweise: bedingte Aktienüberlassungen. Dabei werden Mitarbeitern Aktien zugesagt, die nach einer Sperr- bzw. Wartefrist – in der Regel drei Jahre – in deren Eigentum übergehen. Anders als bei Aktienoptionsplänen, bei denen weitere Erfolgsziele gesetzlich vorgeschrieben sind, gibt es diese bei Restricted Stock nicht. Der einmal zugesagte Vergütungswert wird im Zeitablauf “erdient” und nicht “verdient”. Eine Erfolgsorientierung findet lediglich zum Zeitpunkt der Zusage statt. Unternehmen sagen somit entweder in einer Rückschau auf Geleistetes oder im Vorgriff auf das vermutete Potenzial eines Mitarbeiters mehr oder weniger Aktien zu. Bewegte HistorieBis jetzt sind Restricted Stock in Deutschland wenig verbreitet und werden von Unternehmen tendenziell ergänzend zu anderen langfristigen Vergütungen eingesetzt. Schauen wir zuerst auf die Entwicklung aktienbasierter Vergütungselemente in Deutschland. Nach den ersten Modellen aus dem Jahr 1996 fand die aktienbasierte Vergütung erst von 1998 an, unterstützt von Gesetzesnovellierungen (KonTraG) – eine zunehmende Verbreitung. Heute wird sie von einer Vielzahl von Unternehmen – darunter 29 der 30 Dax-Gesellschaften – als Bestandteil ihrer Gesamtvergütung verwendet. In der Vergangenheit handelte es sich dabei mehrheitlich um Optionspläne oder gleichartige Konstruktionen, zum Beispiel Wandelschuldverschreibung oder Wertsteigerungsrechte (Stock Appreciation Rights). Bei Letztgenannten erhält der Mitarbeiter den Optionswert – im Gegensatz zu Aktienoptionen – nicht als Aktien, sondern in Geld vergütet. Nachdem die steuerlichen Rahmenbedingungen diese Vergütungsinstrumente auf Ebene der Begünstigten gleich behandeln, machte dies nur noch für Unternehmen einen Unterschied. Lediglich im Falle der Bedienung in Form von Geld ist ein steuerabzugsfähiger Aufwand zu bilden. Marktpraxis belegt VielfaltGenerell sind mehrere Aspekte bei der Betrachtung der aktienbasierten Vergütung zu beobachten. Alle uns bekannten Unternehmen haben ihre aktienbasierten Langfristvergütungen zusätzlich zu anderen Vergütungsbestandteilen eingeführt. Lediglich zirka 30 % der Unternehmen verlangen eine Eigenleistung vom Begünstigten in Form eines Investments in Aktien des Unternehmens. Hierdurch wurde jedoch lediglich ein Teil des Einkommens in eine Risikokomponente eingebracht und nicht Teile der Vergütung ersetzt.Nahezu alle Modelle waren Aktienoptionspläne, die lediglich im Falle von Kurszuwächsen Gewinn abwerfen. Einige wenige Modelle belohnten statt Kurszuwächsen die Outperformance gegenüber einem Index oder die in Kennzahlen gemessene Unternehmensperformance.Alle Programme enthielten neben der einer Option inhärenten Kurszuwachsnotwendigkeit zusätzlich, wie gesetzlich vorgeschrieben, mindestens ein Erfolgsziel. Dies waren Kursziele, Performanceziele gegen einen Index oder eine Kombination mehrerer Parameter. Die Unternehmen übertrafen sich eine Zeit lang nahezu in ihrer Gestaltungswut und entwickelten immer komplexere Modelle.Je die Hälfte der Programme war mit Wartefristen von zwei respektive drei Jahren ausgestattet. Auch dieser Parameter ist für über Aktien finanzierte Vergütungspläne gesetzlich vorgeschrieben. Doch die Laufzeiten betrugen im Mittel fünf bis sieben Jahre, teils gar zehn Jahre. Von Euphorie in FrustrationAlle Programme belohnten künftige Performance und hatten bei Zuteilung zwar einen theoretischen, aber keinen tatsächlichen Wert. Der Gewinn musste also nach Zuteilung noch verdient werden. Überlegungen zu Performance und Potenzial flossen durchaus in differenzierende Zuteilungen ein.Viel Aufwand und Euphorie waren sowohl auf Unternehmens- als auch auf Mitarbeiterseite in die Aktienoptionsprogramme geflossen. Der eine oder andere mag in Gedanken den erwarteten Gewinn bereits investiert haben. Aber es sollte anders kommen. Viele Programme wurden im Höhepunkt der New Economy angeboten. Doch nach Ablauf der Wartefristen war mit dem Platzen der Blase der Traum der Aktienoptionsprogramme geplatzt. Es kehrte Realismus und auch Frustration ein. Viel Aufwand also für nichts? Nein, aber viele Führungskräfte sind tatsächlich leer ausgegangen. Denn vielfach wurde übersehen – und auch falsch kommuniziert -, dass risikoreiche Vergütungsinstrumente im Erfolgsfall zwar über einen großen Gewinnhebel verfügen aber eben auch wertlos verfallen können. Über eine längere Zeit betrachtet gilt für Optionsprogramme generell: Es gibt selten etwas, aber wenn, dann viel!Der wiedererwachte Realismus wurde auf Unternehmensseite verstärkt durch eine Vielzahl neuer rechtlicher und steuerlicher Bestimmungen, allen voran die neuen Bilanzierungsstandards nach US-GAAP (SFAS 123r) und IFRS (IFRS 2). Diese definierten aktienbasierte Instrumente als Bestandteile der Vergütung, die mittels anerkannter finanzmathematischer Verfahren auch bewertet werden können – wie etwa auch Pensionsverpflichtungen. Die Unternehmen müssen diesen Wert in der Folge somit als Personalaufwand berücksichtigen. Mit einem Mal waren Grundgehalt, Bonus und andere Vergütungsbestandteile mit Optionsplänen, was ihre Darstellung im Personalaufwand betrifft, gleichgestellt. Damit erreichte der Realismus im Umgang mit aktienbasierter Vergütung auch die Unternehmen. Suche nach AlternativenGenau aus diesem Grund begannen die Unternehmen in Deutschland über andere Formen der langfristigen variablen Vergütung nachzudenken. Zwischenzeitlich ist ein Trend weg von aktienbasierten und hin in Richtung aktienorientierten Modellen zu erkennen. Dabei setzen die Unternehmen auf Performance-Share-Pläne: Die Mitarbeiter erhalten eine bedingte Zusage bezüglich einer bestimmten Aktien-Stückanzahl oder deren geldwerten Äquivalents. Nach drei Jahren bestimmt sich nach Erreichen im Voraus definierter interner und/oder kapitalmarktorientierter Kennzahlen die endgültige Zahl der Aktien, deren Wert auszuzahlen ist. Im schlechtesten Fall gibt es keine. Um Gewinn zu realisieren, muss der Mitarbeiter nach drei Jahren noch im Unternehmen sein und vorher definierte Erfolgsziele erreicht haben. Die Höhe des Gewinns hängt von der Kursentwicklung ab. Für Performance-Share-Pläne gilt – über längere Zeit betrachtet: Es gibt oft etwas, aber dafür weniger! Der IrrwegAktienplan ist dennoch nicht Aktienplan. Während Performance-Share-Pläne – mittlerweile international weit verbreitet und zum Beispiel in Großbritannien als dem Vorreiter in puncto Corporate Governance von über 60 % der führenden Unternehmen (FTSE 100) eingesetzt – wesentliche Zielsetzungen, die für Optionspläne galten, aufgreifen, verzichten Restricted Stock genau auf diese Zielsetzungen. Der ehemals zusätzlich eingeführte, auf der Aktien-Performance beruhende variable Vergütungsbaustein wird durch ein sicheres, aber wenig erfolgsorientiertes Instrument ersetzt, das je nach Ausgestaltung einer versteckten Grundgehaltserhöhung gleichkommen kann. Der Wechsel vom Verdienen zum Erdienen kann jedoch nicht der richtige Weg sein. Natürlich gibt es sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von Restricted Stock, zum Beispiel ergänzend zu Aktienoptionsprogrammen oder als Bindungsinstrument für Leistungsträger – aber eben nicht als alleiniges Instrument einer Langfristvergütung für das Top-Management. Performance-Share-Pläne sind eine sinnvolle und richtige Weiterentwicklung zum Vorteil der Unternehmen, der Aktionäre und Mitarbeiter. Aber auch für Aktien gilt: Es kommt darauf an, was man daraus macht.*) Michael H. Kramarsch ist Geschäftsführer Towers Perrin HR Services Deutschland.