ANLAGEPRODUKTE

Risiken durch Varianz-Strategie senken

Anleger entdecken ETF auf Indexvarianten zur Portfoliooptimierung - Taktischer Einsatz sinnvoll

Risiken durch Varianz-Strategie senken

Die Turbulenzen an den Kapitalmärkten haben das Interesse an risikoarmen Anlagen an den Aktienmärkten verstärkt. Die hohe Volatilität und das Abwärtsrisiko sorgen für erhöhte Nachfrage nach Produkten, die sogenannte Varianzstrategien einsetzen. Die intelligente Kombination von volatilitätsarmen und gering korrelierenden Aktien soll die Abwärtsrisiken senken. Die Historie zeigt, dass die Produkte dem Anleger in turbulenten Marktphasen einen Mehrwert liefern. Von Armin Schmitz, Frankfurt Die Berg-und-Tal-Fahrt an den Aktienmärkten in den vergangenen Jahren hat die Anleger tief verunsichert. Der Anstieg der Kursausschläge an den Aktienmärkten, wie sie am Ende der Dotcom-Krise oder nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers zu sehen waren, sind keine Einzelereignisse. Ganz im Gegenteil. So haben die täglichen Kursausschläge von 3 % oder mehr im S & P 500 nach Angaben von Standard & Poor’s kräftig zugenommen. In den Jahren von 1950 bis 1999 traten sie insgesamt an 75 Tagen auf. Die Volatilität häuft sich seit Beginn des neuen Jahrtausends. Der S & P 500 schwankte allein in den Jahren von 2000 bis 2012 an 126 Tagen um rund 3 % oder mehr.Eine Diversifizierung des Portfolios mit Anleihen erscheint derzeit schwierig. Wegen der Niedrigzinsphase bieten gerade die Anleihen von Emittenten guter Bonität eher ein renditeloses Risiko; ein Phänomen, das der US-Finanzmarktökonom Robert Haugen auch an den Aktienmärkten feststellte. Die Anleger werden dort nicht angemessen für die zusätzlichen Risiken entlohnt. Haugen konnte nachweisen, dass das Portfolio mit dem geringsten Risiko eine höhere Rendite aufweist als das reine Marktportfolio.Auf Basis der theoretischen Überlegungen von Haugen ist eine Reihe von Strategien entstanden, die durch eine Senkung der Volatilität das Chance-Risiko-Profil verbessern sollen. Zu den erfolgreichsten Strategien gehört das Varianzprinzip.Durch die Kombination von unterschiedlichen Assetklassen mit verschiedenen Korrelationen und Volatilitäten zueinander wird eine Reduzierung der Abwärtsrisiken angestrebt. Aus einem definierten Universum mit Titeln werden verschiedene Aktien kombiniert, die das geringste Risiko bzw. die niedrigste Volatilität ergeben. In den vergangenen Jahren haben Zertifikate- und ETF-Anbieter diese Varianzstrategie über Passivprodukte handelbar gemacht.Einer der ersten Indexfonds war in den USA der PowerShares S & P 500 Low Volatility Portfolio Fund. Der Indexfonds sammelte seit seinem Start im Mai 2011 mehr als 3,4 Mrd. Dollar ein. In Deutschland sind Varianz-Produkte noch ein Nischenthema. In den Minimum-Variance-Indexfonds werden etwas mehr als 300 Mill. Euro verwaltet. Quartalsweise anpassenZu den ältesten Passivprodukten am deutschen Markt gehört das Daxplus Minimum Variance Germany Index Zertifikat der Royal Bank of Scotland (DE000AA0KFZ2). Es wurde im August 2008 aufgelegt. Das Produkt basiert auf dem von der Deutschen Börse berechneten Index. Aus dem 30 Titel umfassenden Dax werden die geeigneten Aktien ausgewählt. Werte mit einer niedrigen Varianz und Korrelation sind im Index stärker vertreten als die übrigen Titel. Der Index wird quartalsweise angepasst. Aktuell umfasst der Index 13 Werte, darunter Beiersdorf, Fresenius und Henkel.In den vergangenen zwölf Monaten kam das Zertifikat auf einen Gewinn von 16,4 %, der Dax auf ein Plus von 13,2 %. Die Volatilität des Varianz-Index beträgt 11,8 %. Die Outperformance ist im Dreijahresbereich noch größer. Das Zertifikat kam auf einen Anstieg von 45,9 %, während der Dax lediglich einen Zuwachs von 34,3 % erzielte. 2008 lag die Performance jedoch bei minus 16,9 %. Das war allerdings deutlich besser als der Dax. Der Leitindex verlor 2008 mehr als 40 %. Letztlich kann diese Strategie Verluste nicht verhindern. Das Minimum-Variance-Prinzip dämpft allerdings die Abwärtsrisiken.Für die Anhänger der Sicherheit eines Sondervermögens bietet Ossiam seit einiger Zeit Exchange Traded Funds (ETF) an, die Varianzstrategien abbilden. Der ETF Europe Minimum Variance NR der Natixis-Tochter Ossiam (LU0599612842) bildet ein risikoadjustiertes Portfolio ab, das laufend angepasst wird. Mit Hilfe der historischen Rendite, der Volatilität und der Korrelationsparameter der einzelnen Titel filtert Ossiam aus dem Universum des Stoxx 600 die geeigneten Titel heraus. Zu den Indexmitgliedern gehören Werte wie Swisscom, Nestlé und der Stoxx Europe 600 Index. Das Indexgewicht der Einzelwerte darf höchstens 5 % betragen. Der Anteil der Sektoren ist auf 20 % begrenzt. Bei der Ländergewichtung sind die Titel aus Großbritannien beispielsweise deutlich höher, deutsche Aktien dagegen niedriger gewichtet als im Referenzindex, dem Stoxx 600. Im Zwölfmonatszeitraum erzielte der ETF eine Performance von 15,8 %. Der Indexfonds konnte den Stoxx 600 deutlich schlagen, der im gleichen Zeitraum auf ein Plus von 9,6 % kam.Die Historie des Zertifikats bzw. des Daxplus Minimum Variance Germany Index zeigt, dass die Varianzstrategie zwar Verluste nicht vermeiden, letztlich aber das Abwärtsrisiko abmildern kann. In steilen Aufwärtstrends liegt die Performance der Theorie entsprechend hinter den klassischen marktkapitalisierten Indizes zurück. Der Anleger muss also genau prüfen, ob er die ETF und Zertifikate auf die Indexvarianten als Long-only-Produkte nutzt oder taktisch einsetzt.