PORTFOLIO - GASTBEITRAG

Risikoausgleich optimiert Streuungseffekt

Börsen-Zeitung, 14.9.2013 In den vergangenen Jahren sind Risikoparitätskonzepte ein fester Bestandteil in den Portfolios vieler Anleger geworden. Die Streuung der Investitionssumme nicht nur über unterschiedliche Anlageklassen, sondern eine...

Risikoausgleich optimiert Streuungseffekt

In den vergangenen Jahren sind Risikoparitätskonzepte ein fester Bestandteil in den Portfolios vieler Anleger geworden. Die Streuung der Investitionssumme nicht nur über unterschiedliche Anlageklassen, sondern eine Aufteilung nach Risiko- anstatt nach Geldeinheiten hat nicht nur viele Investoren überzeugt, sondern in der mehrjährigen Betrachtung auch gute bis hervorragende Ergebnisse erzielt.Die Funktionsweise risikoparitätischer Konzepte ist einfach zu verstehen: Bei einer risikoparitätischen Aufteilung wird das Vermögen nicht einfach in die verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, kurzfristige Zinsen und Rohstoffe investiert, sondern deren Risiken gleich gewichtet. Beim Ansatz der Risikoparität liefern alle Anlageklassen den gleichen Risikobeitrag für das Gesamtportfolio. In Anlageklassen mit weniger Risiko fließt mehr Kapital, in Anlageklassen mit hohen Schwankungen, also mehr Risiko, fließt weniger Kapital. Übergewichtung vermeidenMit diesem Ansatz wird eine Übergewichtung stark schwankender Anlageklassen vermieden und ein optimaler Streuungseffekt erzielt. Risk-Parity-Fonds sollen sich nachweislich weitgehend unabhängig von den Schwankungen der Kapitalmärkte entwickeln. Im Juni dieses Jahres haben alle Risikoparitätsfonds einen Rückschlag hinnehmen müssen. Die Aussagen des US-Notenbank-Chefs Ben Bernanke mit dem Hinweis, dass die Notenbank bei einer weiter gut verlaufenden US-Konjunktur die Höhe der monatlichen Anleihekäufe in absehbarer Zeit zurückfahren könnte, löste ein Beben an den Märkten aus. Infolge dieser Verwerfungen lieferten alle Teilmärkte von Risikoparitätsstrategien negative Ergebnisbeiträge.Wie sind die Auswirkungen dieses Tail Events auf Risikoparitätsansätze nun zu bewerten? Zunächst bleibt festzuhalten, dass Risikoparitätsstrategien auf einem starken, wissenschaftlich abgesicherten Grundkonzept beruhen: Die Prognose von Risikokennzahlen – also der Kovarianz der Anlageklassen – liefert deutlich zuverlässigere Ergebnisse als die Prognose von Erträgen. Mittel- bis langfristig besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Risiko und Ertrag. Ebenso sind die Sharpe Ratios über alle Anlageklassen in der mittel- bis langfristigen Betrachtung ungefähr gleich. Und zu guter Letzt: Die im Durchschnitt geringe Korrelation zwischen den Anlageklassen führt zu erheblichen Diversifikationseffekten im Portfolio. Langfristig gute ErgebnisseTail Events wie im Juni können sich kurzfristig negativ auf die Performance von Risikoparitätskonzepten auswirken. Grundsätzlich bleibt zu betonen, dass Risikoparitätsansätze in der Praxis und in Simulationen, die eine noch längerfristige Rückrechnung erlauben, mittel und langfristig ausgezeichnete Ergebnisse aufweisen. Unser Risikoparitätsansatz ist bewusst ein Long-only-Ansatz. Als Long-only-Ansatz können diese guten Ergebnisse von Zeit zu Zeit durch anlageklassenübergreifende Ereignisse wie eben von jenen von den Aussagen von Ben Bernanke ausgelösten Marktturbulenzen unterbrochen werden.Zur Gleichgewichtung der Risiken gehen die weniger volatilen Bondmärkte mit höherer Gewichtung in das Portfolio ein. Derzeit sorgen sich viele Investoren angesichts rekordtiefer Zinsen, ob diese wieder steigen werden. Vereinzelt wird die Sorge geäußert, ein steigendes Zinsumfeld könnte die Leistungsfähigkeit risikoparitätischer Konzepte beeinträchtigen. Um es klar zu sagen: Wir wissen nicht, ob die Zinsen steigen oder seitwärts laufen oder fallen. Niemand weiß das.Deswegen arbeitet unser Risikoparitätsansatz prognosefrei. Verschiedene in- und externe Studien belegen, dass sich der Risikoparitätsansatz auch bei steigenden Zinsen bewährt. So haben wir die Performance eines einfachen Risk-Parity-Portfolios, bestehend aus amerikanischen Aktien und Anleihen, für die Zeit von 1956 bis Ende 1980 rückgerechnet. In dieser Zeit stark steigender Zinsen hätte bereits die Diversifikation über nur zwei Anlageklassen einen attraktiven Durchschnittsertrag von durchschnittlich 6 % erbracht. Aber wie gesagt, der Anlageprozess ist komplett unabhängig von Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Märkte. Die langfristige Überlegenheit eines prognosefreien Ansatzes wird dadurch unterstrichen, dass diskretionäre und prognosegetriebene Investmentstrategien regelmäßig und in großer Mehrheit ihre Benchmarks underperformen.Reicht das Risikomaß Volatilität zur Budgetierung des Risikos? Unserer Meinung nach ja. Volatilität ist zum Synonym für das Marktrisiko geworden. Mit der Verwendung von Volatilität als Risikomaß bewegen sich Risikoparitätskonzepte innerhalb des Mean-Varianz-Ansatzes von Markowitz, der seit Jahrzehnten die Grundlage für immer neue Methoden der Portfoliooptimierung ist. Beim Vorliegen einer Normalverteilung ist Volatilität sogar nachweisbar ein guter Indikator für den (Ex-post-)Verlustbeitrag einzelner Positionen. Alternativ könnte Value at Risk als Risikomaß eingesetzt werden, da es auch Skewness und Kurtosis berücksichtigen kann. In unserem Risikoparitätsansatz wird der Einfluss dieser höheren Momente auf das Portfolio bereits durch das Risikomanagementsystem FundCreator berücksichtigt, sodass für unsere Ansätze die Volatilität der beste Faktor zur Risikobestimmung ist.Grundsätzlich baut der risikobasierte Investitionsansatz auf der Erfahrung auf, dass der Underperformance einer Anlageklasse gegenüber ihrer langfristigen Risikoprämie die Outperformance einer anderen Assetklasse gegenübersteht – in jedem Marktumfeld. Die erfolgreiche Umsetzung des Risikoparitätsansatzes erfordert denn auch die Auswahl von solchen Anlageklassen, die hohe Diversifikationseffekte erlauben. Wenngleich einzelne Korrelationen Schwankungen unterliegen, so ist doch der Durchschnitt der möglichen Korrelationen langfristig enorm stabil und schwankt innerhalb einer engen Bandbreite um den Wert von null Prozent. Tail Events sind seltenAuch wenn die Korrelationen einzelner Anlageklassen zueinander langfristig stabil niedrig sind, ist das Auftreten zeitlich begrenzter Phasen gleichzeitig fallender Aktien- und Bondkurse nicht auszuschließen. Auf der Basis von Daten zum amerikanischen Markt haben wir seit 1945 aber nur sieben Monate gefunden, in denen beide Märkte gleichzeitig um mehr als eine Standardabweichung fielen. Solche Tail Events sind nicht nur rar, ihr Auftreten kann auch nicht vorhergesehen werden. Bemerkenswerterweise und erfreulicherweise treten solche Tail Events am rechten Ende der Verteilung häufiger auf als am linken Ende. Im gleichen Zeitraum verzeichneten nämlich Aktien und Bonds in 19 Monaten gleichzeitig Gewinne, die eine Standardabweichung übertrafen.Auch wenn es historisch betrachtet wesentlich mehr positive Tail Events als negative gab, sollte eine sinnvolle Analyse des Risikoparitätsansatzes unseres Erachtens auf den mittel- und langfristigen Ergebnissen der Anlageklasse basieren und nicht auf den Ergebnissen eines seltenen Extremereignisses.—-Harold Heuschmidt, Head of Quant Fund Management, Aquila Capital