ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Risikoprämien bestimmen Gestaltung der Multi-Asset-Fonds

Börsen-Zeitung, 4.12.2012 Die herausfordernden Marktbedingungen der letzten Jahre und die meist enttäuschenden Renditen, haben unweigerlich zu einem Überdenken der bis dato geltenden Vorgehensweise im Portfolioaufbau geführt. Die so genannte...

Risikoprämien bestimmen Gestaltung der Multi-Asset-Fonds

Die herausfordernden Marktbedingungen der letzten Jahre und die meist enttäuschenden Renditen, haben unweigerlich zu einem Überdenken der bis dato geltenden Vorgehensweise im Portfolioaufbau geführt. Die so genannte 60/40-Regel, die häufig noch immer als Faustregel für die Konstruktion eines Mischfondsportfolios gilt, stellt in wirtschaftlichen Abschwungphasen ein Sicherheitsrisiko dar.60/40 bedeutet, 60 % in Aktien und 40 % in Anleihen anzulegen. Dieser sogenannte ausgewogene Ansatz wurde in den 80er Jahren erweitert, in dem man die Domestic Bias, also das Favorisieren von heimischen Märkten, durch das Verteilen auf globale Vermögenswerte verringern wollte. Allerdings fiel sehr bald auf, dass durch das Tempo der voranschreitenden Globalisierung jedweder Diversifizierungsvorteil verloren ging.Die wirkliche Schwäche der 60/40-Portfolios war, das nahezu 90 % des im Portfolio befindlichen Risikos von der Aktienauswahl stammte. Der Grund dafür kann zum Beispiel folgender sein: Unter den Anleihen befinden sich eventuell Unternehmensanleihen, die aktienähnliche Merkmale aufweisen. Denn schließlich agieren die Anleihenmärkte nicht völlig losgelöst von den Aktienmärkten. Was auf den ersten Blick noch wie ein ausgewogenes und diversifiziertes Portfolio aussehen mag, entpuppt sich bei beim Betrachten des Risikos als zu einseitig. Investoren waren aber gezwungen mindestens 60 % in Aktien engagiert zu sein, damit sie eine akzeptable Rendite erwarten konnten, mussten aber auch hinnehmen, dass der Anteil, welcher in Anleihen investiert war, von denen man sich eigentlich Schutz in volatilen Märkten erhoffte, in wirklichen Krisen nicht ausreichend war. In Luft aufgelöst In den 90er Jahren wurde daraufhin von den Stiftungen der großen renommierten Universitäten in den USA eine andere Variante der 60/40-Regel als entscheidende Verbesserung der Diversifikation gefeiert. Bei diesem Modell wurde zwar das Aktienrisiko auf mehrere verschiedene Wachstum-Assets verteilt, doch auch hier wurde das eigentliche Problem nicht gelöst. Die Diversifikationsvorteile bewährten sich zwar in ruhigen Phasen, aber eben nicht, wenn die Märkte unter Stress standen. Die positiven Effekte der verschiedenen traditionellen Diversifikationsvorteile lösen sich dann nämlich in Luft auf.Im Laufe der Jahre drängte sich die Erkenntnis auf, dass unterschiedliche Anlageklassen bei einer reinen Kapitalallokation vor allem in einem herausfordernden Umfeld den gleichen ökonomischen Risiken unterworfen sein können. Dies hat dazu geführt, dass Investoren dazu übergingen, Portfolios zu konstruieren, deren primäres Ziel es war, das Risiko gleichmäßiger über die einzelnen Anlageelemente zu verteilen. Diversifikation war nicht mehr eine Frage der Kapitalallokation, sondern eher eine der Risikoalloaktion. Anfälligkeiten untersuchenDie Konsequenz dessen: Dem Risiko oder besser gesagt, den Risikoprämien – den Aufschlägen auf eine risikofreie Rendite – muss bei der Portfoliokonstruktion deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Für die Praxis bedeutet das, dass bereits auf der Research-Ebene basierend auf einem Bottom-up-Ansatz jede einzelne Investmentidee und Anlageklasse auf die verschiedenen Risiken, für die diese anfällig sind, exakt untersucht werden muss. Wichtig dabei ist herauszufinden, in welchen Fällen davon ausgegangen werden kann, dass eingegangene Risiken auch belohnt werden und diese durch Diversifikation zu managen. Risiken, die nicht belohnt werden, sollten vermieden oder abgesichert werden. Spezielle ToolsDie Einsicht, dass eine erfolgreiche Portfoliokonstruktion mit dem Blick durch die Risikobrille erfolgen sollte, bestimmt die Investmentphilosophie und den kompletten Investmentprozess von heutigen Multi-Asset-Teams. Es beleuchtet das gesamte Portfolio nach Risikogesichtspunkten – fokussiert sich also auf die Risikoprämien und setzt dafür bewusst auf eigens entwickelte Risiko- und Optimierungstools.Der Aufbau eines Portfolios wird so vielmehr als ein Prozess der Risikobudgetierung betrachtet. Konkret identifiziert das Research dafür wichtige fundamentale Risikoprämien, die die Erträge eines Portfolios beeinflussen. Dabei wird nicht nur darauf geachtet, welche Assetklassen miteinander korrelieren, sondern auch eingeschätzt, welche Risiken zu welchen Marktphasen auftreten und miteinander korrespondieren.Wie angedeutet sind Risikoprämien die Aufschläge auf eine risikofreie Rendite. Genauer gesagt, ist es der Betrag, den ein Anleger dafür erhält, dass er ein bestimmtes zusätzliches Risiko, wie zum Beispiel eine höhere Volatilität oder ein erhöhtes Ausfallrisiko, akzeptiert. Multi-Asset-Teams unterteilen die Risikoprämien in zwei Kategorien. Zum einen die Markt-Risikoprämie – die die Kernrisiken betrifft, die mit den Hauptanlageklassen wie Large Caps, Emerging-Market-Aktien, Staatsanleihen und Rohstoffe verbunden sind. Die Markt-Risikoprämie für eine US-Large-Cap-Aktie ist zum Beispiel der zu erwartende Mehrertrag, den ein Investor erhalten würde gegenüber einer risikolosen Investition in US-Staatsanleihen.Die zweite Risikoprämien-Kategorie ist etwas diffiziler und heißt “strategische Risikoprämie”. Sie umfasst verschiedene systemische Risiken wie unter anderem das Verhältnis zwischen Bewertung und Wachstum, Trend, Volatilität und Liquidität. Jede Anlageklasse vereint unterschiedliche Risiken, aber nicht im gleichen Maße. Das können zum einen politische Risiken sein. Andere Risiken können das Inflationsrisiko, ein Zinsrisiko oder auch wirtschaftliche Risiken sein, die von der Entwicklung der Konjunktur und der Leitzinsen abhängen. Die jeweilige Höhe des einzelnen Risikos fällt für die jeweilige Anlageklasse mal stärker und mal schwächer ins Gewicht. Trügerisches GefühlZusammengefasst kann man sagen: Will man ein unter Risikoaspekten gut diversifiziertes Portfolio zusammenstellen, muss der Investmentprozess nicht auf Ebene der Assetklassen, sondern auf der Risikoebene gestartet werden. Die reine Kapitalallokation vermittelt ein trügerisches oder vielmehr falsches Sicherheitsgefühl.Ein Fondsmanager kann das ihm anvertraute Geld auf so viele verschiedene Anlageklassen verteilen, wie er will – wenn all diese Anlageklassen für die gleichen Risiken anfällig sind, werden seine Bemühungen fruchtlos bleiben. Wer den Weg konsequent zu Ende gehen will, der diversifiziert auch über die, den Anlageklassen zugrunde liegenden, Risiken.Einfach ausgedrückt – Risiken, für die am Kapitalmarkt niedrige Prämien gezahlt werden, werden untergewichtet, gut bezahlte Risiken übergewichtet. Die Asset Allokation leitet sich aus diesem Risikoportfolio ab. Ändert sich an den Kapitalmärkten die Bezahlung der Risiken, greift der Manager ein und passt das Portfolio entsprechend an.