Finanzen persönlich

Ruhe zu bewahren ist das oberste Anlagegebot

Aktien- und Investmentfondsbesitzer brauchen aber starke Nerven - Transparenz von Zertifikaten "mangelhaft" - Klassische Versicherungen sind sicher

Ruhe zu bewahren ist das oberste Anlagegebot

Von Heino Reents Nie zuvor hatten die Deutschen so viel auf der hohen Kante liegen: Mit knapp 4,6 Bill. Euro erreichte das Geldvermögen der Bundesbürger Ende 2007 einen Höchstwert. Das entspricht fast dem Dreifachen des jährlich verfügbaren Einkommens. Doch Sparer und Anleger sind hierzulande angesichts der aktuellen Finanzkrise verunsichert wie nie zuvor.Kaum ein Finanzexperte kann derzeit sicher sagen, wohin die Reise geht. Haben wir das Schlimmste überstanden, und sorgen die milliardenschweren Pakete der Regierungen und Zentralbanken für Sicherheit? Oder müssen sich die Anleger auf weitere Hiobsbotschaften einstellen? Und wie ist es um die Sicherheit meiner Anlagen bestellt? Keine Panik”Die Nerven zu behalten, wenn man ständig mit schlechten Nachrichten konfrontiert wird, ist natürlich alles andere als leicht”, sagt Andreas Leckelt, Vorstandsvorsitzender der Investmentplattform Laransa. “Aber in stark schwankenden Märkten ist man immer gut beraten, seine ursprünglich gewählte Anlagestrategie unbeirrt weiterzuverfolgen. Es empfiehlt sich daher dringend, nicht in Panik zu geraten.”Auch andere Fachleute mahnen zur Ruhe: “Das Geld jetzt daheim unters Kopfkissen zu legen, ist Quatsch”, sagt etwa die Finanzexpertin der Verbraucherzentrale in Rheinland-Pfalz, Sylvia Beckerle. Denn die Inflation von mehr als 3 % entwertet das Geld rapide. Doch wie sicher sind nun die einzelnen Anlagen? Aktien extrem unter Druck Aktienbesitzer müssen in diesen Tagen einiges aushalten können. Zweistellige Kursverluste sind keine Seltenheit. Das Gute: Aktien gehören nicht zur Konkursmasse einer Bank. Sie bleiben als sogenanntes Sondervermögen im Eigentum der Kunden und sind vor dem Zugriff Dritter im Zuge einer Institutspleite geschützt. “Wertpapierdepots können daher auch im Insolvenzfall jederzeit auf andere Institute übertragen werden, solange sie nicht als Kreditsicherheit für Forderungen der betroffenen Bank gegen den Kunden dienen”, bestätigt eine Sprecherin der Bankenaufsicht BaFin. “Sicherlich lädt das aktuelle globale Marktumfeld nicht dazu ein, das hart ersparte Vermögen in Aktien oder Aktienfonds anzulegen”, sagt Markus Zschaber, Portfoliomanager der V. M. Z. Vermögensverwaltung. “Wer langfristig eine Durchschnittsrendite erzielen möchte, die über dem Sparbuch liegt, muss aber einen Teil seines Vermögens in Aktieninvestments anlegen.” Anleger, die ihr Vermögen gut gestreut und einen bestimmten Teil davon im Aktienmarkt haben, sollten auf keinen Fall verkaufen, rät der Vermögensverwalter.”Die Anlage in offenen Investmentfonds ist zu 100 % konkurssicher”, sagt Laransa-Chef Leckelt. In offenen Investmentfonds legt eine Fondsgesellschaft Gelder in einem Sondervermögen an. Bei einem Konkurs beziehungsweise einer Insolvenz der Fondsgesellschaft dürfen die Anteile – also das Vermögen der Anleger – nicht angetastet werden. Sondervermögen außen vorDas Sondervermögen ist vom Vermögen der Anlagegesellschaft und der depotführenden Stelle immer getrennt. “Diese strikte Trennung des Sondervermögens vom Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft und der depotführenden Stelle unterscheidet Investmentfonds von Sparguthaben und Zertifikaten”, erläutert Leckelt. Abgesehen von den bei Fonds üblichen Wertschwankungen gehen Anleger in Bezug auf die Bonität des Fondsverwalters also kein zusätzliches Risiko ein.Allerdings müssen Fondsanleger derzeit starke Nerven haben. Wie katastrophal die jüngste Wertentwicklung der Investmentfonds ist, die in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind, zeigt eine aktuelle Auswertung der Ratingagentur Lipper. Keiner der Aktiensektoren konnte die ersten neun Monate dieses Jahres positiv beenden. Besonders stark kamen Aktienfonds mit den Schwerpunkten Russland, China sowie asiatisch-pazifische Nebenwerte unter die Räder. Die Fonds brachen durchschnittlich um mehr als 40 % ein. Weltweit investierende Aktienfonds kamen “nur” auf ein Minus von durchschnittlich knapp 25 %. In den vergangenen Wochen sind bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hunderte Zertifikatebesitzer vorstellig geworden, die wissen wollten, ob sie eine Chance haben, ihren Einsatz aus den Lehman-Brothers-Produkten zurückzubekommen. Die Investmentbank hatte jüngst Konkurs angemeldet. Auffallend war laut DSW, dass kaum jemand wirklich wusste, wie das Zertifikat, in das er investiert hatte, eigentlich aufgebaut war und wie es funktionierte. Gekauft hatten viele einzig wegen des Versprechens einer sicheren und hohen Rendite. “Die Transparenz der Produkte ist mehr als mangelhaft”, kritisiert DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker. Nur so sicher wie die BankZertifikate sind sogenannte Schuldverschreibungen, deren Wert an bestimmte Aktien oder Indizes gekoppelt wird. Selbst wenn die Bank einen Kapitalschutz garantiert, ist die Anlage nur so sicher wie die Bank, die sie herausgibt. Im Fall einer Bankenpleite müssen Inhaber von Anlagezertifikaten daher mit Verlusten rechnen, weil die Bank die Zahlungen bei Fälligkeit nicht mehr leisten kann. Selbst bei Garantiezertifikaten ist die Garantie nichts mehr wert, wenn die Bank pleitegeht – wie der Fall Lehman verdeutlicht. Wer sich Sorgen um seine Lebens- oder Rentenversicherung macht, sollte wissen: Die deutschen Versicherer stecken das Geld ihrer Kunden zum größten Teil in festverzinsliche Wertpapiere. Nur gut 10 % wandern im Durchschnitt in Aktien. Weil die Zinsen jeweils für das laufende Jahr garantiert werden, ist für 2008 wenig zu befürchten, wie die Verbraucherschutzzentrale in Nordrhein-Westfalen erklärt. Im kommenden Jahr droht jedoch bei vielen Anbietern ein Renditeknick. Letzte Rettung ProtektorIm Pleitefall eines Lebensversicherers müssen sich Sparer laut Bund der Versicherten keine Sorgen machen: Eine Sicherungseinrichtung namens Protektor springt als letzte Rettung ein und übernimmt die Verträge, wenn ein Versicherer zahlungsunfähig wird. Sie sorgt für den Kapitalerhalt und die Zahlung des garantierten Mindestzinses.Allerdings kommt es darauf an, ob der Sparer eine klassische Police abgeschlossen hat, für die es eine Garantieverzinsung von aktuell 2,25 % gibt, oder ob es sich um ein fondsgebundenes Produkt handelt. Bei Letzterem ist der Kunde den Risiken der Kapitalmärkte direkt ausgesetzt. Eine wirkliche Sicherheit gibt es laut dem Finanzexperten Nauhauser bei fondsgebundenen Versicherungen nicht. Dennoch empfiehlt es sich, nicht voreilig die Fondspolice zu kündigen. Geduld ist auch hier gefragt. Verbraucherschützer bewerten das Sparbuch grundsätzlich als sicher, denn außer der gesetzlichen und der privaten Einlagensicherung der Banken gibt es nun auch noch eine umfassende staatliche Garantie dafür. Um die Spareinlagen muss man also nicht fürchten. Sparkassen und Volksbanken haben eigene Sicherungssysteme, die eine vollständige Entschädigung sicherstellen sollen. Sollte eine Privatbank pleitegehen, schützt die gesetzliche Einlagensicherung 90 % des Betrags bis maximal 20 000 Euro. Darüber hinaus sind fast alle Banken an den privaten Sicherungsfonds angeschlossen, der für die restlichen 10 % und größere Summen einspringt. Die gleichen Sicherungssysteme gelten für Tages- und Festgeld. Aber Vorsicht vor den vermeintlich günstigen Konditionen ausländischer Institute, die in Deutschland aktiv sind. Sie garantieren bei Einlagen nur die gesetzliche Mindestsumme von rund 20 000 Euro. Das Beispiel der isländischen Kaupthing Bank verdeutlicht zudem: Wer kein unnötiges Risiko eingehen möchte, sollte sich gut informieren, wo die Bank beheimatet ist und welcher Einlagensicherungsfonds folglich gilt. Der Staat bürgtWer Bundeswertpapiere kauft, leiht dem Staat Geld und bekommt dafür feste Zinsen. Für die Bundeswertpapiere haftet die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem gesamten Staatsvermögen. Trotz der aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten gilt der deutsche Staat immer noch als äußerst zuverlässiger und bonitätsstarker Schuldner. Bundeswertpapiere zählen somit derzeit zu den sichersten Anlageprodukten, die es am Markt gibt – entsprechend groß ist aktuell die Nachfrage. Besonders gefragt ist die neue Tagesanleihe des Bundes. Wer diese kauft, kann wie beim Tagesgeldkonto Geld zwischenparken und Erspartes ganz flexibel einzahlen oder abheben. Einzige Voraussetzung: Der Kunde muss ein kostenloses Schuldbuchkonto bei der Finanzagentur des Bundes eröffnen (www.bundeswertpapiere.de). Riester-Verträge haben eine gesetzlich verordnete Garantie. Bei Rentenbeginn muss das eingezahlte Geld inklusive Zulagen mindestens noch vorhanden sein. Das gilt auch für Riester-Fonds. Verluste brauchen Anleger daher nicht zu befürchten. Für einen Riester-Banksparplan gilt dieselbe Sicherung wie für Tagesgeld und Sparbücher. Langfristiges Investment”Trotz der aktuellen turbulenten Marktgegebenheiten sollte ein Privatanleger nicht die Nerven verlieren”, sagt Vermögensverwalter Zschaber, der in der Krise sogar eine Chance sieht: “Privatanleger sollten jetzt mit Blick auf die kommende Abgeltungsteuer zusammen mit einem professionellen unabhängigen Vermögensverwalter oder Berater ihr Depot neu ausrichten.” Und wer das in Aktien oder Investmentfonds angelegte Geld nicht dringend braucht, der sollte sich von der Panik nicht anstecken lassen und die Anlage als langfristige Investition sehen.