Immobilien - Gastbeitrag

Sanierung von Fonds ohne Trittbrettfahrer

Börsen-Zeitung, 28.1.2010 Fondsverwalter, Anleger und Banken haben jetzt einen erweiterten Gestaltungsspielraum bei der Sa-nierung geschlossener Immobilienfonds. Umbaukonzepte scheiterten in der Vergangenheit häufig an einer Minderheit von Anlegern....

Sanierung von Fonds ohne Trittbrettfahrer

Fondsverwalter, Anleger und Banken haben jetzt einen erweiterten Gestaltungsspielraum bei der Sa-nierung geschlossener Immobilienfonds. Umbaukonzepte scheiterten in der Vergangenheit häufig an einer Minderheit von Anlegern. Sanierungen erfordern die Zuführung frischen Kapitals durch die Anleger und regelmäßig auch die Abänderung der Gewinnbeteiligung. Gerade bei Publikumsgesellschaften mit einer breiteren Streuung der Anteile war das Erfordernis der Zustimmung eines jeden Anlegers eine erhebliche Hürde für ein durchsetzbares Sanierungskonzept. Eine Minderheit von Anlegern, die entweder nicht willens waren oder deren finanzielle Lage eine Beteiligung an der Restrukturierung nicht erlaubte, konnte Bemühungen der willigen Mehrheit blockieren.Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung (19.10.2009 – II ZR 240/08) den Spielraum für freiwillige Sanierungsmaßnahmen unter Einhaltung eines fairen Interessen-ausgleichs zwischen sanierungswilligen und -unwilligen Anlegern erweitert. Die Entscheidung ist in zweierlei Hinsicht für eine Fondssanierung beachtenswert. Pflicht zur ZustimmungSanierungsbeschlüsse bedürfen regelmäßig einer Änderung des Gesellschaftsvertrags. Nach der BGH-Entscheidung kann in besonders gelagerten Fällen der einzelne Anleger verpflichtet sein, einem mit erforderlicher Mehrheit beschlossenen Sanierungskonzept zuzustimmen. Basis für diese Verpflichtung sei die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des anlegenden Gesellschafters einer Publikumspersonengesellschaft. Auch bei fehlender Einstimmigkeit sei ein Anleger an einen solchen Sanierungsbeschluss gebunden, wenn dieser mit der gesellschaftsvertraglich erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Wird der Anleger finanziell nicht stärker belastet als bei einer sofortigen Liquidation des Fonds, gilt dies sogar dann, wenn die Zustimmung wegen der Nichtteilnahme an der Sanierung letztlich zum Ausscheiden aus der Gesellschaft führt.Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gebiete die Zustimmung, “wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis [à]dringend erforderlich ist und die Änderung des Gesellschaftsvertrages dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Belange zumutbar ist”. Die Erforderlichkeit sei gegeben, wenn bei ausbleibender Sanierung die Zerschlagung der Gesellschaft unvermeidlich wäre und “aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gesellschafters” eine Fortführung der Gesellschaft auf Grundlage des Sanierungskonzepts “nicht von vornherein sinnlos” sei.Der zweite Aspekte des BGH betraf die Interessenabwägung zwischen den sich an der Sanierung beteiligenden und den sich nicht beteiligenden Anlegern. Willigen sei es schlicht unzumutbar, dass auf deren Kosten und Risiko die blockierende Minderheit am Sanierungserfolg teilhabe. Ohne eigenes Risiko könne der Sanierungsunwillige nicht erwarten, dass ihm die Vorzüge zukommen. “Trittbrettfahrer” haben nunmehr kein Chance. Anders als die Vorinstanzen sieht der BGH darin kein “mittelbare Nachschusspflicht”. Vielmehr handelt es sich um den Ausgleich eines ansonsten unzumutbaren Widerspruchs. Nur schützenswerte Belange des sanierungsunwilligen Gesellschafters könnten seiner Zustimmungspflicht entgegenstehen. Dies ist mittels einer Vergleichsbetrachtung seiner wirtschaftlichen Situation bei Liquidation des Fonds und im Rahmen der Sanierung zu ermitteln. Der BGH erweitert mit seiner Entscheidung den Spielraum für Sanierungsmaßnahmen von Publikumsgesellschaften, ohne den Schutz einzelner Gesellschafter aus den Augen zu lassen. Dieser sollte genutzt werden.