Recht und Kapitalmarkt

Schutz der Immobilienfonds-Anleger durch Eingriff in ihre Rechte?

Vereinbarkeit der Abwertung mit Eigentumsschutz im Grundgesetz zweifelhaft

Schutz der Immobilienfonds-Anleger durch Eingriff in ihre Rechte?

Von Dr. Caroline Herkströter *)Anfang Mai ist der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (AnsFuG) bekannt geworden. Würde der Entwurf unverändert übernommen, hätte dies aus rechtlicher Sicht durchaus fragwürdige Auswirkungen für die Anleger offener Immobilienfonds.Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Anleger erwirbt heute zu 100 Euro einen Anteil an einem offenen Immobilienfonds. Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird der Verkehrswert der vom Fonds bereits im Treuhandeigentum gehaltenen Immobilien (Verkehrswert ebenfalls stabil 100 Euro) in einem Zeitraum von fünf Jahren gleichmäßig um 10 % auf 90 % abgeschmolzen. Somit ist der Anteil fünf Jahre später bei gleich bleibendem Immobilienwert nur noch 90 Euro wert. Denn der Entwurf sieht vor, dass der von Sachverständigen ermittelte Verkehrswert der vom Fonds gehaltenen Immobilien nach fünf Jahren nur noch zu 90 % in den Wert des Anteils einfließt, um einen “Risikopuffer” zu schaffen.Erst bei der etwaigen Veräußerung der Immobilie – die möglicherweise erst nach der Rückgabe der Fondsanteile erfolgt – soll eine Wertaufholung zum Verkaufspreis (der grundsätzlich mindestens dem vom Gutachter festgestellten Verkehrswert entsprechen muss) erfolgen. RisikoabschlagDer zehnprozentige “Risikopuffer” führt dazu, dass die Rechtsposition eines Bestandskunden, der seinen Anteil nach Inkrafttreten des Gesetzes und vor dem Verkauf der vom Fonds gehaltenen Immobilien zurückgibt, unzulässig geschmälert wird. Die gesetzlich vorgegebene Abwertung stellt einen Eingriff in die Eigentumsposition des Anlegers dar, der nur dann kompensiert werden würde, wenn die Kapitalanlagegesellschaft sämtliche Immobilien vor Rückgabe der Anteile zum Verkehrswert veräußerte.Nur in diesem Fall würde der Wert pro Fondsanteil wieder vollständig dem Verkehrswert der Immobilienwerte angeglichen, da dann der Verkaufserlös vollständig für die Anteilswertberechnung berücksichtigt wird. Ein Abschlag erfolgt hier nicht. SekundärmarktpflichtInsbesondere vor dem Hintergrund, dass der Anleger über die treuhänderisch haltende Kapitalanlagegesellschaft einen Anspruch hinsichtlich der Fondsvermögenswerte innehat, der wirtschaftlich dem direkten Eigentum am Fondsportfolio entspricht, stellt sich die Frage, wie eine solche (nicht marktbedingte) Abwertung mit dem Eigentumsschutz im Sinne von Artikel 14 Grundgesetz vereinbar ist. Unklar bleibt zudem, wie die Abwertung zu verbuchen sein wird und wem “zwischenzeitlich” das wirtschaftliche Eigentum an den 10 % verbleibenden Fondswerten zustehen soll. Im Verhältnis der Anleger untereinander stellt sich zudem die Frage nach der Gleichbehandlung der Anleger und damit der Vereinbarkeit mit Artikel 3 Grundgesetz sowie dem Grundsatz des § 9 Abs. 3 Investmentgesetz.Anleger sollen erworbene Anteile zudem erst nach einer Mindesthaltefrist von zwei Jahren an die Kapitalanlagegesellschaft zurückgeben können, und auch dies erst nach Ablauf einer weiteren Rückgabefrist von bis zu zwei Jahren. Das Interesse der Investoren an einer börsentäglichen Rückgabe soll dadurch gewahrt werden, dass die Kapitalanlagegesellschaft verpflichtet wird, die Fondsanteile an einem organisierten Markt zuzulassen beziehungsweise in den Freiverkehr einzubeziehen.Durch die Mindesthaltefrist soll es Anlegern erschwert werden, aus der Investition auszusteigen, bevor sich der Ausgabeaufschlag amortisiert hat. Die Regelung begegnet aber insofern Bedenken, als zum einen eine solche Frist dem Investmentgesetz in Bezug auf Publikumsfonds grundsätzlich fremd ist und zum anderen dieses Ziel durch das geplante Sekundärmarktgebot konterkariert würde. Über den Sekundärmarkt könnte der Anleger auch künftig seine Anteile grundsätzlich jederzeit (im Rahmen des Quotierungsvolumens des für beschränkte Liquidität sorgenden Designated Sponsor) veräußern und neu in Fonds investieren. Bei einer Veräußerung über den Sekundärmarkt fallen zudem Gebühren an.Es lassen sich somit gute Gründe finden, dass die jetzige Regelung der grundsätzlich börsentäglichen Rückgabemöglichkeit bei Kapitalanlagegesellschaften geeigneter ist, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen; die Neuregelung wäre damit überflüssig. Die Angemessenheit einer solchen Norm kann zudem in Zweifel gezogen werden, da in der Praxis bereits ein Sekundärmarkt für die meisten Fonds besteht. Zug ins AuslandMan darf gespannt sein, wie der Gesetzgeber auf die Branchenkritik reagiert und ob er die verfassungsrechtlichen Bedenken ernstnimmt. Bleibt der Entwurf unverändert, so ist unabhängig von rechtlichen Fragen damit zu rechnen, dass (offene) Immobilienfonds vermehrt im Ausland aufgelegt werden. Ob hiermit dem gewünschten Anlegerschutz, dem Wirtschaftsstandort, dem Kapitalmarkt und auch dem fiskalischen Interesse besser gedient ist, ist fraglich.—-*) Dr. Caroline Herkströter ist Partnerin bei Norton Rose in Frankfurt.