Immobilien - Gastbeitrag

Schutz vor "Schrottimmobilien" ist noch immer lückenhaft

Börsen-Zeitung, 16.10.2008 Nach Schätzungen sind in Deutschland mindestens 300 000 Anleger Opfer von Anbietern sogenannter "Schrottimmobilien" geworden. Zahlreiche Prozesse zu diesem Thema beschäftigen seit Jahren die deutschen Gerichte und den...

Schutz vor "Schrottimmobilien" ist noch immer lückenhaft

Nach Schätzungen sind in Deutschland mindestens 300 000 Anleger Opfer von Anbietern sogenannter “Schrottimmobilien” geworden. Zahlreiche Prozesse zu diesem Thema beschäftigen seit Jahren die deutschen Gerichte und den Europäischen Gerichtshof. Häufig wurden Anlegern extrem überteuerte, minderwertige Wohnungen verkauft. Die wirtschaftlichen Folgen für die – häufig bonitätsschwachen – Erwerber solcher “Schrottimmobilien” waren oftmals existenziell. Vergleicht man die Werbebroschüren und Prospekte für Kapitalanlage-Wohnungen mit denen von geschlossenen Fonds, so wird deutlich, dass im Bereich der Direktinvestments ein erheblicher Nachholbedarf besteht. Eine aktuelle Analyse von Verkaufsunterlagen zeigt beispielsweise, dass Kapitalanlage-Wohnungen vollmundig als “sicher und liquide” angepriesen werden und Risikohinweise – wenn überhaupt – oft nur sehr allgemein, im Kleingedruckten oder im hinteren Teil der Verkaufsunterlagen erfolgen. Nicht einbezogen Leider wurden Angebote für Kapitalanlage-Wohnungen nicht in das Anlegerschutz-Verbesserungsgesetz einbezogen, das seit dem 1. Juli 2005 alle Initiatoren geschlossener Fonds verpflichtet, ausführliche Emissionsprospekte mit Risikohinweisen zu erstellen. Wenngleich dieses Gesetz in vielerlei Hinsicht unzureichend ist, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nur eine formelle Prospektprüfung vornimmt, so wäre doch die Einbeziehung von Angeboten für Kapitalanlage-Wohnungen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist schließlich nicht einzusehen, warum für Anleger eines geschlossenen Fonds ein höherer Schutzbedarf besteht als für Erwerber einer Wohnung, die in der Regel sehr hohe Kredite zur Finanzierung ihrer Investition aufnehmen. Der nicht unberechtigte Einwand von Bauträgern und anderen Anbietern von Kapitalanlage-Wohnungen, dass der wirtschaftliche Aufwand für die Erstellung eines ausführlichen Prospektes zum Beispiel zum Verkauf von zehn Einheiten eines kleineren Mehrfamilienhauses unangemessen hoch sei, liefe bei analoger Anwendung des Gesetzes ins Leere, da hier Angebote, die sich an bis zu 20 Anleger richten, von der Prospektpflicht ausgenommen werden. Allerdings sollten auch für solche Angebote bestimmte Mindestangaben und Risikohinweise obligatorisch sein. Seriöse Anbieter von Kapitalanlage-Wohnungen gehen heute dazu über, freiwillig Emissionsprospekte zu erstellen, die sich an die Vorgaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer anlehnen.Der sogenannte Prüfstandard IDW S4 richtet sich zwar überwiegend an Anbieter geschlossener Fonds, sollte jedoch auch Orientierungsmaßstab für Prospekte von Kapitalanlage-Wohnungen sein. Wichtig für den Anleger ist vor allem, dass bereits im vorderen Prospektteil ausführliche Risikohinweise erfolgen. Diese Hinweise schützen nicht nur den Anleger, sondern sind aus Haftungsgründen auch für den Anbieter solcher Produkte sinnvoll. Damit wird dokumentiert, dass tatsächlich über die Risiken einer Anlage umfassend informiert wurde. Risikohinweise kein ProblemDer Einwand, ausführliche Risikohinweise erschwerten den Vertrieb solcher Produkte, wird durch die Erfahrung nicht bestätigt. Es mag sein, dass der eine oder andere Anleger durch Risikohinweise von dem Investment abgeschreckt wird – aber dies ist ja auch der Sinn solcher Hinweise. Andererseits wirkt eine umfassende und objektive Aufklärung über Risiken beim verständigen Kapitalanleger vertrauensbildend. Anbieter, die eine solche Aufklärung leisten, erarbeiten sich damit ein positives Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb mit anderen Anbietern, denen die Erstellung solcher Prospekte einfach zu aufwendig ist.