Immobilien - Gastbeitrag

Schwere Last der Paragraphen

Was das Investmentänderungsgesetz für Immobilienfonds bedeutet

Schwere Last der Paragraphen

Von Alexander Vogt und Markus Wollenhaupt *) Das Bundeskabinett hat vor wenigen Wochen einen überarbeiteten Gesetzesentwurf zur Änderung des Investmentgesetzes und anderer Gesetze (Investmentänderungsgesetz) verabschiedet. Das Gesetz soll, so heißt es in der Begründung, “mit einem modernen und leistungsfähigen Regulierungs- und Aufsichtsrahmen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Fondsbranche steigern, die Innovationstätigkeit fördern und der Abwanderung von Fondsvermögen an andere Standorte entgegenwirken, ohne den wichtigen und notwendigen Anlegerschutz zu vernachlässigen”. Das dürfte die deutschen Immobilienfonds positiv stimmen, die bislang in einem engeren aufsichtsrechtlichen Rahmen wirtschaften als die Konkurrenz im Ausland.Ein wettbewerbsfähiger, praxisgerechter Rechtsrahmen ist aber für einen mittel- und langfristig erfolgreichen Fondsstandort Deutschland eine notwendige Voraussetzung. Der Kabinettsentwurf – im Vergleich zum ursprünglichen Diskussionsentwurf noch einmal stark überarbeitet – bringt Änderungen mit großer Relevanz für die Praxis. Er verspricht deutsche Immobilien-Sondervermögen im internationalen Vergleich konkurrenzfähiger zu machen. Dennoch bleiben deutliche Wettbewerbsnachteile gegenüber Luxemburg. Fondskategorien aufgegebenDie im Diskussionsentwurf noch vorgesehene Einführung zweier Immobilienfonds-Kategorien, nämlich sicherheitsorientierte und renditeorientierte Immobilien-Sondervermögen, wurde aufgegeben. Das ist ein begrüßenswerter Schritt, da vor allem die starken Einschränkungen der Anlagemöglichkeiten bei den sicherheitsorientierten Immobilien-Sondervermögen die Auflegung konkurrenzfähiger Produkte erheblich erschwert hätten.Überaus bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Gesetzesentwurf vorsieht, dass ein Immobilien-Sondervermögen künftig seine gesamten Investments indirekt über Immobiliengesellschaften halten kann. Sofern die das Immobilien-Sondervermögen verwaltende Kapitalanlagegesellschaft einziger Gesellschafter einer Immobiliengesellschaft ist, wird künftig eine derartige Beteiligung nicht mehr auf die 49 %-Grenze für indirekte Investments angerechnet. Diese Grenze gilt weiterhin für andere Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligungen, wobei die Grenze für Investments, die über Minderheitsbeteiligungen gehalten werden, von bisher 20 % auf nun 30 % des Wertes des Immobilien-Sondervermögens angehoben wurde. Drei-Objekt-Grenze entfälltDer Wegfall der bisher für Immobiliengesellschaften geltenden Drei-Objekt-Grenze eröffnet deutschen Immobilien-Sondervermögen ganz neue Anlage- und Syndizierungsmöglichkeiten. Zum einen bedeutet die Änderung größere Flexibilität bei der Ausgestaltung von Holding-Strukturen für Bestandsimmobilien. Da eine Immobiliengesellschaft künftig beliebig viele Immobilien halten könnte, würde beispielsweise die Notwendigkeit entfallen, in einem Erwerbsland mehrere Gesellschaften zu gründen, um mehr als drei Immobilien halten zu können. Die Bildung von Teilportfolien im Bestand kann u. a. bei der Refinanzierung vorteilhaft sein. Auch die Syndizierung an Dritte wird durch den Einsatz derartiger Strukturen erheblich vereinfacht und dem internationalen Marktstandard angenähert. Zum anderen ist der Wegfall der Drei-Objekt-Grenze bedeutend, weil ausländische Gesellschaften mit mehr als drei Objekten bislang grundsätzlich als ausländische Fonds behandelt wurden. Durch die Einführung des formellen Fondsbegriffs ändert sich das künftig. Denkbar wird deshalb, dass sich deutsche Sondervermögen an in Holdinggesellschaften zusammengefassten Portfolien Dritter – z. B. in Form von ausländischen geschlossenen Fonds – beteiligen, sofern diese gleichzeitig die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Grundstücksgesellschaft erfüllen. Dabei stellen sich allerdings schwierige aufsichtsrechtliche Fragen bei der Definition von Zuständigkeiten für Portfoliomanagemententscheidungen. Grundlegende LiberalisierungEine grundlegende Liberalisierung erfahren Immobilien-Spezialfonds, die zukünftig eine noch nicht gekannte Flexibilität haben sollen. Eine Vielzahl von Regelungen sollen beim Spezialfonds dispositiv werden, um so einen möglichst flexiblen Einsatz dieses Vehikels zu fördern. Dies soll einer zunehmenden Abwanderung deutscher Kapitalanlagegesellschaften entgegenwirken. In Luxemburg zum Beispiel ist jüngst ein neues Gesetz über Spezialfonds in Kraft getreten, das einen sehr flexiblen Rahmen für die Auflegung institutioneller Produkte schafft.Die Änderungen im Kabinettsentwurf erinnern in vielen Zügen an das Luxemburger Muster. Die deutsche Gesetzestechnik wirft jedoch viele spannende Fragen auf und verspricht einen regen Austausch zwischen der Praxis und der BaFin. Sehr zu begrüßen ist auch die ausdrückliche Nennung von Reits als zulässige Liquiditätsanlage mit einer eigenen Quote – bei Publikumsfonds bis zu 5 % des Fondsvermögens. Schwachstellen mit FolgenDer Entwurf hat aber auch erhebliche Schwachstellen. Es ist deutschen Immobilien-Sondervermögen auch weiterhin untersagt, indirekte Investments über mehrstöckige Holding-Strukturen zu tätigen. Gerade diese Möglichkeit eröffnet beispielsweise Luxemburger Immobilienfonds einen großen Gestaltungsspielraum bei der effizienten Strukturierung unterhalb der Fondsebene. Da die Mehrstufigkeit der Akquisitionsstruktur internationaler Standard ist, sind die für die deutschen Fonds notwendigen einstufigen Strukturen teilweise nicht erwerbbar oder müssen erst unter hohem Kostenaufwand kreiert werden. In einem Verkäufermarkt scheuen Immobilienverkäufer die aufsichtsrechtlichen Komplikationen, die deutsche Fonds mit sich bringen. In einigen Ländern gehen diese darum oft leer aus. Zumindest für Spezialfonds sollte ernsthaft über die Aufhebung dieser Einschränkung nachgedacht werden.Die Fremdkapitalaufnahme soll auf 50 % des Wertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien beschränkt bleiben. Das ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Diskussionsentwurf, bleibt aber hinter dem internationalen Marktstandard zurück. In Luxemburg sind regelmäßig 60 % möglich; diese Grenze kann durch die Luxemburger Aufsicht je nach Anlagestrategie fondspezifisch erhöht werden. Die Fremdkapitalquote ist oft entscheidend, um geeignete Investments zu finden. Aus der Sicht der Anleger verändert die Höhe der Fremdkapitalquote zudem die Eigenkapitalrendite. Da sich deutsche Immobilienfonds mit ausländischen Vehikeln regelmäßig im Wettbewerb um Anleger befinden, sind solche ungleichen Startvoraussetzungen beachtliche Vertriebshemmnisse. Derivate ausgeschlossenSchließlich wird es einem deutschen Immobilienfonds auch nach dem Investmentänderungsgesetz nicht möglich sein, Immobilienfondsanteile beizumischen, um etwa ein bestimmtes Marktsegment abzubilden. Ebenso ausgeschlossen wäre die Anlage in der immer mehr an Bedeutung gewinnenden Anlageform der Immobilienderivate, über die mit überschüssiger Liquidität – d. h. auch ohne die Anlage in konkrete Objekte – immobilienbezogene Renditen abgebildet werden können. Diese Einschränkungen sind besonders wegen des verstärkten Wettbewerbs um Objekte, der immer stärkeren Zuflüsse von insbesondere institutionellem Kapital in die Anlageklasse und der damit verbundenen Angebotsknappheit zu bedauern. *) Alexander Vogt (Partner) und Markus Wollenhaupt (Managing Associate) sind Rechtsanwälte im Frankfurter Büro von Linklaters LLP.