Immobilien

Spaniens Büromarkt droht Trendwende

Furcht vor Abkühlung im Segment der Gewerbeimmobilien wächst - Ausnahme sind Toplagen

Spaniens Büromarkt droht Trendwende

Von Angelika Engler, Madrid In Spaniens Immobiliensektor wächst nach dem Boomende bei Privathäusern jetzt auch die Furcht vor einer Abkühlung im Segment der Geschäftsimmobilien. Noch rangiert Madrid dank des Anfang 2005 eingesetzten Preisschubs von jährlich fast 30 % unter den Städten mit den weltweit teuersten Büromieten auf Platz 16. Und der Anteil der ungenutzten Büroflächen markierte nach Zahlen der Consulting-Firma Richard Ellis im März mit 6,5 % den niedrigsten Stand seit Ende 2002. Doch der kürzlich von Spaniens führender Bank Santander angekündigte Großverkauf von 44 bankeigenen Immobilien im Wert von rund 4 Mrd. Euro wird als untrügliches Zeichen gewertet, dass das Institut noch rechtzeitig vor einer Nachfrageflaute Kasse machen will. Bankpräsident Emilio Botín, der auch die erst 2004 bezogene Santander-Finanzstadt in Boadilla del Monte zum Verkauf stellt, will künftig als Mieter eines Großteils dieser Immobilien firmieren. Der Grund: Mieten sei auch aus steuerlichen Gründen interessanter, und das mit den Verkäufen freigesetzte Kapital könne anderweitig besser investiert werden. BBVA zurrt Verkauf festDa die möglichen Interessenten – große Fonds, Versicherer und Immobilienfirmen mit wenig Gewerbeimmobilien im Portfolio – mit Santander als Mieter rechnen können, erwarten Analysten von diesem großangelegten Verkauf weder einen Überhang an Immobilien noch einen Einfluss auf die Preise. Die Stagnation, die bereits seit geraumer Zeit im Segment der Eigenheime herrscht – ein Hausverkauf auf dem aktuellen Preisniveau und bei gestiegenen Kreditzinsen ist derzeit fast unmöglich -, spürt man bei Bürogebäuden noch lange nicht: Spaniens zweitgrößte Bank Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA), die nur kurze Zeit nach Santander ähnliche Verkaufspläne im kleineren Umfang verkündet hatte, benötigte für die Veräußerung von vier Bürogebäuden in bester Madrider Innenstadtlage nur wenige Tage. Aus dem Geschäft zog sie einen Bruttogewinn von 300 Mill. Euro und ein Baugelände im Norden Madrids, wo die Bank eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Bürostadt errichten will. Madrider Türme im MarktDoch schon fragen sich Beobachter, ob BBVA nicht einfach viel Glück mit diesem Geschäft gehabt hat. Denn allein für die vier Wolkenkratzer, die derzeit im Norden Madrids auf dem ehemaligen Trainingsgelände des Fußballclubs Real Madrid entstehen und im kommenden Jahr den Markt mit 250 000 zusätzlichen Quadratmetern überschwemmen werden, gibt es trotz der derzeit herrschenden Liquidität gerade unter ausländischen Finanzinvestoren dem Vernehmen nach nicht viel Interesse. Die Eigentümer dieser vier “Türme”, wie Spaniens mit mehr als 200 Metern höchste Gebäude genannt werden, sollen jetzt sogar Quadratmeterpreise “paktiert” haben, um sich nicht gegenseitig einen Preiskrieg zu liefern. Kolportiert werden 40 Euro pro Quadratmeter, während derzeit in den Toplagen von Madrid und auch Barcelona zwischen 25 und 36,50 Euro hinzublättern sind. Analysten schätzen die Nachfrage nach den Türmen deshalb als sehr pessimistisch ein, zumal sie schlecht an das Verkehrsnetz angebunden seien und es ringsherum noch keine Infrastruktur gebe, die Mitarbeiter in der Mittagspause nutzen könnten.Madrid hat sich nach Zahlen der Eurohypo mit knapp 14 Millionen Quadratmetern an Büroraum zu Europas drittgrößtem Markt nach London und Paris gemausert. Und die Preise, die nach den im Jahr 2001 verzeichneten Höchstständen bis Ende 2004 deutlich gesunken waren, konnten sich dank der vor zwei Jahren eingesetzten Erholung wieder an das Höchstniveau von 39,10 Euro pro Quadratmeter in Toplagen annähern.Dennoch stellt Richard Ellis im Report für das vierte Quartal 2006 fest, dass sich gerade ausländische Investoren mit einem Engagement zurückhielten. Grund seien die Renditen aus dem Mietgeschäft mit Bürogebäuden. Obwohl die Quadratmeterpreise für die Toplagen in Madrid 2006 um knapp 27 % auf 34,50 Euro gestiegen seien, rutschten die Renditen von vormals rund 6 % auf 4 bis 4,25 % ab und hätten so manchen Investor verschreckt. Der Anteil ausländischer Investoren betrug im vergangenen Jahr der Studie zufolge 26 %, wovon 18 % auf US-Firmen entfielen. Anfang Juni erwarb der global tätige Finanzinvestor Carlyle Group vom Telekomkonzern Telefónica dessen Hauptgeschäftssitz in Barcelona und tätigte damit eigenen Worten zufolge “einen der bedeutendsten Einzelabschlüsse in Spanien”. Die Verkaufssumme blieb aber geheim. Starke Performance bis 2008Die seit zehn Jahren starke Wirtschaftskonjunktur, die dank des Eintritts Spaniens in die Euro-Währungsgruppe auf den niedrigen Zinsen und dem damit entfesselten Bauboom und Privatkonsum beruht, hat auch eine Vielzahl von Einkaufs- und Freizeitzentren in den neuen Vorstädten entstehen lassen. Ihre Fläche summiert nun mehr als 11 Millionen Quadratmeter, womit Spanien einer Studie von UBS zufolge europaweit auf Platz 3 hinter Großbritannien und Frankreich liegt. Dieses Segment, in dem vor allem ausländische Investoren aktiv sind, verzeichnete 2006 dank der anhaltenden Kauflust der Spanier ebenfalls steigende Mieten und gute Auslastung. Die große Frage ist nur, was passiert, wenn die Konjunktur mit dem Boomende in der Bauwirtschaft kräftig abkühlt. Im ersten Quartal 2007 zog das Wachstum zum großen Erstaunen aller aber noch einmal auf 4,1 % an, und für das gesamte Jahr rechnet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 %. Deshalb erwarten etwa die Analysten von UBS, dass der Büroimmobilienmarkt seine starke Performance zumindest in den Toplagen von Madrids und Barcelonas besten Innenstadtlagen auch die nächsten zwölf bis 18 Monate beibehalten wird.