Immobilien

Spaniens Verbände fordern Finanzspritze

Hausentwickler brauchen "mindestens" 40 Mrd. Euro - Politik will Korrektur nicht verhindern

Spaniens Verbände fordern Finanzspritze

Von Angelika Engler, Madrid Umsatzeinbruch von 35 % im ersten Quartal 2008, 73 % weniger verkaufte Immobilien im selben Zeitraum und ein Rückgang der anvisierten Neubauten in diesem Jahr um 70 %: Der spanische Immobilienmarkt steckt nach zehn Boomjahren im Wohnungssegment in der Krise. Die Berater von Acuna & Asociados erwarten 2008 für den Sektor einen Verlust von mehr als 3 Mrd. Euro, einen Preissturz von 30 % in den kommenden zwei bis drei Jahren und rechnen mit einem “Konzentrationsprozess”, der sieben und acht Jahre dauern werde. Im Markt herrscht praktisch Stillstand: Die potenziellen Käufer schrecken vor Euribor, der Unsicherheit, wann die auf 35 bis 50 % geschätzte Preisblase platzen wird, sowie der wachsenden Angst vor Arbeitslosigkeit vor einem Hauskauf zurück. Entwickler bekommen AngstUnd die Immobilienentwickler, sofern sie nicht schon Konkurs wegen der angehäuften und jetzt säumigen Schulden anmelden mussten, bekommen wegen der internationalen Kreditklemme und der Angst der Investoren vor einem totalen Zusammenbruch in Spanien keine frischen Mittel. Diese Situation hat zu einer harten Konfrontation zwischen den Firmen und der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero geführt. Die spanische Finanzbranche, die dem Sektor rund 300 Mrd. Euro geliehen hat, zeigt sich angesichts der bereits angerollten Insolvenzwelle zwar bereit, über eine Refinanzierung der Kredite zu verhandeln. Doch frisches Geld will sie nicht mehr geben. Auch Wirtschafts- und Finanzminister Pedro Solbes sagte kürzlich: “Ich bin nicht dafür, die Korrektur des Sektors nach Jahren der Exzesse künstlich zu verhindern.” Doch diese Haltung könnte den spanischen Staat in Form von rapide steigender Arbeitslosigkeit teuer zu stehen kommen, warnt der Branchenverband Asociación de Promotores y Constructores de España (APCE): “Die Entwickler, die jetzt ihre letzten Bauten beenden, haben kein Geld für neue Projekte. Damit wird die Arbeitslosigkeit in einigen Monaten alarmierend steigen”, sagte kürzlich APCE-Präsident Guillermo Chicote. Der Bau, der neben dem privaten Konsum die Hauptwachstumsquelle der vergangenen Jahren darstellte, schuf die meisten neuen Stellen und trug in den vergangenen Jahren rund 15 bis 18 % zum Bruttoinlandsprodukt bei, während das Gewicht des Sektors in den EU-Ländern im Durchschnitt bei lediglich 10 bis 11 % liegt. Wie viel Geld der Sektor dringend bräuchte, um 2008 zumindest die erhofften 200 000 – und damit nur noch ein Drittel der 2007 fabrizierten – Neubauten in die Tat umsetzen zu können, will niemand beziffern. Pedro Pérez, der Geschäftsführer der G 14 – des Lobbyverbands der 14 größten spanischen Immobilienfirmen – gab jüngst aber die Richtung an: “40 Mrd. Euro wären schon nötig, um ein gewisses Maß an Aktivität aufrechtzuerhalten. Und mit 80 Mrd. Euro würde wieder eine gewisse Normalität herrschen”, sagte er im Gespräch mit der Auslandspresse in Madrid. 10 Mrd. Euro “ungenügend”Die 10 Mrd. Euro, die die spanische Regierung kürzlich als Finanzspritze über ihr staatliches Kreditinstitut Instituto de Crédito Oficial (ICO) bereitstellte, bezeichnete Pérez als “ungenügend”. Seiner Meinung nach könnte die Lösung des Problems darin liegen, dass die spanische Notenbank dem Beispiel ihrer britischen Amtskollegin Bank of England folgt und den Finanzinstituten Kreditbestände gegen Bargeld abkauft. “Die Aktiva der spanischen Finanzbranche sind schließlich gesund. Worunter wir alle leiden, ist der Vertrauensverlust.” Pérez wehrt sich aber vehement dagegen, dass die G 14 Subventionen vom Staat fordere. “Wir wollen nichts geschenkt haben. Und wenn wir vom ICO Geld leihen, dann zu Marktbedingungen, da werden keine Steuergelder verprasst.” Unter dem Druck der Krisenstimmung räumt APCE-Präsident Chicote ein, dass die Branche in den Boomzeiten die Schraube überzogen habe, als sie mehr als 700 000 Neubauten pro Jahr auf den Markt warf, während die “natürliche” Nachfrage mittlerweile nur noch auf 300 000 taxiert wird. Dabei ist die große Frage, wer die für dieses Jahr angepeilten Wohnungen kaufen soll, wenn im Markt bereits geschätzte 500 000 Neubauten noch unverkauft sind. Nach Meinung von Pérez gibt es dafür sehr wohl eine Nachfrage, allerdings sei die Kreditklemme das Problem. Die Regierung beschloss kürzlich Hilfen, mit denen die Firmen diesen Überhang in sozialen Wohnungsbau umwandeln können, um zumindest einen Teil der geplanten Einnahmen hereinzuholen. Dabei plagt den Sektor noch ein anderes Thema: An manchen Orten, vor allem an den Küsten, ist die Preisblase schon längst geplatzt. Sollte es landesweit zum großen Knall kommen und die Preise kräftig sinken, könnten die Immobilienentwickler neue Probleme bekommen. Die Nachfrage dürfte sich damit aber wieder beleben.