FINANZEN UND TECHNIK

Sparkassen üben sich in künstlicher Intelligenz

Kompetenzzentrum von Finanz Informatik Solutions Plus entwickelt erste Lösungen

Sparkassen üben sich in künstlicher Intelligenz

fir Frankfurt – Bis sich künstliche Intelligenz (KI) ihren Namen wirklich verdient hat, geht mitunter ein mühsamer Prozess vonstatten. Finanz Informatik Solutions Plus (FISP) hat damit in diesem Jahr so ihre Erfahrungen gemacht. Die Tochtergesellschaft des IT-Dienstleisters der Sparkassen-Finanzgruppe, Finanz Informatik, hat in ihrem Kompetenzzentrum KI ein neuronales Netz entwickelt und trainiert, um Handschriften zu erkennen. Neuronale Netze sind dem Aufbau des Gehirns nachempfunden und darauf ausgerichtet, Aufgaben unter anderem mit statistischen Methoden auf Computerbasis zu lösen. Ähnlich wie beim menschlichen Gehirn nimmt das Wissen mittels Training zu.Damit die von einem siebenköpfigen Team kreierte Lösung zur automatischen Erfassung von handschriftlich verfassten Steueridentifikationsnummern (ID) griff, musste zunächst ein Datensatz mit knapp 60 000 Zahlen zusammengetragen werden, indem die Software-Ingenieure ihre Kollegen in dem rund 370 Mitarbeiter zählenden Unternehmen um Schriftproben baten. Der ursprünglich vorgesehene Trainingsdatensatz mit US-Ziffern hatte sich für den deutschen Hausgebrauch nämlich als wenig hilfreich erwiesen, weichen die Schreibweisen von 1 und 7 doch zu sehr voneinander ab. Mittels eines selbst entwickelten Algorithmus schaffte es das Team später, Modifikationen an den Ziffern vorzunehmen, die sie für das neuronale Netz erkenn- und nutzbar machten und den Testdatensatz um weitere 68 000 Ziffern erweiterten. Hohe Erkennungsrate Innerhalb von drei Monaten wurde der Auftrag erfüllt, die nach einer Gesetzesänderung nötige Anforderung und Erfassung von per Fax, E-Mail und Post eingehenden Steuer-IDs von Sparkassenkunden in siebenstelliger Höhe möglichst automatisiert zu erfassen. Die Erkennungsrate der Einzelziffer habe dabei im Schnitt 97 % und jene der ID 75 % betragen, erzählen die Geschäftsführer von FISP, Vorsitzender Jochen Gag sowie Christian Kalus. “75 % waren für unseren Kunden ein extrem hoher Wert, damit hatte er nicht gerechnet”, erinnert sich Kalus. Die Kundschaft besteht bislang aus etwa zwei Dutzend größeren Sparkassen bzw. Verbundunternehmen aus der gesamten Finanzgruppe, die sich mit KI beschäftigen, so Gag.Um die Möglichkeiten der KI für die Sparkassen-Finanzgruppe nutzbar zu machen, hat FISP vor einem Jahr ein Kompetenzzentrum für künstliche Intelligenz aufgebaut. Dass die Muttergesellschaft dafür FISP erkoren hat, führt Kalus auf die 20-jährige Erfahrung im IT-Projektgeschäft zurück: “Wir haben die Leute und das Know-how.” Statt Standard- seien aber derzeit eher Einzelfalllösungen gefragt, wobei natürlich nicht ausgeschlossen sei, dass sie auch im größeren Stil Verwendung finden.Wie im Fall der Steuer-IDs bewerten die Mitarbeiter KI-Technologien, prüfen, wie vorhandene Daten in Verbindung mit weiteren genutzt werden können, schaffen die technischen Möglichkeiten und bauen Prototypen für vom Kunden gewünschte Anwendungen. “Diverse Technologien an den Schnittstellen von OSPlus, dem Gesamtbanksystem der Sparkassen, zu integrieren, ist unsere Expertise”, sagt Gag. 15 Mill. Euro für ProjekteNun könne man nach der Aufbauphase auch in Sachen KI erste Ergebnisse vorweisen. “Wir haben einen Reifegrad erreicht, um an die Öffentlichkeit gehen zu können.” Um KI in der Sparkassenwelt voranzutreiben, seien für gemeinsame Projekte von FISP und ihrer Muttergesellschaft Finanz Informatik 15 Mill. Euro vorgesehen, hieß es jüngst bei der IT-Messe der Sparkassen, FI-Forum, in Frankfurt. Eine Möglichkeit: “Wir wollen künftig beispielsweise in der Lage sein, den Kunden Finanzierungsangebote per Smartphone noch im Geschäft anzubieten und über Instant Payment Geld umgehend zur Verfügung zu stellen. Die ganze Interaktion sollte nicht länger als 30 Sekunden dauern”, umreißt Gag seine Vorstellungen.