Staat macht Mitarbeiterbeteiligung noch attraktiver
Von Detlef PohlSeit 1. April 2009 wird eine höhere Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern an “ihrem” Unternehmen gefördert. Daraus ergeben sich attraktive Möglichkeiten, wenn auch nicht für alle Arbeitnehmer. Denn nicht jedes Unternehmen bietet seinen Mitarbeitern die Chance, daran teilzuhaben. Die Beteiligung ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Hohes Wachstum erwartetDerzeit sind in Deutschland rund 2 Millionen Arbeitnehmer an der Firma ihres Arbeitgebers beteiligt. Die Zahl könnte auf 3 Millionen steigen, schätzen Experten. Denn neben den vermögenswirksamen Leistungen wird seit 1. April 2009 eine weitere Form der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand stärker als bisher gefördert: die Mitarbeiterbeteiligung. Gemeint ist die Beteiligung am Unternehmenskapital, etwa durch Darlehen, stille Beteiligung, Genussrechte, Belegschaftsaktien, Genossenschaftsanteile oder GmbH-Anteile.Bislang haben Arbeitnehmer als häufigste Form der Mitarbeiterbeteiligung die Belegschaftsaktie genutzt (rund 1,5 Mill.). Mit weitem Abstand folgen stille Beteiligungen, die in GmbHs und Personengesellschaften am meisten verbreitet sind.Der Vorteil aus unentgeltlich oder verbilligt überlassener Arbeitnehmerbeteiligung ist zuvor schon bis 135 Euro im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei gewesen (nach Paragraph 19a Einkommensteuergesetz). Mit der Neuregelung wurde der Höchstbetrag auf 360 Euro erhöht (siehe Tabelle auf dieser Seite). Davon dürften in erste Linie Mitarbeiter von Kapitalgesellschaften profitieren, also auch Angestellte vieler deutscher Banken. Fonds sind neuAls neues Element indirekter Firmenbeteiligung sind zudem Mitarbeiterbeteiligungsfonds gesetzlich zugelassen – entweder über “VL” oder als direkter Arbeitgeberzuschuss. Diese Fonds dürfen investieren in:unverbriefte und stille Beteiligungen der Unternehmen,unverbriefte Darlehensforderungen von Dritten wie der Hausbank des Unternehmens,börsen- und nicht notierte Wertpapiere,Geldmarktinstrumente,Bankguthaben,Investmentanteile,DerivateAllerdings müssen spätestens nach einer Übergangsfrist von drei Jahren 60 % der Mittel in den mittelständischen und nicht börsennotierten Firmen angelegt sein, an denen sich die Mitarbeiter beteiligen. Dadurch wird die weltweite Streuung der Geldanlage erschwert. Somit sind derartige Fonds noch riskanter als die bekannten Branchen-Investmentfonds, die auf einzelne Branchen setzen und häufig weltweit die Anlage streuen. “Bisher ist mir kein einziger solcher Fonds bekannt”, erklärt Andreas Fink, Sprecher des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI), auf Nachfrage der Börsen-Zeitung. Dennoch seien mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Muster-Vertragsbedingungen abgestimmt worden. Aktienfonds bevorzugtDie Fondsbranche favorisiert weiter VL-Aktienfonds, die auf lange Sicht auch ohne Arbeitnehmer-Sparzulage eine lukrative Anlageform darstellen. Trotz mehrerer Börsenkrisen können die derzeit rund 47 000 VL-Aktienfondssparer auf gute Rendite hoffen: Im Durchschnitt aller Siebenjahresperioden von 1962 bis 2008 steht eine Rendite von 7,88 % zu Buche – ohne Einrechnung der Zulage, heißt es im gerade vorgelegten BVI-Jahrbuch Investment 2009.Die meisten Verträge über die Anlage von Arbeitnehmer-Geld in Produktivvermögen kamen in der Vergangenheit tatsächlich Investmentfonds mit mindestens 70 % Aktienanteil zugute. “VL”-Anlagen werden staatlich gefördert, wenn sie in Aktienfondssparpläne, Bausparverträge oder Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers fließen. Das Finanzamt legt dann nachträglich eine Arbeitnehmer-Sparzulage oben drauf. So sind nach der alten Förderung bis Ende 2008 bei Fonds und Firmenbeteiligungen bis zu 432 Euro über sechs Jahre gezahlt worden, nun sogar 540 Euro (siehe Textkasten auf dieser Seite). Allerdings wurden die sehr niedrigen Einkommensgrenzen für die Zulage nur geringfügig angehoben. Passt nur für wenigeDas dürfte allenfalls für Banken-Berufseinsteiger passen. Für alle anderen sind die vermögenswirksamen Leistungen aber auch ohne Sparzulage vom Staat sinnvoll – alternativ mit VL-Aktienfonds beziehungsweise VL-Beteiligung an “ihrer” Bank. Zusätzlich kann der erhöhte Arbeitgeberzuschuss für die Mitarbeiterbeteiligung kassiert werden, falls die Bank ihn ihren Mitarbeitern anbietet. Für alle BeschäftigtenEine Beteiligung ist im Zweifel eine freiwillige Sozialleistung, bei der keine Bank mitmachen muss. Falls sie mitmacht, muss das Angebot zur Beteiligung am Unternehmen grundsätzlich allen Beschäftigten offen stehen, die jedoch nichts annehmen müssen. Bisherige Beteiligungsmodelle (nach Paragraph 19a Einkommensteuergesetz) genießen aus steuerlicher Sicht Bestandsschutz und werden bis einschließlich 2015 unverändert gefördert.Doch die neue Förderung wirkt sich in den aktuellen Tarifabschlüssen überhaupt nicht aus. Während andere Branchen wie Metall/Elektro und Chemie in ihren Tarifverträgen zumindest die vermögenswirksamen Leistungen in die Altersversorgung integriert haben und damit die Vorsorge für das Alter belohnen, tut sich das Bankgewerbe schwer.Lediglich die privaten und öffentlichen Kreditinstitute haben im jüngsten Tarifvertrag zumindest “die Erweiterung des Verwendungszwecks der vermögenswirksamen Leistungen auch für Riester-Produkte” beschlossen. Die Arbeitgeber der genossenschaftlichen Banken haben sich gegen einen neuen Tarifvertrag bislang gesperrt. Und bei der Postbank wurde im Herbst 2008 gar beschlossen, dass “die Zahlung des Vermögensbausteins für 2008 und 2009 entfällt”. Dennoch lohnt sich die Nachfrage in der Personalabteilung, ob das eigene Haus hier freiwillig Mitarbeiterbeteiligungen anbietet.Arbeitnehmer können das Kapital bei der Vermögensbildung spätestens nach sieben Jahren konsumieren. Bei der Betriebsrente ist die Leistung dagegen frühestens ab dem 60. Geburtstag erlaubt. Daher hatte der Gesetzgeber 2002 der geförderten Betriebsrente Vorrang vor der Vermögensbildung von Arbeitnehmern gegeben. Nun wird die risikoreiche Mitarbeiterbeteiligung zur Konkurrenz für die Altersvorsorge gemacht und provoziert Kannibalisierungseffekte. Betriebsrente etwa ist im Alter steuer- und sozialversicherungsbeitragspflichtig, die Mitarbeiterbeteiligung dagegen nicht. Nur ein Mal ausgeben”Arbeitnehmer können aber jeden Euro zum Sparen nur einmal ausgeben”, sagt Stefan Recktenwald, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Watson Wyatt Heissmann in Wiesbaden. “Ein Arbeitgeber, der seinen Beschäftigten Kapitalbeteiligung gewährt, wird nicht gleichzeitig noch einen Beitrag zur Betriebsrente leisten”, fürchtet Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutsche Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Immerhin: Die Mitarbeiterbeteiligung darf definitiv nicht aus Entgeltumwandlung finanziert werden. Der Arbeitgeber muss die Beteiligung zusätzlich zum Lohn zahlen. Nach der alten Regelung mussten sich Arbeitnehmer zur Hälfte mit eigenem Geld engagieren.