ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Steilvorlage für Immobilien-AGs

Börsen-Zeitung, 31.7.2012 Traditionell gab es stets drei Formen der indirekten Immobilienanlage, nämlich die offenen Fonds, die geschlossenen Fonds und die Immobilienaktien. Letztere führten in Deutschland - anders als in fast allen anderen Ländern...

Steilvorlage für Immobilien-AGs

Traditionell gab es stets drei Formen der indirekten Immobilienanlage, nämlich die offenen Fonds, die geschlossenen Fonds und die Immobilienaktien. Letztere führten in Deutschland – anders als in fast allen anderen Ländern der Welt – ein Schattendasein. Grund war, dass insbesondere der offene Immobilienfonds das Bedürfnis der Anleger nach einer liquiden Form der Immobilienanlage besser zu erfüllen schien als die Immobilienaktie. Ein Vorteil war vor allem, dass offene und geschlossene Fonds lange Zeit – im Vergleich zu Immobilienaktien – als überaus stabile Formen der Anlage galten.Sollte der Gesetzentwurf zur Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie in nationales Recht in seinen Kernaussagen so vom Gesetzgeber beschlossen werden, dann wird sich die Welt der indirekten Immobilienanlage erheblich ändern. Profitieren wird dabei vor allem die Immobilienaktie, und zwar einfach deshalb, weil ihr bisher schärfster Wettbewerber – der offene Immobilienfonds – mittelfristig vom Markt fast verschwinden wird. Dem zweiten Wettbewerber, dem geschlossenen Fonds, wird das Leben erheblich erschwert.Zunächst zu den offenen Fonds: In dem Gesetzentwurf heißt es eindeutig: “Immobilienfonds können zukünftig ausschließlich in der Form eines geschlossenen Fonds aufgelegt werden.” Zwar gibt es eine Übergangsregelung, die bestehende Fonds schützt, doch es gibt davon nur noch wenige, da sich viele in der Abwicklung befinden.Auch der geschlossene Fonds wird erheblich beschnitten. Beispielsweise soll künftig nur noch eine Fremdkapitalaufnahme von 30 % möglich sein. Damit geht diesen Fonds, die derzeit teilweise 60 % oder mehr Fremdkapital aufnehmen, ein wesentlicher Performance-Hebel verloren. Für Immobilienaktiengesellschaften gibt es dagegen keine Beschränkung der Fremdkapitalquote – eine Ausnahme stellen lediglich Reits dar, die allerdings bis zu 55 % Fremdmittel aufnehmen dürfen.Zu schaffen machen werden den geschlossenen Fonds auch viele andere Bestimmungen in dem Gesetz. Die heute üblichen “Ein-Objekt-Fonds” dürfen nur noch an Anleger vertrieben werden, die mindestens 50 000 Euro zeichnen. Vor allem muss jedoch eine jährliche Bewertung sowohl der Immobilien wie auch der Anteilswerte stattfinden. Bislang wussten Anleger ge-schlossener Fonds nicht, wie viel ihre Anteile überhaupt wert waren. Wenn Anleger jetzt feststellen, dass ein Fonds bereits ein Jahr nach der Zeichnung deutlich weniger wert ist, weil eben bis dahin die oft hohen Weichkosten nicht durch Wertsteigerungen aufgeholt werden können, wird das die Attraktivität des Produktes mindern.Zudem geht die Illusion verloren, geschlossene Fonds unterlägen – anders als Immobilienaktien – keinen Wertschwankungen. Diese Illusion rührte jedoch lediglich daher, dass die Kurse der Immobilienaktien täglich veröffentlicht werden, während die Wertschwankungen bei geschlossenen Fonds aufgrund fehlender Bewertungen nicht wahrgenommen wurden. Es ist also zu erwarten, dass der deutsche Sonderweg beendet wird: Wie auch in anderen Ländern werden Anleger, die nicht direkt in Immobilien investieren wollen, sehr viel stärker in Immobilienaktien anlegen. Und dabei profitieren sie auch von einem deutlich höheren Maß an Transparenz.