Steuerpflicht ausländischer Fonds der Jahre 2004 bis 2017 vor dem EuGH
Von Konrad Rohde *)Der Bundesfinanzhof hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es mit Europarecht vereinbar ist, dass inländische Spezial-Immobilienfonds mit ausschließlich ausländischen Anlegern von der Körperschaftsteuer befreit sind, während ausländische Spezial-Immobilienfonds mit ausschließlich ausländischen Anlegern hinsichtlich ihrer im Inland erzielten Vermietungseinkünfte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen.Hinter dieser kompliziert und technisch erscheinenden Vorlagefrage steht eine andere, viel allgemeinere Frage, die fiskalisch eine enorme Relevanz hat: War es in den Jahren 2004 bis 2017 rechtmäßig, ausländische Investmentfonds mit deren in Deutschland erzielten Einkünften zu besteuern?Praktisch wurden nämlich in den Jahren 2004 bis 2017 inländische Investmentfonds – im Gegensatz zu ausländischen Investmentfonds – nicht besteuert. Sollte der Europäische Gerichtshof entscheiden, dass die Besteuerung der ausländischen Investmentfonds nicht rechtmäßig war, muss der deutsche Fiskus ausländischen Investmentfonds im Rahmen des verfahrensrechtlich Möglichen sämtliche gezahlten Steuern erstatten, und zwar unabhängig davon, ob die hinter dem ausländischen Investmentfonds stehenden Anleger ihre Einkünfte in Deutschland versteuern mussten oder nicht.Der Sachverhalt, der dem nunmehr vom Bundesfinanzhof vorgelegten Fall zugrunde liegt, ist schnell beschrieben. Ein Luxemburger Investmentfonds hat verschiedene in Deutschland gelegene Immobilien gekauft und hieraus unter anderem Mieteinkünfte erzielt. Nach dem geltenden Recht war der Luxemburger Investmentfonds mit diesen Einkünften in Deutschland vermeintlich steuerpflichtig. Hingegen wäre ein vergleichbar strukturierter deutscher Investmentfonds, ein deutscher Spezial-Immobilienfonds, in Deutschland explizit steuerbefreit gewesen. Auf Ebene der ausländischen Anleger des Luxemburger Investmentfonds bestand keine Steuerpflicht. Bei einem vergleichbar strukturierten deutschen Spezial-Immobilienfonds wären ausländische Anleger hingegen unmittelbar mit den Mieteinkünften besteuert worden. Der Bundesfinanzhof hat nun Zweifel, ob der Ausschluss des Luxemburger Investmentfonds von der für vergleichbare inländische Investmentfonds geltenden Steuerbefreiung mit EU-Recht vereinbar ist.Der Bundesfinanzhof äußert neben diesen Zweifeln auch Argumente, die für eine Europarechtskonformität der in den Jahren 2004 bis 2017 geltenden Steuerrechtslage sprechen könnten. Wenn man die Fonds- und die Anlegerebene bei in- und ausländischen Immobilien-Spezialfonds konsolidiert betrachtet, würden ausländische Anleger in- und ausländischer Spezial-Immobilienfonds einer ähnlichen Gesamtsteuerbelastung unterliegen. Eine solche Gesamtbetrachtung könnte aufgrund der unmittelbaren Zurechnung von Einkünften bei den ausländischen Anlegern von inländischen Spezial-Immobilienfonds europarechtlich zulässig sein.Damit betreffe die isoliert betrachtete Ungleichbehandlung in- und ausländischer Immobilien-Spezialfonds möglicherweise objektiv nicht vergleichbare Sachverhalte. Selbst wenn man doch eine Vergleichbarkeit annähme, könnte eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung darin bestehen, dass das deutsche Besteuerungsrecht bei ausländischen Anlegern eines ausländischen Fonds nicht sichergestellt werden könne. Auch sei als Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung denkbar, dass die Steuerbefreiung des Fonds in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Besteuerung der Anleger stehe bzw. es zu einem direkten Einkünftebezug der ausländischen Anleger komme.Diese vermeintlichen Argumente für eine Europarechtskonformität des in den Jahren 2004 bis 2017 geltenden Rechts werden sicherlich vom Europäischen Gerichtshof kritisch hinterfragt werden. Eine Gesamtbetrachtung von Fonds- und Anlegerebene wurde bislang nur sehr ausnahmsweise für zulässig gehalten. Auch die Sorge der fehlenden Sicherung des deutschen Besteuerungsrechts greift nicht durch. Bereits nach geltendem Recht wird Ausländern eine Steuerpflicht samt Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen auferlegt, so zum Beispiel bei Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften mit deutschem Grundbesitz. Auch können Ausländer, so zum Beispiel bei der Zahlung von Lizenzgebühren an andere Ausländer, Pflichten zum Einbehalt von Quellensteuern treffen. Schließlich ist fraglich, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Steuervor- und Steuernachteil bei zwei verschiedenen Steuerpflichtigen (und nicht bei demselben Steuerpflichtigen) einen Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung in- und ausländischer Investmentfonds darstellt.Man darf auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gespannt sein. Auch wenn sich die unmittelbare Vorlage mit Immobilieninvestments beschäftigt, ist bereits absehbar, dass die Entscheidung auch Folgen für ausländische Investmentfonds mit Anlagen in anderen Asset-klassen haben wird. *) Dr. Konrad Rohde ist Partner im Frankfurter Büro von DLA Piper.