Immobilien - Gastbeitrag

Übergangsregelung für Steuer auf Verkaufsgewinne nötig

Börsen-Zeitung, 16.2.2006 In vielen Ländern werden Veräußerungsgewinne von Aktien und Immobilien besteuert. Deshalb ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn auch in Deutschland - wie in der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD...

Übergangsregelung für Steuer auf Verkaufsgewinne nötig

In vielen Ländern werden Veräußerungsgewinne von Aktien und Immobilien besteuert. Deshalb ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn auch in Deutschland – wie in der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD vereinbart – künftig Veräußerungsgewinne versteuert werden sollen. Allerdings hängt die Akzeptanz einer solchen Besteuerung davon ab, dass eine faire Übergangsregelung für Altfälle erfolgt.Mit Blick auf die “Altfälle” gibt es nur eine Regelung, die dem Vertrauensschutz Rechnung tragen würde: Immobilien, die vor dem geplanten Stichtag des Inkrafttretens des Gesetzes erworben sind, müssen von der Neuregelung ausgenommen werden. Die Besteuerung dieser Immobilien muss sich nach bisher geltendem Recht richten, das eine Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne nach einer 10jährigen Haltefrist vorsieht. Andere Vorschläge, beispielsweise nur Wertzuwächse zu besteuern, die nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes erfolgen, sind wirklichkeitsfremd. Die in diesem Zusammenhang vorgeschlagene Orientierung an den so genannten “Einheitswerten” ist sachfremd und würde zu ganz falschen Ergebnissen führen. Die Alternative dazu, nämlich eine Neubewertung aller im Privatvermögen gehaltenen Immobilien, käme den Staat teurer zu stehen als eine faire Übergangsregelung. Denn für diesen Zweck müssten mehrere tausend neue Beamte eingestellt werden und zudem wäre eine Flut von Prozessen die Folge.Demnächst ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Übergangsregelung für § 23 zu erwarten. Denn der Bundesfinanzhof hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der 1999 ohne Übergangsregelung beschlossenen Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre geäußert. Ein Vorlagebeschluss des BFH beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist deshalb anhängig. Der BFH argumentiert in seinem Vorlagebeschluss, die Änderung von § 23 EStG ohne Übergangsregelung sei verfassungswidrig, weil “es vor dem Hintergrund des dem Rechtsstaatsprinzip entspringenden Kontinuitätsgebotes und des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, dass der Kläger im Vertrauen auf seine Vermögensdisposition schutzlos gelassen wurde und sich der Gesetzgeber durch eine abrupte Kursänderung im Widerspruch zu seinen vorangegangenen Regelungen gesetzt hat”.Dies gilt erst Recht, wenn künftig Veräußerungsgewinne unabhängig von allen Haltefristen besteuert werden sollen. Die im Jahr 1999 abgeschaffte zweijährige Spekulationsfrist galt genau 74 Jahre lang. Ein Anleger, der im Jahr 2000 eine Immobilie erworben hat, konnte davon ausgehen, dass er diese im Jahr 2011 steuerfrei veräußern darf. Er konnte nicht erwarten, dass schon wenige Jahre nach der 1999 erfolgten Gesetzesänderung eine weitere, noch einschneidendere Veränderung erfolgt. Der Gesetzgeber sollte eine Regelung treffen, bei der es keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit gibt. Entscheidend wird auch sein, wie die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes erfolgt. Sollte man an der bisherigen Ermittlung festhalten – der Gewinn wird als Differenz von Kaufpreis und Buchwert berechnet – und keine Übergangsregelung schaffen, dann wären selbst bei einer 20 %igen Pauschalsteuer praktisch alle ostdeutschen Immobilien in geschlossenen Immobilienfonds unverkäuflich. Denn in diesem Fall müsste der Anleger selbst bei einem Verkauf der Immobilie mit Verlust eine hohe Steuerlast tragen, weil die Abschreibungen faktisch nachversteuert würden. *) Dr. Joachim Seeler ist Vorsitzender des VGF (Verband Geschlossene Fonds) und Geschäftsführer von HGA Capital, einem Unternehmen der HSH Nordbank.