ASSET MANAGEMENT

Unklarheiten bei Emir treiben Fondshäuser um

Branche erwartet wegen Derivateregulierung Kosten in zweistelliger Millionenhöhe - Umfangreiche Projekte bei Universal und DWS

Unklarheiten bei Emir treiben Fondshäuser um

In der Fondsbranche laufen die Vorbereitungen für das neue EU-Derivateregelwerk Emir auf Hochtouren. Branchenweit werden Kosten in Millionenhöhe erwartet. Größere Sorgen bereitet den Fondsanbietern derzeit jedoch die Tatsache, dass die Regulierer noch nicht alle offenen Fragen rund um Emir geklärt haben.Von Stefanie Schulte, FrankfurtDie weltweite Regulierung der Derivatemärkte soll das Finanzsystem – und damit auch die Portfolios privater und institutioneller Anleger – sicherer machen. Doch der Fondsbranche steht zunächst ein Kraftakt bevor, bei dem vor allem ungeklärte Details Kopfzerbrechen verursachen, wie Recherchen der Börsen-Zeitung zeigen.Bereits jetzt ist klar, dass auf Anbieter von Publikums- und Spezialfonds hohe Kosten bei der Umsetzung des europäischen Derivateregelwerks Emir zukommen werden. Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Investment und Asset Management ( BVI) schätzt diese für die deutsche Fondsbranche insgesamt auf einen zweistelligen Millionenbetrag.Er geht davon aus, dass die Gesellschaften künftig standardisierte Zins- und Kreditderivate über Zentrale Gegenparteien (Central Counterparties, CCP) verrechnen lassen müssen. Darüber hinaus müssen sie umfangreiche Reportingpflichten für ihre Derivatebestände erfüllen. Zudem müssen sie verstärkt Sicherheiten in bar oder Wertpapieren für ihre Derivategeschäfte stellen.So soll nach Willen der Regulierer das Verlustrisiko begrenzt werden, falls einer der Derivatepartner ausfällt. Für jeden Fonds müssen diese Sicherheiten individuell bereitgestellt werden, wie Richter betont. “Es darf also nicht ein Publikumsfonds für die Verpflichtungen eines anderen Fonds eintreten.” Viele Portfolios betroffenUrsprünglich sollte die Derivateregulierung auf Beschluss der G 20-Länder bereits Anfang 2013 in Kraft treten. In Europa verzögert sich das Projekt jedoch. Bis etwa die Clearingpflicht für Zinsswaps startet, dürften nach Aussage der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA noch Monate ins Land gehen.Wie teuer die Emir-Umstellung für ihre eigenen Häuser ausfallen wird, wollten auf Nachfrage weder die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS noch die auf administrative Dienstleistungen spezialisierte Universal-Investment angeben. Bei Universal seien derzeit mehr als 20 Mitarbeiter aktiv mit der Emir-Vorbereitung befasst, also fast 5 % der Belegschaft, berichtet Bernd Vorbeck, Sprecher der Geschäftsführung. Bereits Anfang 2012 hat die Universal ein Emir-Projekt gestartet. Ziel sei es, die Derivateregulierung weitgehend zentral für die über 300 Asset Manager umzusetzen, deren Fonds Universal administriert, sagt Vorbeck. Von den fast 700 Spezialfonds und 400 Publikumsfonds der Gesellschaft seien wohl rund 45 % von der Emir-Umsetzung betroffen. Das gelte insbesondere für die institutionellen Portfolios, da Spezialfonds häufig Swaps einsetzen. “Bei den Publikumsfonds wird es vor allem um einzelne Produkte gehen – beispielsweise um große Absolute-Return-Portfolios, die stark auf Derivate setzen.”Die Basis für die Emir-Umsetzung solle bei der Universal bereits in Kürze geschaffen sein. Anschließend müssten die Vorgaben aber noch mit den Asset Managern und ihren Depotbanken realisiert werden. Unter anderem müssten viele Vertragswerke geändert werden. “Das alles wird noch einige Zeit dauern”, prognostiziert der Universal-Chef. Knackpunkt DevisenBei der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS seien voraussichtlich rund 70 Fonds von Emir tangiert, teilt ein Sprecher mit. Genauere Angaben dazu, welche Portfolios bei der DWS Derivategeschäfte durchführen, die der Emir-Regulierung voraussichtlich unterworfen sein werden, macht er allerdings nicht.Auch Vorbeck hält sich bedeckt, was weitere Details zu den betroffenen Fonds betrifft, und verweist auf viele offene Fragen hinsichtlich der Regelwerke. “Unsere größte Herausforderung ist, dass noch nicht alle Fristen und Details der Umsetzung durch den Gesetzgeber finalisiert sind”, klagt er. Eine besonders entscheidende Frage sei, ob Devisentermingeschäfte künftig unter diese Regulierung fielen oder analog der Regelung in den USA – wo die Vorgaben für Derivategeschäfte im Dodd-Frank Act festgeschrieben sind – aus der Clearing- und Besicherungspflicht ausgenommen werden. “Viele Fonds setzen Devisentermingeschäfte ein, um Währungsrisiken abzusichern”, betont der Universal-Investment-Chef.Schon jetzt richten sich die großen Fondshäuser jedoch darauf ein, dass das Clearing unter anderem von Zinsswaps künftig zur Pflicht wird und dass sie daher die Dienste von CCP benötigen werden. Da CCP wie die auf Zinsswaps fokussierte LCH.Clearnet in London hohe Anforderungen an ihre Mitglieder stellen, die nur wenige Marktteilnehmer – zumeist große Banken – erfüllen, müssen sich die Fondshäuser ihrerseits die Dienste einer Großbank als Clearing-Broker sichern.Zu den LCH-Mitgliedern zählen derzeit internationale Investmentbanken wie Barclays, UBS und die Deutsche Bank, aber aus Deutschland auch das genossenschaftliche Zentralinstitut DZ Bank, der Sparkassen-Fondsdienstleister DekaBank und Landesbanken wie BayernLB, Helaba und LBBW. Viele von diesen Häusern bieten sich als Clearing-Broker für andere Marktakteure an.Universal werde “die Dienste von ein oder zwei Clearingbrokern in Anspruch nehmen, die für uns das Clearing über die verschiedenen Zentralen Gegenparteien durchführen”, berichtet Vorbeck. Derzeit sei man dabei, die Arbeit mit einem Institut aufzunehmen. Um wen es sich dabei handelt, will Vorbeck allerdings nicht sagen. Auch die DWS gibt sich in dieser Frage zurückhaltend. “Wir befinden uns derzeit mit zwei Clearing-Brokern im Aufsatzprozess”, so der Sprecher. Sein Haus strebe an, unter Emir mittelfristig Clearing “mit allen wesentlichen CCPs in Europa zu betreiben”.Wie stark sich das Geschäft der Fondsbranche – die Derivate derzeit sowohl zur Risikoabsicherung als auch als zusätzliche Renditequelle nutzt – durch Emir und Dodd-Frank verändern wird, vermögen weder Richter noch Vorbeck zu sagen. “Mit der Emir-Umsetzung werden sich die Asset Manager überlegen müssen, welche Derivate sie in Zukunft einsetzen wollen und in welchem Umfang”, meint Vorbeck. Aber auch das hänge von der genauen Ausgestaltung der Regeln ab.Richter wird konkreter. “Einige Fonds könnten Schwierigkeiten bekommen, Sicherheiten für Derivategeschäfte zu stellen, weil diese in vielen Fällen in bar gefordert werden”, warnt der BVI-Hauptgeschäftsführer. Da sich die Portfoliomanager bemühten, die Kassenbestände gering zu halten und den Großteil des Kapitals für die Anleger renditebringend zu investieren, hätten Publikumsfonds selten hohe Kassenbestände. “Ein Ausweg für die Fonds könnte sein, weniger Derivategeschäfte abzuschließen”.Bei der genossenschaftlichen Union Investment wären nach Einschätzung des Vorstandsmitglieds Jens Wilhelm unter anderem Garantiefonds betroffen, eine bedeutende Produktkategorie beim zweitgrößten deutschen Fondshaus. Er glaube aber nicht, dass die Regulierung “dramatischen Einfluss auf die Produktpalette” haben werde und beispielsweise die Neuauflage von Garantieprodukten signifikant beeinträchtige, so Wilhelm auf der Jahrespressekonferenz der Gesellschaft vergangene Woche in Frankfurt. Hoffnung auf positive EffekteGleichzeitig verweisen Vertreter der Fondsbranche auf positive Effekte der Regulierung. Der Derivatemarkt werde durch Emir transparenter, weil Derivate verstärkt auf offiziellen Handelsplätzen gehandelt und verrechnet würden, sagt Richter. “Dadurch bekommen die Fonds bessere Preise”. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass die Regulierung die Finanzstabilität insgesamt erhöhe. Auch Vorbeck erhofft sich bestimmte Effizienzvorteile, “da das Geschäft stärker standardisiert und die Abwicklung einfacher wird”.—– Bericht Seite 5