Immobilien

Unternehmen ignorieren Investorenwünsche

Studie: Enormer Nachholbedarf bei Angaben zu Immobilienportfolios und betriebswirtschaftlichen Zahlen

Unternehmen ignorieren Investorenwünsche

Von Ulli Gericke, BerlinEin großer Teil der Immobilien-AGs kommt den Informationsbedürfnissen des Kapitalmarktes nur äußerst eingeschränkt entgegen. Dies seien “keine guten Voraussetzungen für eine breite Renaissance der Immobilienaktie”, urteilt die Beratungsfirma Cometis in ihrer noch unveröffentlichten Studie “Immobilienaktien – Investorenwunsch und Börsenwirklichkeit”. Stark verbesserungswürdig seien ausgerechnet Angaben zu den Immobilien-Portfolios, heißt es in der der Börsen-Zeitung vorliegenden Untersuchung.Darin hat Cometis bei Analysten und Investoren die für sie entscheidenden Kriterien für ein Investment abgefragt und diese Erwartungen mit dem Reporting der fast 40 in Deutschland börsennotierten Bestandshaltern von Wohn- und Gewerbeimmobilien verglichen. Auffällig ist, dass in einer Vielzahl der Jahresabschlüsse wesentliche, von den Befragten als wichtig eingestufte Informationen wie Leerstandsquoten, geografische Verteilungen oder Angaben zur Immobilien-Bewertung nicht enthalten waren – “hier besteht also enormer Nachholbedarf”, heißt es in der Studie. Branchenkennzahlen fehlenZudem sieht Cometis das “grundlegende Problem” darin, die Berichterstattung an branchenspezifische Informationsbedürfnisse anzupassen. In mehr als der Hälfte der Jahresabschlüsse von Immobilien-AGs fehlt beispielsweise der NAV, der Net-Asset-Value. Die inzwischen in der Branche nahezu verpflichtende Kennzahl Funds from Operations (FFO) gab nicht einmal jeder dritte Börsenwert an. Die mit der Finanzkrise zwingend gewordene Angabe Loan to Value (LTV) verweigerten gar mehr als drei Viertel aller Unternehmen (siehe Grafik). “Der Trend zur Spezialisierung des Reporting ist also an einem Großteil der Branche vorbeigegangen”, resümieren denn auch die Cometis-Experten.In der Untersuchung konnten die Immobilienunternehmen maximal 100 Punkte erhalten: Ein Fünftel davon wurde von Cometis in Abstimmung mit den Investorenwünschen für allgemeine Faktoren vergeben, wie die Darstellung des Geschäftsmodells, die Qualität des Portfolios und die Erläuterung der Finanzierungsstruktur. Jeweils 40 Punkte wurden für die explizite Darstellung der Immobilienportfolios zugeteilt sowie den Komplex Finanz-Reporting.Die höchsten Bewertungen erhielten die beiden einzigen börsennotierten deutschen Reits Fair Value und Alstria Office sowie der Reit-Kandidat Hamborner – zusammen mit dem Berliner Winzling Polis (siehe nebenstehende Tabelle). Im Schnitt wurden nahezu 43 (also weniger als die Hälfte der erwünschten 100) Punkte vergeben – womit zwei Drittel aller Immobilien-AGs unterdurchschnittlich, also weit weg von Investorenerwartungen abschnitten. Darunter finden sich mit Patrizia, Youniq – der früheren Alta Fides -, Franconofurt und KWG Kommunale Wohnen durchaus bekannte und nicht unwichtige Player auf dem hiesigen Markt. “Risikoaversion vor Rendite”Auffällig war bei der Analysten- und Investorenbefragung das hohe Gewicht, dass diese “defensiven” Kriterien zumaßen. Wichtigste Fragen waren dabei, ob geografische Klumpenrisiken existieren oder Leerstände, wann Mietverträge auslaufen oder ob Großmieter ausfallen können. Einzig die Höhe der Mietrendite konnte die Phalanx der Vorsichts-Kriterien durchbrechen, ermittelte Cometis – “Risikoaversion schlägt Rendite”.Etwa 40 % der Befragten sehen die Fair-Value-Bewertung nach dem Rechnungslegungsstandard IFRS als aussagekräftigsten Maßstab für die Beurteilung von Immobilien-AGs an, heißt es weiter. Da diese IFRS-Daten jedoch höchst volatil (und damit umstritten) sind, sagten fast ebenso viele (knapp 38 %) der Studienteilnehmer, dass eine sinnvolle Analyse zusätzlich die Betrachtung nach HGB erfordere. “Schere geht auseinander”Bei den betriebswirtschaftlichen Kennziffern sind aus Investorensicht vor allem die Netto-Mieterlöse gefragt, gefolgt vom NAV und dem FFO, der als Indikator für die Ertragsstärke eines Bestandsportfolios gilt. Deutlich seltener wurden dagegen die üblichen operativen Gewinnkennzahlen Ebit oder Ebitda genannt, die Finanzierungskosten ignorieren und daher als weniger aussagekräftig gelten – aber in den Geschäftsberichten dominieren. “Die Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist weiter auseinander gegangen”, fasst Cometis denn auch die Ergebnisse zusammen. Verbunden mit der Aufforderung: Je mehr Informationen geliefert werden, umso glaubwürdiger sind für die Befragten die angesetzten Werte – und desto interessanter ein Investment.