Recht und Kapitalmarkt

US-Börsenaufsicht SEC entschärft Registrierungspflicht

Erleichterung für deutsche Firmen im außerbörslichen US-Handel - Kritik trägt Früchte - Handelsvolumina prüfen

US-Börsenaufsicht SEC entschärft Registrierungspflicht

Von James Black *) Deutsche Unternehmen, deren Aktien in den USA außerbörslich gehandelt werden, können erleichtert aufatmen: Im Gegensatz zum im Februar 2008 veröffentlichten Vorschlag der US Securities and Exchange Commission (SEC), werden nichtamerikanische Unternehmen mit mehr als 300 US-Aktionären nicht zur Registrierung nach dem Securities Exchange Act of 1934 (Exchange Act) verpflichtet, wenn in einem Geschäftsjahr über 20 % des weltweiten Handels in ihren Aktien in den USA stattfinden. Dies gab die US-Börsenaufsicht SEC bekannt. Der SEC-Vorschlag war auf erhebliche Unzufriedenheit gestoßen und wurde als unzumutbarer Versuch, nichtamerikanische Unternehmen dem US-Recht zu unterwerfen, kritisiert. Eine SEC-Registrierung kann zu erheblichen zusätzlichen Kosten und Haftungsrisiken für nichtamerikanische Unternehmen führen, da sie ihre Jahresberichte im Einklang mit der SEC-Form 20-F erstellen und bei der SEC einreichen müssen und auch dem Sarbanes-Oxley Act unterliegen. NeuregulierungDer SEC-Vorschlag war Bestandteil der geplanten Überarbeitung der SEC-Rule 12g3-2(b), die nichtamerikanische Unternehmen mit US-Aktionären unter gewissen Voraussetzungen von der SEC-Registrierungspflicht befreit. Im Gegensatz zu der zunächst geplanten Verschärfung wurde nun sogar Rule 12g3-2(b) im Großen und Ganzen entschärft. Die am 27. August verabschiedeten endgültigen Änderungen der Rule wurden am 5. September veröffentlicht und sind am 10. Oktober in Kraft getreten. Aus Informationen auf der Internetseite der SEC ergibt sich, dass derzeit etwa 40 deutsche Unternehmen von der Befreiungsmöglichkeit der Rule 12g3-2(b) Gebrauch machen. Unternehmen, deren Aktien allerdings an einer US-Börse notiert sind oder die aus anderen Gründen der Berichterstattungspflicht nach dem Exchange Act unterliegen, können von der Rule 12g3-2(b) generell keinen Gebrauch machen und sind daher von den Änderungen der Rule nicht betroffen. VoraussetzungenAb Inkrafttreten der überarbeiteten Rule können sich nichtamerikanische Unternehmen, die sonst zur SEC-Registrierung verpflichtet wären, lediglich unter folgenden Voraussetzungen von dieser Registrierungspflicht befreien: (i) Die Notierung der Aktien des Unternehmens an (mindestens) einer Börse außerhalb der USA ist fortlaufend beizubehalten, (ii) ein Aktienmarkt außerhalb der USA muss der Hauptmarkt für den Handel in der Aktie des Unternehmens sein, (iii) das Unternehmen darf gegenwärtig keine Berichterstattungspflicht nach dem Exchange Act haben und (iv) das Unternehmen hat englische Fassungen von bestimmten Unterlagen fortlaufend im Internet zugänglich zu machen.Ein nichtamerikanischer Markt gilt als Hauptmarkt für den Handel in der Aktie eines Unternehmens, wenn mindestens 55 % des weltweiten Handels in der Aktie in dem Markt, an dem die Aktie börsennotiert ist, stattfinden. Sollte dieser Markt weniger als 55 % des weltweiten Handelsvolumens ausmachen, darf das Handelsvolumen in einem zweiten nichtamerikanischen Markt hinzugerechnet werden. Zusätzlich muss das Handelsvolumen in mindestens einem der beiden Märkte das US-Handelsvolumen übertreffen. Für Unternehmen, für die Deutschland Heimatmarkt ist, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzung der Börsennotierung im Heimatmarkt lediglich durch eine Notierung im Regulierten Markt (und nicht durch den Handel im Freiverkehr) erfüllt sein wird. Die fortlaufende Veröffentlichungspflicht erfordert vollständige englische Übersetzungen von Jahres- und Quartalsberichten, Pressemitteilungen und direkt an Aktionäre gelieferten Dokumenten. Zusätzlich sind zumindest englische Zusammenfassungen von weiteren wichtigen Informationen zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung von Unterlagen, die für eine Investitionsentscheidung hinsichtlich der Aktie unwesentlich sind, darf unterbleiben. Elektronische Information Im Regelfall werden diese Unterlagen auf der Homepage des Unternehmens veröffentlicht. Das seit Juni 2007 bestehende Wahlrecht, Unterlagen entweder im Internet zu veröffentlichen oder in Papierform an die SEC zu übersenden, wird abgeschafft. Ab 10. Januar 2009 wird die SEC keine Unterlagen in Papierform mehr akzeptieren. Durch die Änderungen der Rule 12g3-2(b) beabsichtigt die US-Börsenaufsicht SEC, die Inanspruchnahme der Rule durch nichtamerikanische Unternehmen, die umfassende Geschäfts- und Finanzinformationen im Heimatmarkt veröffentlichen, zu erleichtern. Die Gewährleistung der Verfügbarkeit von englischsprachigen Informationen über diese Unternehmen soll wiederum den Handel in deren Aktien in den USA fördern. Insbesondere dienen die Änderungen der Erleichterung der Emission von nichtgelisteten American Depositary Receipts (ADR) im Hinblick auf die Aktien solcher Unternehmen, da eine Verbriefung von Aktien von solchen Unternehmen durch ADR nur zulässig ist, wenn das Unternehmen die Bedingungen der Rule 12g3-2(b) einhält. Darüber hinaus soll die Veröffentlichung von Preisfeststellungen für solche Aktien durch US-Börsenmakler für den außerbörslichen Handel in den USA erleichtert werden, da eine solche Quotation nur zulässig ist, wenn der Makler über bestimmte Informationen über den Emittenten verfügt. Schließlich soll der Handel in solchen Aktien unter institutionellen Investoren in den USA nach Rule 144A ermöglicht werden, da Rule 144A nur dann anwendbar ist, wenn bestimmte Informationen über den Emittenten verfügbar sind. Kein schriftlicher Antrag Die Handhabung der Rule 12g3-2(b) wird für Unternehmen insofern erleichtert, als das Erfordernis eines schriftlichen Antrags an die SEC für die Nutzung der Rule abgeschafft wird. Eine weitere Entschärfung der Rule besteht darin, dass Unternehmen lediglich zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Rule keiner Registrierungspflicht nach dem Exchange Act unterliegen dürfen. Bislang gilt diese Voraussetzung auch für einen Zeitraum von 18 Monaten vor der Inanspruchnahme der Rule.Die durchaus heftige Kritik an dem ursprünglichen SEC-Vorschlag vom Februar 2008 mag in manchen Fällen übertrieben gewesen sein. Der Vorschlag stellte jedoch in der Tat eine grundsätzlich veränderte Vorgehensweise der SEC dar: Entwicklungen auf den Aktienmärkten, die in vielen Fällen von Unternehmen nicht unmittelbar beeinflusst werden können, hätten erstmals zum Verlust der Befreiung von der Registrierungspflicht führen können. So wäre zum Beispiel ein deutsches Unternehmen, dessen Aktien lediglich außerbörslich in den USA gehandelt werden, zur SEC-Registrierung verpflichtet gewesen, wenn aus unbekannten Gründen das US-Handelsvolumen in einem Jahr mehr als 20 % des weltweiten Handels ausmachte. Dass dies ein unwillkommenes Ergebnis für Unternehmen, die sich nicht einmal des öffentlichen US-Aktienmarkts bedient haben, gewesen wäre, ist eindeutig. Es ist daher zu begrüßen, dass die SEC offenbar die kritischen Kommentare von Unternehmen und internationalen Anwaltskanzleien bei der maßgeblichen Neufassung der Rule 12g3-2(b) berücksichtigt hat.Obwohl die Voraussetzungen einer Börsennotierung im Heimatmarkt und eines nichtamerikanischen Hauptmarkts für den Handel in der Aktie eines Unternehmens neue Bedingungen für die Anwendbarkeit der Rule 12g3-2(b) darstellen, dürften diese nur in sehr seltenen Fällen eintreten. Nach Einschätzung der SEC soll es weltweit lediglich sieben Unternehmen geben, die nach Inkrafttreten der Änderungen die Rule aufgrund dieser Bedingungen nicht mehr werden nutzen können. DatenkontrolleJedoch empfiehlt es sich, – gerade wegen der schwerwiegenden Folgen im Falle des Verlusts der Registrierungsbefreiung nach Rule 12g3-2(b) – das Verhältnis zwischen dem Handelsvolumen im Heimatmarkt (eventuell mit einem zweiten nichtamerikanischen Markt zusammengerechnet) und dem US-Handelsvolumen jährlich anhand der von Informationsdienstleistungsunternehmen wie Bloomberg oder Reuters zur Verfügung gestellten Daten zu kontrollieren. *) James Black, US Attorney at Law, ist Partner bei White & Case im Büro Frankfurt.