RECHT UND KAPITALMARKT

Verschärfung der Grunderwerbsteuer auf Share Deals

Erhebliche Auswirkungen auf Immobilien-Kapitalgesellschaften

Verschärfung der Grunderwerbsteuer auf Share Deals

Von Martina Sradj *)Am 8. Mai 2019 hat das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf veröffentlicht, der unter anderem die erwarteten Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes zur Verschärfung der Besteuerung von Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften enthält (Share Deals).Der Gesetzesentwurf gibt die in der Finanzministerkonferenz im Dezember 2018 bereits diskutierten Kernpunkte wider und sieht folgende Verschärfungen vor: Werden Anteile an Personengesellschaften, die Immobilien halten, binnen einer Frist von zehn (bisher: fünf) Jahren zu mindestens 90 % (bisher: 95 %) unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übertragen, ist dies grunderwerbsteuerpflichtig. Entsprechendes gilt künftig für Anteilsübertragungen von Kapitalgesellschaften, die Immobilien halten. Werden Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft mit Grundbesitz – unabhängig von einer Haltedauer – hinzuerworben und summieren sich diese in der Hand des Erwerbers oder Unternehmensverbundes inklusive nahestehender Personen auf mindestens 90 % (bisher: 95 %), so fällt ebenfalls Grunderwerbsteuer an (die sogenannte Anteilsvereinigung). Komplexe ÜbergangsregelnDiese Änderungen bedeuten konkret, dass künftig höchstens 89,9 % der Anteile innerhalb von zehn Jahren grunderwerbsteuerfrei übertragen werden können – unabhängig von der Rechtsform der Immobiliengesellschaft. Bei konzerninternen Umstrukturierungen wiederum soll bei Übertragungen von Anteilen an Gesellschaften mit Immobilienbesitz die bisherige Steuerbefreiung weiterhin anwendbar sein. Unklar ist, ob die Beibehaltung der Anteilshöhe von 95 % sowie der Fünfjahresfrist im Gesetzesentwurf Absicht oder ein Redaktionsversehen war.Die Neuregelungen sollen nach dem 31. Dezember 2019 für alle Anteilsübertragungen an Gesellschaften mit Immobilienbesitz Anwendung finden. Ausnahmsweise soll die derzeitige Rechtslage weiter gelten, wenn der Kaufvertrag noch vor dem Datum der Einbringung des Gesetzesentwurfs in den Bundestag abgeschlossen wird, also möglicherweise noch vor der Sommerpause im Juli oder August 2019, und das Closing – Übergang von Nutzen und Lasten- innerhalb eines Jahres danach stattfindet.Die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Übergangsregelungen sind komplex. Sie beinhalten unter anderem Bestandsschutzregelungen für Altgesellschafter von Personengesellschaften mit Immobilienbesitz, sowie Übergangsfristen für die Weitergeltung des bestehenden Rechts für bestimmte Anteilsübertragungen und Anteilsvereinigungen. Preise steigenDie geplanten Neuregelungen werden im Wesentlichen opportunistische Immobilieninvestments von kurz- bis mittelfristiger Haltedauer erschweren. Besonders einschneidend ist die Ausweitung der Neuregelungen auf die Übertragung von Anteilen an Immobilienkapitalgesellschaften: Die Neuregelung betrifft zum einen Immobilienfonds, die in ein Portfolio aus überwiegend Immobilienkapitalgesellschaften investieren und diese üblicherweise über Share Deals an- und verkaufen (Private Equity Real Estate), sowie Joint-Venture-Strukturen – und zwar ungeachtet dessen, auf welcher Ebene Anteile an einer deutschen Immobiliengesellschaft oder einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit deutscher Immobilie übertragen werden.Zum anderen können im Grunde alle sonstigen M&A-Transaktionen und Konzernreorganisationen eine Grunderwerbsteuerpflicht nach sich ziehen, wenn nur eine deutsche Immobilie oder eine in- oder ausländische Gesellschaft mit deutschem Grundbesitz als “Beigabe” mit übertragen wird.Dieses Risiko ist durchaus real, wenn man sich vor Augen führt, dass entweder eine Immobilie gar nicht im Mittelpunkt der Transaktion stand, oder wenn grunderwerbsteuerliche Haltefristen primär für die Zeit nach Übertragung, nicht vor der Übertragung ausreichend auf allen Ebenen geprüft werden.Die Verschärfung bei der Grunderwerbsteuer auf Share Deals in der aktuell schon prekären Marktsituation dreht zudem die Preisspirale weiter nach oben. Die geplanten Neuregelungen dürften dazu beitragen, den wirtschaftlichen Vorteil von Share Deals in der Gesamtschau zu hinterfragen. Der nun noch weiter erhöhte Verwaltungsaufwand einer grunderwerbsteuerlich optimierten Struktur könnte im Einzelfall den Grunderwerbsteuervorteil schnell wieder zunichtemachen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Steuervorteile eher einen Subventionscharakter tragen, der manchmal wirtschaftlich sinnvolle Investitionsentscheidungen überlagern kann. Daher sollte eine Investitionsentscheidung nicht allein oder maßgeblich auf Basis von Steuervorteilen getroffen werden. Hohe RelevanzInvestoren ist aufgrund der erheblichen Auswirkungen zu raten, sowohl bei Immobilientransaktionen als auch bei regulären M&A-Transaktionen die weitere Gesetzesentwicklung im Auge zu behalten und sicherzustellen, dass die Auswirkungen auf laufende und künftige Transaktionen korrekt bewertet werden. *) Martina Sradj ist Tax Partner von Eversheds Sutherland.