Versicherer schöpfen Anlagespielraum nicht aus
Von Michael Brückner, Manuel Lorenz und Peter Stankewitsch *)Im Juli 2010 hat eine Änderung der Anlagenverordnung die Investitionsmöglichkeiten von Versicherern in Immobilienwerte erweitert. Seither stellt die Anlage in Aktien und Anteilen an geschlossenen Fonds, welche ihr Vermögen in Anteilen an Immobilien-Unternehmen oder in offenen oder geschlossenen Immobilien-Zielfonds anlegen, eine eigene Anlagekategorie dar. Dadurch sollten Versicherer die Möglichkeit zur effizienteren Verwaltung ihrer Immobilieninvestitionen durch Bündelung in einer Anlageart erhalten. Allerdings hat diese Regelung einen Schönheitsfehler: Deutsche Fonds kommen nach dem Wortlaut der Anlageverordnung nicht als taugliches Investitionsobjekt in Betracht. Durch ein Ausweichen nach Luxemburg können Versicherer jedoch vom gesteigerten Anlagespielraum profitieren. Rahmen AnlageverordnungDeutsche Versicherer konnten bereits vor der Änderung in Immobilienfonds investieren. Diese Anlage galt jedoch als “sonstige Beteiligung an Gesellschaften”. Damit unterfiel sie den dafür geltenden Mischungs- und Streuungsvorschriften: Eine maximale Anlage von 35 % des Sicherungsvermögens und des sonstigen gebundenen Vermögens ist zulässig. Anlagen bei ein und demselben Unternehmen dürfen 1 % des gebundenen Vermögens nicht überschreiten.Seit Juli 2010 können geschlossene Immobilienfonds aus dieser Beteiligungsquote herausgehalten werden und unterfallen der separaten Quote für Immobilien. Diese erlaubt immerhin Anlagen in immobilienbezogenes Vermögen mit bis zu 25 % des Sicherungsvermögens und des sonstigen gebundenen Vermögens. Darüber hinaus können bei ein und demselben Aussteller bis zu 5 % des gebundenen Vermögens angelegt werden. Die Anlageverordnung verlangt hierfür, dass es sich um einen geschlossenen Fonds handelt, welcher sein Vermögen in Anteilen an Immobilien-Unternehmen oder in offenen oder geschlossenen Immobilien-Zielfonds anlegt. Die Fondsanteile müssen von einer Investmentgesellschaft ausgegeben werden, die ihren Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hat und zum Schutz der Anleger einer öffentlichen Aufsicht unterliegt. Auch muss das Vermögen des Fonds auf durchgerechneter Grundlage mindestens zu 80 % aus Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten bestehen. Weiter müssen die Aktien bzw. Anteile an dem Fonds frei übertragbar sein.Im Rundschreiben 4/2011 bestimmt die BaFin zusätzlich, dass die Fremdmittelaufnahme des Fonds auf kurzfristige und marktgerecht verzinste Darlehen zu Überbrückungszwecken von maximal 20 % seines Bruttovermögenswertes beschränkt ist.Die Konstruktion eines solchen geschlossenen Fonds kommt im Rahmen des deutschen Investmentgesetzes einer Quadratur des Kreises gleich: Zwar ließe sich ein Immobilienfonds in der Form eines Spezialfonds konstruieren, der als Dachfonds nur in Immobilienunternehmen und in geschlossene und offene Zielfonds investieren kann und eine Investitionsquote in Immobilien von 80% auf durchgerechneter Basis erreicht. Aber das Erfordernis, dass es sich um einen geschlossenen Fonds handeln muss, lässt sich nicht erreichen. Das Investmentgesetz lässt auch bei Spezialfonds keinen vollständigen Ausschluss des Rückgaberechts der Fondsanleger zu, zumindest ein Mal alle zwei Jahre muss die Rückgabe möglich sein.Einige Fachleute bemängeln die Begrenzung der Investitionsmöglichkeiten auf geschlossene Dachfonds als sinnlose Hürde für den Einsatz inländischer Fonds bei Immobilieninvestitionen und plädieren für eine erweiternde Auslegung der Anlageverordnung. Man wird aber am klaren Wortlaut nicht vorbeikommen.Besonders misslich ist, dass es zukünftig auch nicht länger möglich ist, auf einen offenen Immobilienfonds auszuweichen und damit eine andere Anlagekategorie der Anlageverordnung zu nutzen. Mit dem Investmentgesetz wird zum 1. Januar 2013 für offene Immobilienfonds oberhalb einer Grenze von 30 000 Euro pro Kalenderhalbjahr eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten eingeführt und die Rückgabe nur mit Vorankündigung von 12 Monaten erlaubt sein. Die Rückgabefrist für offene Immobilienfonds darf jedoch im Rahmen der Anlageverordnung nach dem BaFin-Rundschreiben sechs Monate nicht überschreiten. Dies mag unsinnig erscheinen, weil das Rundschreiben damit die an sich ins Auge gefasste Nutzung inländischer Investmentvermögen für Zwecke von Immobilieninvestitionen ausschließt. Die Vorgaben sind aber so eindeutig, dass man sie auch bei sehr wohlwollender Auslegung nicht wegdiskutieren kann. Dieses Ergebnis stützen auch die FAQs der BaFin zum Rundschreiben. Das Rundschreiben verbaut auch die Möglichkeit, solche “halb offenen” Fonds als “sonstige Beteiligungen” einzustufen.Die eng gefassten Vorgaben der Anlageverordnung erfüllt aber das luxemburgische Investmentrecht. Am umfänglichsten geeignet ist hierzu der Fondstyp des Spezialfonds (“SIF”). Ein SIF ist in seinen Ausgestaltungsmöglichkeiten höchst adaptiv. Zunächst besteht für den SIF keine gesetzliche Verpflichtung zur Rücknahme von ausgegebenen Anteilen, was eine geschlossene Organisationsform ermöglicht.Auch als geschlossener Fonds unterfällt der SIF der Aufsicht der luxemburgischen Aufsichtsbehörde CSSF. Diese umfasst neben der Zulassung des SIF gleichermaßen die Überwachung des laufenden Geschäftsbetriebs im Hinblick auf die Einhaltung der anwendbaren gesetzlichen Regelungen. Die CSSF fordert bei Fonds mit einem besonderen Anlageschwerpunkt in Immobiliarwerten bezüglich der beruflichen Qualifikation der Mitglieder der Geschäftsführungsorgane korrespondierende spezifische Erfahrung. Die Aufsicht der CSSF dient dem Schutz des öffentlichen Interesses, was den Schutz der Investoren im gegebenen Rahmen mit umfasst.Die Übertragbarkeit der Anteile eines SIF unterliegt investmentrechtlich per se keinen Beschränkungen. Restriktionen können jedoch der gewählten Gesellschaftsform immanent sein. Durch Errichtung des SIF als Sondervermögen oder SICAV (société d’investissement à capital variable) in der Form einer luxemburgischen Aktiengesellschaft sind derartige Beschränkungen vermeidbar. Zwar lässt ein SIF nur institutionelle und professionelle Investoren sowie sachkundige natürliche Personen als Investoren zu, innerhalb dieser Gruppe ist aber eine freie Anteilsübertragung gewährleistet.Hinsichtlich der zulässigen Anlagestrategie ist ein SIF gesetzlich nur durch das Prinzip der Risikostreuung begrenzt. Aufgrund der besonderen Sachkunde der Investoren wird dieser Grundsatz durch die aufsichtsrechtliche Praxis nur dahingehend konkretisiert, dass das Fondsvermögen zu nicht mehr als 30 % in eine Einzelposition investiert werden kann. Zum Aufbau eines Fondsvermögens mit durchgerechneter Grundlage von mindestens 80 % Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, ist eine ausreichende Portfoliodiversifikation zu erreichen – etwa durch räumliche und objektspezifische Streuung nach immobilienwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die nach deutschem Recht vorgesehene maximale Fremdmittelaufnahme von bis zu 20 % des Bruttoinventarwertes ist nach Luxemburger Recht zulässig.Das Spektrum der in Luxemburg zur Verfügung stehenden Fondsvehikel ist aber nicht auf den SIF begrenzt. Eine Darstellung derselben Anlagestrategie ist auch im Rahmen eines allgemeinen Publikumsfonds nach Luxemburger Recht (“Teil II OGA”) möglich. Bestehen Bedenken, ob eine ausreichende Risikodiversifizierung erreicht werden kann, ist eine Strukturierung über eine SICAR (société d’investissement en capital à risque) avisierbar. ZukunftssicherDurch den Einsatz von luxemburgischen Fonds lässt sich somit ein attraktives Anlageinstrument schaffen, mit welchem ein Versicherer seine allgemeine Beteiligungsquote entlasten kann. Aufgrund der flexiblen Struktur und der Anpassungsfähigkeit der luxemburgischen Fonds ist man damit auch für die anstehenden aufsichtsrechtlichen Änderungen durch Solvency II gut gerüstet.—-*) Michael Brückner ist Rechtsanwalt bei Baker & McKenzie in Luxemburg, Dr. Manuel Lorenz und Dr. Peter Stankewitsch sind Partner der Kanzlei in Frankfurt.