Investmentfonds

Versorger folgen den Zeichen der Zeit

Konzerne wie Eon und RWE bauen auf erneuerbare Energien - Atom-Einigung nicht "zum Nulltarif"

Versorger folgen den Zeichen der Zeit

Von Martin Hampel, Frankfurt Es waren gute Nachrichten für die Stromversorger in Deutschland, die Anfang September aus Berlin kamen: Die Laufzeiten der Atomkraftwerke wurden verlängert, die finanziellen Belastungen für Konzerne wie RWE und Eon fallen hingegen geringer aus, als von den Unternehmen befürchtet, hieß es zur Einigung auf die Laufzeiten der Atommeiler. Die Börsen reagierten prompt, und die Versorger-Aktien zogen teils kräftig an.Jetzt, da die Sektlaune verflogen ist, fällt auch die Betrachtung etwas differenzierter aus. Die großen Versorger in Deutschland dürften tatsächlich von der Laufzeitverlängerung profitieren, doch echte Planungssicherheit besteht trotzdem nicht. Zum einen haben diverse Oppositionsgruppen schon angedroht, die nun verabredete Laufzeitverlängerung auf dem Rechtsweg kippen zu wollen, zum anderen könnte die Laufzeitenfrage wieder aufkommen, wenn die nächste Bundesregierung, eventuell mit Beteiligung der SPD oder der Grünen, die Geschenke an ihre Wähler und Unterstützer verteilen möchte.Neben den zahlreichen politischen Fragen kommt auf die globalen Versorger aber noch eine strukturelle Herausforderung zu: Der Atomstrom ist international auf dem Rückmarsch, und die erneuerbaren Energien sind im Kommen. Nach Berechnung der Europäischen Union wird der Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der Stromproduktion der 27 EU-Staaten bis 2030 von derzeit 19 auf rund 36 % ansteigen. Das Plus geht zulasten der fossilen Brennstoffe und des Atomstroms (siehe Grafik). Trends im Blick behaltenDie Bewegung ist den großen Energieversorgern freilich nicht entgangen, und die Unternehmen versuchen, dem Trend durch eigene Produkte im regenerativen Bereich zu folgen. Laut einer Studie der italienischen Unicredit sind von den traditionellen Versorgern aus Deutschland RWE, Eon und EnBW, aus Spanien Iberdrola und EDP, aus Italien Enel, aus Skandinavien Vattenfall, aus Frankreich EdF und aus Großbritannien Scottish & Southern im Bereich der erneuerbaren Energien am stärksten aufgestellt. Anleger, die im Versorgerbereich investieren wollen und ihr Risiko über einen Investmentfonds streuen möchten, sollten das Portfolio also auch auf die Zukunftsfähigkeit der Konzerne im Fonds-Depot überprüfen.Betrachtet man das volkswirtschaftliche Bild, haben die Versorger noch ein paar Zusatzargumente auf ihrer Seite: Die Unsicherheit an den internationalen Märkten dürfte den Trend hin zu defensiven Titeln verstärken, und ein Investment in die Versorger wird den Anlegern noch durch ein weiteres Plus schmackhaft gemacht: Die Titel sind traditionell sehr dividendenstark, was in Zeiten niedriger Zinsniveaus die Anleger anzieht und die Kurse steigen lassen kann. Skeptische AnalystenGleichwohl mangelt es nicht an skeptischen Stimmen zur Branche. Die Analysten der Nord/LB weisen zwar darauf hin, dass die Halbjahresergebnisse der deutschen wie auch der europäischen Versorger auf operativer Ebene zufriedenstellend gewesen seien – nicht zuletzt, weil die konjunkturelle Erholung den Absatz angekurbelt hat. Allerdings sei die Laufzeitverlängerung in Deutschland “nicht zum Nulltarif” zu haben gewesen, die vier größten deutschen Versorger müssten bis 2016 immerhin 2,3 Mrd. Euro jährlich berappen. Darüber hinaus seien die Preise im Großhandel nach wie vor niedrig, sodass in der Branche zu viele Unsicherheiten vorherrschten. “Erst eine überzeugende strategische Neupositionierung könnte dies ändern”, so die Analysten der Landesbank aus dem Norden, die den Sektor mit “neutral” einstufen.Mit Blick auf die Aktienindizes haben die Versorgertitel zumindest noch Aufholbedarf. Verglichen mit dem Markt haben die großen Stromunternehmen zumindest in den Krisenjahren von ihrem defensiven Charakter nicht besonders profitiert (siehe Chart).