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Vietnam steht wieder hoch im Kurs

Notenbank-Politik hilft dem südostasiatischen Land aus der Krise - Investitionen mit Risiko

Vietnam steht wieder hoch im Kurs

Von Ernst Herb, HongkongVietnam, dessen Wirtschaft zwischen 2002 und 2007 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von über 8 % an den Tag legte, gilt als das zweite China. Doch während das Reich der Mitte die von der globalen Konjunkturflaute ausgehenden Turbulenzen bisher weitgehend schadlos umfliegen konnte, stürzte Vietnam in Folge des Exporteinbruchs und einer verfehlten Geldpolitik der Zentralbank Ende 2007 beinahe in den Abgrund einer Währungs- und Zahlungsbilanzkrise.Allerdings hat sich Südostasiens viertgrößte Volkswirtschaft rasch von ihrem Schwächeanfall erholt. Gemäß Projektionen des Planungsministeriums wird die Wachstumsrate, die im vierten Quartal 2008 unter 3 % eingebrochen war, 2009 rund 5,5 % und 2010 über 8 % betragen. Die Börse in Ho-Chi-Minh-Stadt, die im laufenden Jahr 83 % zulegen konnte, nimmt diese Entwicklung schon vorweg. In Fernost hat sich seit Anfang Januar nur noch der Shanghaier-B-Aktien-Index mit seinem Plus von 86 % besser entwickelt. Exporteinbruch verlangsamtDie einem “V” ähnelnde Erholung ist maßgeblich auf die bemerkenswert stabile Binnenwirtschaft zurückzuführen. Dabei hat der Privatkonsum eine ebenso wichtige Rolle gespielt wie die erhöhten Ausgaben der öffentlichen Hand für Infrastrukturprojekte. Damit konnten die rückläufigen Exporte, die im zweiten Quartal 2009 im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres ein Minus von über 20 % verzeichneten, zumindest teilweise ausgeglichen werden. Mittlerweile zeichnet sich an dieser Front eine Entspannung ab. Im August lagen die Ausfuhren nur noch 6,7 % unter dem Stand des Vorjahresmonats.Die rasche Erholung ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, so etwa auf einen sehr flexiblen Arbeitsmarkt. Die markant gestiegenen Lebensmittelpreise haben die Kaufkraft der Bevölkerung in ländlichen Gebieten gehoben. Immer noch leben mehr als zwei Drittel der Bevölkerung auf dem Land. Das spiegelte sich auch an der Börse wider, wo Exportwerte weiter unter Abgabedruck stehen, während Aktien, die einen starken Bezug auf den Endkonsum oder auch die Infrastruktur haben, überdurchschnittlich zulegen.Eine erneut expansive Geldpolitik der Zentralbank trug wesentlich zur Krisenüberwindung bei. Die Politik des günstigen Geldes wurde dadurch erleichtert, dass die Inflationsrate, die sich 2008 auf fast 23 % belief, mittlerweile auch 8,3 % gesunken ist. Auch die Geschäftsbanken drehten Anfang des Jahres den Kredithahn weit auf. Ein beträchtlicher Teil ist nicht zur Finanzierung des Kerngeschäfts verwendet worden, sondern an die Börse geflossen. Es ist aber zu berücksichtigen, dass Wirtschaftsdaten und Unternehmenszahlen in dem sich rasant wandelnden Land nicht zuverlässig sind.Der forsche Kurs von Notenbank und Geschäftsbanken birgt wegen der angespannten Lage an der Fiskalfront auch Gefahren. Außerdem besteht das Risiko, dass sich die Importe schneller von der Flaute der vergangenen Monate erholen als die Ausfuhren. Projektionen der Asiatischen Entwicklungsbank gehen davon aus, dass Vietnam 2009 ein Zahlungsbilanzdefizit von 7 % und 2010 von 10 % aufweisen wird. Dabei decken die Hartwährungsreserven gerade einmal Importe für einen Zeitraum von 16 Wochen. Daher besteht die Gefahr einer erneuten Flucht aus der Landeswährung Dong. Ehrgeizige ZielmarkeDie Diskussion, ob die Kursrally der vergangenen Monate weiter andauern oder ein abruptes Ende nehmen wird, wird kontrovers geführt. Das Zahlungsbilanzdefizit dürfte in den kommenden Monaten auch an der Börse zu einem Thema werden. Darüber hinaus sorgen die volatilen Rohstoffmärkte für erhebliche Unsicherheit. Vietnam ist zwar ein Netto-Erdölexporteur. Sollten aber die Energiepreise wieder in die Höhe schießen, würde das erneut die Inflation anheizen.Es ist ferner zu berücksichtigen, dass vietnamesische Aktien unter Berücksichtigung des nicht operativen Gewinns die am höchsten bewerteten asiatischen Wachstumsmärkte sind. Die Credit Suisse mahnt in einer Analyse zu Gewinnmitnahmen. Anders sieht es das lokale Brokerhaus Vincom Securities. Eine expandierende Industrie- und Agrarproduktion wie auch steigende Preise auf dem Immobilienmarkt gäben Aktienkursen nach wie vor Rückenwind. Das auch, weil die Wirtschaft heute deutlich weniger von ausländischer Nachfrage wie auch Kapital abhängig sei als vor zwei Jahren. Die Analysten von Vincom Securities gehen davon aus, dass der Ho-Chi-Minh-Stock-Index bis Ende des Jahres um weitere 30 % auf 700 Zähler steigen wird.Anleger, die von einer Fortsetzung des Aufwärtstrends ausgehen, haben die Möglichkeit, über Zertifikate und Indexfonds an der weiteren Entwicklung zu partizipieren. Das Vietnam Index-Zertifikat, der DWS Go (DE000DWS0GB2), erzielte in den zurückliegenden sechs Monaten einen Gewinn von 124 %. Auf Sicht von einem Jahr bleibt eine Rendite von 47 %. Gut schnitt auch das Vietnam Opportunity Zertifikat der LBB (DE000LBB1XG8) mit einem Plus von 86 % über sechs Monate ab. Seit September 2008 bleibt dem Anleger immer noch ein Plus von 10 %. Anleger, die das Emittentenrisiko fürchten, können sich mit dem ETF von db x-trackers auf den FTSE Vietnam (LU0322252924) an der Entwicklung des vietnamesischen Aktienmarktes beteiligen.