RECHT UND KAPITALMARKT

Virtuelle Hauptversammlungen erfordern hohen Datenschutz

Aktionäre sind umfassend über die Online-Teilnahme zu informieren

Virtuelle Hauptversammlungen erfordern hohen Datenschutz

Von Klaus Beucher und Florian Klein *)Das Coronavirus bestimmt derzeit das gesamte Leben und wirkt sich dabei auch stark auf die Hauptversammlungen zahlreicher Aktiengesellschaften aus. Die üblichen Präsenzveranstaltungen, an denen hunderte Aktionäre persönlich teilnehmen, sind in Zeiten des “Social Distancing” nicht vorstellbar. Der Gesetzgeber hat es deshalb ermöglicht, Hauptversammlungen ausschließlich virtuell durchzuführen. Während vor Ort nur der Versammlungsleiter und wenige Verantwortliche der Gesellschaft präsent sind, wird das Geschehen per Bild- und Tonübertragung in einem speziell dafür eingerichteten Online-Portal zugänglich gemacht. Dieses wird im Auftrag der Gesellschaft von einem Service-Dienstleister bereitgestellt und ermöglicht jedem Aktionär eine Zuschaltung als stiller Zuschauer. Außerdem können angemeldete Aktionäre über das Online-Portal weitere Aktionärsrechte ausüben, insbesondere Fragen einreichen, ihr Stimmrecht elektronisch ausüben oder gegebenenfalls Vollmachten erteilen.Neben den aktienrechtlichen Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung einer solchen virtuellen Hauptversammlung bringt diese Änderung jedoch auch neue datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich. Denn Aktionäre und ihre Bevollmächtigten sind nunmehr, wollen sie an der Hauptversammlung teilnehmen, gezwungen, dies über ein Online-Portal zu tun, was weitere Datenverarbeitungen mit sich bringt. Wurden Datenschutzhinweise bisher eher auf eine allgemeine Information der Aktionäre über die Verarbeitung ihrer Daten beschränkt, muss die bisherige Vorgehensweise jetzt vor dem Hintergrund der geänderten Rahmenbedingungen und angesichts der hohen Transparenzanforderungen der Datenschutzgrundverordnung erneut auf den Prüfstand. Denn die Datenschutzgrundverordnung verlangt, dass jeder, der für eine Datenverarbeitung verantwortlich ist, betroffene Personen detailliert über zahlreiche Umstände der Datenverarbeitung informiert. Bereits in der Einladung, mit der die Gesellschaft erstmals mit den Aktionären im Hinblick auf die Durchführung der Hauptversammlung in Kontakt tritt, kann es deshalb sinnvoll sein, zumindest wesentliche Kerninformationen (wie z. B. Person des Verantwortlichen, Verarbeitungszweck, Rechte des Betroffenen) aufzunehmen. In jedem Fall sollte darin ein Verweis auf eine umfassende, im Online-Portal abrufbare Datenschutzerklärung aufgenommen werden.In dieser Datenschutzerklärung müssen dann die Pflichtinhalte vollständig aufgeführt werden, insbesondere Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen und gegebenenfalls seines Datenschutzbeauftragten, Kategorien verarbeiteter Daten, Datenquellen, Zwecke und Rechtsgrundlagen der Verarbeitung, Empfänger der Daten, Speicherdauer und Rechte der Betroffenen. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass nicht nur Daten der Aktionäre, sondern gegebenenfalls auch ihrer Bevollmächtigten verarbeitet werden. Bei den Verarbeitungstätigkeiten und -zwecken sollten alle Prozesse benannt werden: von der Erhebung der Daten mittels der depotführenden Banken über die Anmeldung zur Hauptversammlung bis hin zur Nutzung des Online-Portals und der Ausübung der Aktionärsrechte vor und während der Hauptversammlung. Dies gebietet z. B. den Hinweis, dass Kontaktdaten, Daten zum Aktienbestand, das Abstimmverhalten sowie online oder auf sonstige Weise eingereichte Anträge oder Erklärungen (z. B. Vollmachten, Wahlvorschläge, Gegenanträge, Fragen oder Widersprüche) verarbeitet werden, um die Hauptversammlung durchführen und die Ausübung der Aktionärsrechte ermöglichen zu können. Bei Nutzung des Online-Portals werden zudem – technisch zwingend – sogenannte Log-Daten erhoben, die einzeln zu benennen sind. Verarbeitungszweck ist die Bereitstellung des Online-Portals. Soweit Cookies eingesetzt werden, ist auch darüber zu informieren. Obwohl diese Verarbeitungen faktisch von dem konkret zu benennenden Service-Dienstleister vorgenommen werden, trifft die Informationspflicht hier die jeweilige Gesellschaft, in deren Auftrag und nach deren Weisung der Dienstleister tätig wird. Wer stellt die Fragen?Nach den für die Durchführung einer rein virtuellen Hauptversammlung geltenden Regelungen kann zudem das Fragerecht so eingeschränkt werden, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation eingereicht werden müssen. Sollen diese Fragen dann während der Hauptversammlung unter Namensnennung des Fragestellers verlesen werden, ist auch darüber zu informieren, ebenso wie über den potenziellen Empfängerkreis, der sich in der Regel auf die zugeschalteten Teilnehmer beschränken wird. Die Namensnennung ist insoweit zulässig, weil die Gesellschaft ein berechtigtes Interesse daran hat, den Ablauf möglichst an eine physische Hauptversammlung anzugleichen, und auch die übrigen Aktionäre ein Interesse daran haben können, die Identität des Fragestellers zu erfahren.Es besteht daher insgesamt die Notwendigkeit, die Datenschutzerklärungen aus den Vorjahren unter Berücksichtigung der Vorgaben und Abläufe einer virtuellen Hauptversammlung zu überprüfen und entsprechend anzupassen. *) Klaus Beucher ist Partner, Florian Klein Associate bei Freshfields Bruckhaus Deringer.