Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Klaus Weinand-Härer

"Vor-Reit-Status bringt echte Wettbewerbsvorteile"

Besondere Form der Immobilien-Aktiengesellschaft: Bei Verkauf Hälfte des Veräußerungsgewinns steuerfrei

"Vor-Reit-Status bringt echte Wettbewerbsvorteile"

Herr Weinand-Härer, was versteht man unter einem Vor-Reit?Vor-Reits sind eine besondere Form der Immobilienaktiengesellschaft. Sie sind im Gesetzentwurf zur Einführung von Reits in Deutschland als Vorstufe zum deutschen Reit (G-Reit) vorgesehen. Der Vor-Reit muss aber nur einige der Anforderungen an einen G-Reit erfüllen. Insbesondere muss sein Unternehmensgegenstand dem eines G-Reit entsprechen, d. h., der Unternehmensgegenstand muss begrenzt sein auf Erwerb, Verwaltung und Veräußerung von unbeweglichem Vermögen (ohne Wohnimmobilien). Darüber hinaus können diese Tätigkeiten auch von Tochterpersonengesellschaften, Immobilienpersonengesellschaften, ausgeübt werden. Zusätzlich hat der Vor-Reit die Anforderungen hinsichtlich der Vermögens- und Ertragszusammensetzung zu erfüllen. – Das heißt?Die Erträge müssen zu mindestens 75 % aus der Verwaltung und Veräußerung der gehaltenen Immobilien stammen. Entsprechend muss auch das Vermögen zu mindestens 75 % aus direkt gehaltenem unbeweglichem Vermögen bestehen. Der Vor-Reit ist demnach eine Immobilien-AG, die in ihrer Handlungsfreiheit teilweise eingeschränkt ist, beispielsweise darf sie keine entgeltliche Immobilienverwaltungsleistung an Dritte erbringen – gegebenenfalls hat sie aber die Möglichkeit, diese in begrenztem Maße über Töchter zu erbringen. – Wo liegen trotz der Einschränkung des Handlungsspielraumes beim Vor-Reit die Vorteile für die Gesellschaft und damit für ihre Aktionäre im Vergleich zu einer klassischen Immobilien AG? Die Vorteile liegen vor allem darin, dass der Vor-Reit potenziellen Veräußerern von Immobilien die sog. Exit-Tax anbietet. Im Zusammenhang mit der Einführung von G-Reits soll für einen Übergangszeitraum von drei Jahren die Übertragung von Unternehmensimmobilien auf G-Reits begünstigt werden. Ziel des Gesetzgebers ist, ein ausreichendes Angebot an Immobilien für die G-Reits sicherzustellen und Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, stille Reserven steuerlich günstig durch die Veräußerung ihrer Immobilien zu heben. Veräußert ein Unternehmen Immobilien, die langfristig zu seinem Betriebsvermögen gehörten, an einen G-Reit, unterliegen die durch die Veräußerung realisierten Gewinne nur zur Hälfte der Besteuerung. – Diese Vergünstigung gilt auch, wenn die Immobilien an einen Vor-Reit veräußert werden? Ja. Aufgrund der Steuerersparnis ist es für potenzielle Veräußerer günstiger, an einen Vor-Reit oder G-Reit zu veräußern, anstelle als Käufer eine klassische Immobilien-AG zu wählen. Von diesem Vorteil kann auch der Vor-Reit profitieren, wenn es ihm bei den Kaufpreisverhandlungen gelingt, dass Teile der Steuerersparnis des Käufers beim Kaufpreis berücksichtigt werden. In jedem Fall hat der Vor-Reit damit einen echten Wettbewerbsvorteil gegenüber dem klassischen Käufer von Immobilien. – Welche Schritte sind nötig, um als Vor-Reit auftreten zu können?Die Erfüllung der genannten Voraussetzungen allein reicht noch nicht aus, um als Vor-Reit am Markt auftreten zu können. Um den Status als Vor-Reit zu erreichen, muss sich die Immobilien-AG beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren. Die Registrierung erfolgt nach der Anmeldung, wenn die Immobilien-AG versichert, dass sie die Voraussetzungen eines Vor-Reit erfüllt. – Was verlangt das Amt?Das Bundeszentralamt für Steuer kann als Nachweis die Vorlage von geeigneten, von einem Wirtschaftsprüfer testierten Unterlagen verlangen. Mit Registrierung wird der Vor-Reit-Status erlangt. Die Exit-Tax kann angeboten werden. Der Vor-Reit verliert seinen Status allerdings wieder, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren einen Antrag auf Börsenzulassung stellt. – Wie wird der Vor-Reit zum G-Reit?Der Vor-Reit muss getrimmt werden, die weiteren Anforderungen eines G-Reit zu erfüllen. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung, mehr als 90 % seiner Erträge auszuschütten, die Kreditaufnahme auf max. 60 % des Vermögens zu beschränken und keinen Handel mit Immobilien zu betreiben. – Und es ist ein Börsengang erforderlich.Ja. Die Aktien müssen an einem organisierten Markt des Europäischen Wirtschaftsraumes zugelassen sein, wobei zu Beginn mindestens 25 % der Aktien im Streubesitz gehalten werden müssen. Dauerhaft muss ein Streubesitz von 15 % der Aktien sichergestellt werden. Sind alle Voraussetzungen für einen G-Reit gegeben, ist der G-Reit zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ab Eintragung kann die geschützte Bezeichnung Reit-Aktiengesellschaft geführt werden. – Für wen ist ein Vor-Reit interessant, und wann sollte man mit den Vorbereitungen beginnen?Der Vor-Reit als Vorstufe zum G-Reit eignet sich insbesondere für institutionelle Anleger, die planen, einen G-Reit als alternatives Vehikel für die Immobilienanlage aufzusetzen, und für große Unternehmen, die ihren Immobilienbestand über einen G-Reit an die Börse bringen möchten. Das Gesetzgebungsverfahren ist bei Reits weit fortgeschritten, so dass Reits jetzt mit den Vorbereitungen, d. h. Gründung einer Immobilien-AG, deren Satzung bereits “Vor-Reit und G-Reit ready” ist, begonnen werden sollte. Hinzu kommt, dass der Anwendungszeitraum für die Exit-Tax-Regelung begrenzt ist. – Klaus Weinand-Härer ist Partner von Clifford Chance in Frankfurt.Die Fragen stellte Walther Becker.