PORTFOLIO - GASTBEITRAG

Währungsmanagement immer wichtiger

Börsen-Zeitung, 1.9.2012 Die Welt ist aus dem Gleichgewicht. Diese relativ simple Tatsache lässt sich unter anderem an den Wachstumsprognosen ablesen, die derzeit sehr zurückhaltend ausfallen. Gleich mehrere Faktoren bremsen die Konjunktur: In den...

Währungsmanagement immer wichtiger

Die Welt ist aus dem Gleichgewicht. Diese relativ simple Tatsache lässt sich unter anderem an den Wachstumsprognosen ablesen, die derzeit sehr zurückhaltend ausfallen. Gleich mehrere Faktoren bremsen die Konjunktur: In den entwickelten Volkswirtschaften steigt die Staatsverschuldung rasant an, was zu dauerhaft niedrigerem Wachstum führt. Gleichzeitig gerät die Verteilung von Vermögen und Verschuldung bei Privatpersonen und Banken immer mehr in Schieflage, woraus Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz in seinem jüngsten Buch “The Price of Inequality: How Today’s Divided Society Endangers Our Future” Wachstumsrisiken ableitet. Die Banken fahren ihre Risiken seit der Lehman-Pleite zurück; im Gegenzug steigen die Risiken bei den Zentralbanken an. Hinzu kommt die Unsicherheit aus der Euro-Krise. Hohe Aufschläge für RisikoDiese Ungleichgewichte spiegeln sich in tiefen Verwerfungen an den Finanzmärkten wider. Die Zinsen in Ländern mit “noch” bester Bonität liegen auf niedrigstem Niveau, während Risikokandidaten hohe Aufschläge zahlen müssen. Zwangsläufig ist auch der Währungsmarkt aus dem Tritt gekommen. Ein Beispiel ist der Schweizer Franken, der seit Mitte 2011 von der Schweizer Nationalbank mit umfangreichen Franken-Verkäufen und Euro-Käufen gegen eine weitere Aufwertung verteidigt wird. Der Preis dafür sind ein anhaltender Kapitalstrom in die Schweiz, Wechselkursrisiken aus den Devisenreserven sowie mittelfristige Inflationsgefahren.In der Relation zum US-Dollar belastet den Euro neben Kapitalabflüssen die Mischung einer expansiven europäischen Geldpolitik und einer sehr restriktiven Fiskalpolitik. Die sich daraus ergebenden Wachstumsunterschiede stützen den Dollar im internationalen Vergleich. Mittel- bis langfristig gibt es im Währungsbereich jedoch bessere Lösungen als die US-Währung, denn auch der amerikanische Wirtschaftsraum hat strukturelle Probleme. Viele Schwellenländer überzeugen derweil zwar mit guten Wirtschaftsdaten, verbinden dies aber mit politischen Unsicherheiten und großer Abhängigkeit von den etablierten Finanzmärkten. Außerdem gibt es auch in den etablierten Industriestaaten Länder mit langfristigem Aufwärtspotenzial.Für Währungsinvestments ergibt sich aus alldem keine eindeutige Lösung, aber eine klare Botschaft: Die langfristig entstandenen Ungleichgewichte erfordern stärker als zuvor einen bewussten Umgang mit dem Thema Währungsinvestment. Damit können Anleger ihr Risiko auf der Währungsseite mindern und gezielt zusätzliche Chancen nutzen. Zwei wesentliche Besonderheiten des globalen Devisenmarktes machen dies möglich: Erstens ist er mit einem jährlichen Umschlag von rund vier Billionen US-Dollar außerordentlich liquide, d. h., es fallen geringe Transaktionskosten an. Zweitens ergeben sich Ineffizienzen durch Akteure, die mit riesigen Volumina ohne Gewinnabsicht handeln. Dazu gehören neben staatlichen Organisationen, Touristen und grenzüberschreitend agierenden Unternehmen auch Notenbanken wie die bereits erwähnte Schweizerische Nationalbank. Nicht an Regeln gebundenFür die strategische Ausrichtung eines Währungsinvestments kommen neben diskretionären Ansätzen, die an keine Regeln gebunden sind, quantitative Methoden in Frage. Letztere haben den Vorteil, dass sie auf Basis objektiver Daten und Regeln zu jederzeit nachvollziehbaren, emotionsfreien Entscheidungen führen. Als ein solches Verfahren hat das Portfoliomanagement von Sal. Oppenheim einen Soliditätsindex entwickelt, der als strategisches Instrument im aktiven Zins- und Währungsmanagement eingesetzt wird. Auf Basis objektiver Kennziffern wie des Haushaltsdefizits, der Gesamt- und Auslandsverschuldung, der Wettbewerbsfähigkeit, des Pro-Kopf-Einkommens, der Arbeitslosigkeit, der Korruptionswahrnehmung sowie demografischer Parameter wird eine Rangliste der jeweiligen Soliditätswerte erstellt und zweimal jährlich aktualisiert. Solide Märkte auswählenEin solcher Indexwert wird für alle Länder errechnet, die nach Weltbankdefinition zur höchsten Pro-Kopf-Einkommensklasse zählen. Aus dem Index werden die attraktivsten frei konvertierbaren Währungen ausgewählt und zu einem Währungskorb aggregiert. Dieser besteht derzeit aus den Währungen von Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Schweiz, Singapur und Hongkong. Währungen aus diesen vergleichsweise soliden Märkten können im Gesamtportfolio einen Gegenpol bilden zu Euro-, Dollar- und Schwellenländerinvestments in Lokalwährung.Auf Basis der strategischen Länderauswahl lassen sich mittels taktischer Positionierungen weitere Ertragspotenziale heben. Hierbei hat sich aus unserer Erfahrung ein aktives Währungsmanagement bewährt, das quantitative Modelle und qualitative Einschätzungen kombiniert. Dies reduziert im Vergleich zu einfachen Carry Trades, mit denen man das Zinsgefälle zwischen zwei Währungen ausnutzt, die Risiken erheblich.Angesichts globaler Ungleichgewichte steigt also nicht nur die Bedeutung der Währungen als Assetklasse, sondern es steigen auch die Anforderungen an das Währungsmanagement. Sowohl bei der strategischen als auch der taktischen Ausrichtung der Investments sollten strukturierte Prozesse die Hauptrolle spielen. Dies ist umso lohnender, als Währungsinvestments die Rendite-Risiko-Struktur eines Portfolios nachhaltig verbessern können.