ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Warum es eine Regulierung 2.0 geben muss

Börsen-Zeitung, 28.5.2013 Mit dem geplanten Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist die Regulierung des sogenannten grauen Kapitalmarktes zwar auf einem guten Weg. Die wirklichen Herausforderungen liegen jedoch noch vor uns, und die Branche sollte sie...

Warum es eine Regulierung 2.0 geben muss

Mit dem geplanten Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist die Regulierung des sogenannten grauen Kapitalmarktes zwar auf einem guten Weg. Die wirklichen Herausforderungen liegen jedoch noch vor uns, und die Branche sollte sie als Riesenchance begreifen.Wie das aussehen kann, hat der Aktienmarkt in den letzten zehn Jahren vorexerziert. Wir erinnern uns: Nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 mit dramatisch gefallenen Kursen und einer massiven Vernichtung von Vermögenswerten folgte ein tiefgreifender Regulierungsschub, welcher zu mehr Transparenz, einer stärkeren Ausrichtung auf Aktionärsinteressen und strengeren Bilanzierungsvorschriften führte.War der Aufschrei in der Branche auch zunächst groß, so ist inzwischen eines klar: Sie hat davon profitiert. Ein weiterer Sturz der Aktienkurse konnte verhindert und das Vertrauen der Anleger zurückgewonnen werden. Im Ergebnis wurde das Finanzsystem stabilisiert. Anlegergelder verlorenNicht besser sieht heute die Situation bei der Mehrzahl der geschlossenen Fonds aus. Durch Pleiten und (Betrugs-)Skandale haben viele Anleger viel Geld verloren, so dass sie sich nun auf andere – vermeintlich risikoärmere – Investments verlassen. Allein innerhalb der letzten zwölf Monate sank das bei Privatanlegern platzierte Eigenkapital laut Verband Geschlossene Fonds (VGF) um fast die Hälfte. Bei institutionellen Investoren betrug der Rückgang sogar mehr als drei Viertel. Nach Angaben der Ratingagentur Feri war 2012 das schwächste Jahr der Branche seit Beginn der Erhebung 1993. Es ist also höchste Zeit für eine grundsätzliche Neuausrichtung der gesamten Anlageklasse. Schutz vor VerlustenDabei muss es um mehr gehen als derzeit von der Legislative vorgesehen. So wichtig es auch ist, sich über Themen wie Risikostreuung, Fremdkapitalanteil oder Mindestzeichnungssumme der Produkte Gedanken zu machen. Allein: Vor Vermögensverlust schützen diese Maßnahmen niemanden. Das Problem der geschlossenen Immobilienfonds ist nicht die Situation bei Emission, sondern anschließend während der Laufzeit. Oder wie es Tilman Welther vom renommierten Branchendienst Fondstelegramm so treffend formulierte: “Über Jahre wurden viel zu teure Objekte in Fonds eingebracht oder mit Emissions- und Vertriebskosten überfrachtet – und dann schlecht gemanagt.”Wirkliches Anlegerinteresse wird somit durch die qualitative Auswahl und Bewirtschaftung der Assets durch einen Fondsmanager gewahrt, der ein substanzielles Interesse an einer guten Performance der Beteiligung während und am Ende der Laufzeit hat, sowie durch eine höchstmögliche Transparenz. Reportings verschärfenWas letztere betrifft, so ist im aktuellen KAGB-Entwurf zwar ein erster Schritt getan, wenn beispielsweise künftig die Immobilien von geschlossenen Fonds regelmäßig bewertet werden sollen. Das reicht jedoch bei weitem nicht aus, zumal keine Unabhängigkeit der Bewerter vorgeschrieben ist. Wesentlich verschärft werden müssen die Reporting-Standards. Benchmark sollten dabei das institutionelle Immobiliengeschäft sowie die börsennotierten Gesellschaften sein. Eingeführt werden sollten fondsbezogene Quartalsberichte, die über den Zustand des Investments informieren sowie anhand von Soll-Ist- Vergleichen über die wirtschaftliche Entwicklung, Sondereinflüsse und die Entwicklung des Standortes berichten und somit für einen kontinuierlichen Informationsfluss sorgen.Dabei sollte sich jeder Bericht auf die jeweilige Einzelanlage konzentrieren, um den Investor gezielt über seine Beteiligung zu informieren. In der Verantwortung jedes Anleger liegt es dann, diese Information auch abzufordern. LeistungsbilanzenEin weiterer Aspekt bezieht sich auf die Leistungsbilanz als wesentliche Vergleichs- und Entscheidungshilfe für Investoren: Diese sollte künftig nicht erst Ende September des Folgejahres erscheinen, wie derzeit vom VGF vorgegeben. Vielmehr sollte sie – wie es auch bei börsennotierten Gesellschaften der Fall ist – bereits bis zur Jahresmitte vorgelegt werden müssen. Allein dies ist schon ambitioniert, wenn man bedenkt, dass im vergangenen Jahr nur 29 der 41 VGF-Mitglieder ihre Leistungsbilanzen fristgemäß veröffentlicht haben. Gebühren senkenUm das Image der geschlossenen Fonds nachhaltig zu verbessern und das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen, ist es zudem erforderlich, auch bei den Gebührenstrukturen und der laufenden Bewirtschaftung strengere Vorgaben anzulegen. Es gilt, die sogenannten Upfront Fees radikal zu senken und flächendeckend eine erfolgsabhängige Fonds- und Asset-Management-Gebühr einzuführen, die sich nach der Wert- und Cash-flow-Entwicklung des Objekts bemisst.Idealerweise sollten Asset Manager nur dann eine Vergütung in voller Höhe bekommen, wenn die im Prospekt aufgeführten Ausschüttungen auch tatsächlich geleistet werden. Wird weniger ausgeschüttet, sollte die Ausschüttung aus den Management-Vergütungen aufgefüllt werden. Das kann im Extremfall dazu führen, dass das Fondsmanagement vollständig auf seine Vergütung verzichten muss. Umgekehrt sollte gelten: Wird mehr ausgeschüttet als prospektiert, dann erhält das Management einen prozentualen Anteil des Mehrertrags.Außerhalb Deutschlands werden solche erfolgsorientierten Vergütungen gesetzlich weit umfangreicher vorgeschrieben und realisiert, so beispielsweise im asiatisch-pazifischen Raum. Es wäre wünschenswert, wenn auch unsere Regierung ein verbindliches erfolgsabhängiges Vergütungsmodell einführen würde. Das könnte einerseits den Fondsmanager davon abhalten, unnötige Risiken bei einzugehen, wenn er Investitionen für den Fonds vornimmt, und andererseits die weichen Kosten reduzieren.Auf diese Weise würde eine wirkliche Interessenkongruenz von Anleger und Produktanbieter erzielt. Es würde zudem automatisch dazu führen, dass einige unseriöse Anbieter vom Markt verschwinden, denen es überhaupt nur deshalb gelingt, Vermittler für ihre Produkte zu finden, weil sie exorbitant hohe Provisionen zahlen, wie es sie bei anderen Investmentprodukten nicht gibt. Weg vom Schmuddel-ImageSollten die hier genannten Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden, quasi als “Regulierung 2.0”, so bedeutet dies für die Fondsbranche natürlich, dass sie ihre bisherigen Freiheiten teilweise aufgeben und sich strengeren Regularien unterwerfen muss. Gleichzeitig ist es aber auch der einzige Weg, damit die Branche ihr Schmuddel-Image abwerfen und vom grauen in den weißen Kapitalmarkt wechseln kann.Nur so werden die Anleger wieder mehr Vertrauen fassen und der Abwärtstrend kann endlich gestoppt werden – wie es schließlich auch auf dem Aktienmarkt der Fall war.—-Dirk Hasselbring Vorsitzender der Geschäftsführung Hamburg Trust Grundvermögen und Anlage