Recht und Kapitalmarkt

Weg für den Ausstieg aus den Staatshilfen ist frei

Restrukturierungsgesetz erweitert die Möglichkeiten zur Rückführung der Soffin-Beteiligungen

Weg für den Ausstieg aus den Staatshilfen ist frei

Von Wolfgang Groß und Andreas Stoll *)Nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit wurden Mitte Dezember letzten Jahres durch die Änderung des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes die Möglichkeiten zur Rückführung der Staatshilfen an Banken erweitert. Nahezu unbemerkt deshalb, weil diese Gesetzesänderung Teil des sogenannten Restrukturierungsgesetzes ist, von dem im Wesentlichen die Regelungen zur Bankenabgabe und geordneten Reorganisation von Kreditinstituten diskutiert wurden.Die erweiterten Möglichkeiten des Ausstiegs des Finanzmarktstabilisierungsfonds, nachfolgend kurz: Soffin, sind es wert, näher beleuchtet zu werden, sind sie doch deutlicher Ausdruck des ordnungspolitischen Willens des Gesetzgebers, in Zeiten der Krise vom Staat übernommene Beteiligungen an Banken nach Erreichen des Stabilisierungszwecks zügig zurückzuführen.Das, was in den USA bei den großen Banken, zuletzt mit dem Ausstieg des Staates aus der Citigroup, gelungen ist, soll auch in Deutschland bei Banken, die Staatshilfen in Form stiller oder direkter Beteiligungen in Anspruch nehmen, so z. B. Aareal Bank, Commerzbank, Hypo Real Estate und WestLB, erleichtert werden. SonderregimeSchon bisher hielt das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz ein gesellschafts- und kapitalmarktrechtliches Sonderregime für Rekapitalisierungsmaßnahmen des Soffin bereit: So galt schon bisher die Grenze von 50 % des bestehenden Grundkapitals als Obergrenze für ein bedingtes oder genehmigtes Kapital nicht, wenn dieses der Beteiligung des Soffin dienen soll. Für eine Hauptversammlung, in der über eine Kapitalerhöhung, ein bedingtes oder über ein genehmigtes Kapital beschlossen werden soll, gilt eine verkürzte Einberufungsfrist und ein näher an der Hauptversammlung liegender Record Date. Auch die Mehrheitserfordernisse für solche Hauptversammlungsbeschlüsse sind abgeschwächt, eine stille Beteiligung des Soffin kann mit Zustimmung der Hauptversammlung auch mit einem Umtauschrecht in Aktien ausgestattet werden. Eintragungen im Handelsregister erfolgen in einem beschleunigten Verfahren mit einer eingeschränkten, sich nur auf Nichtigkeitsgründe beziehenden Rechtmäßigkeitskontrolle, und wertpapierhandels-, übernahme- und börsenrechtliche Bestimmungen gelten nicht oder nur eingeschränkt.Das Restrukturierungsgesetz hat einige Unklarheiten der bisherigen Regelungen beseitigt:Neu eingefügt wurde eine umfassende Definition des “Zusammenhangs mit einer Rekapitalisierung”, der Voraussetzung für die Anwendung des Sonderregimes ist. Wann dieser Zusammenhang vorliegt, war bislang nicht geregelt und konnte im Einzelfall zweifelhaft sein, insbesondere, wenn es nicht mehr um die eigentliche Sanierungsmaßnahme, sondern um deren Umgestaltung oder gar Beendigung ging. So erschien es z. B. nicht als gesichert, dass ein bedingtes Kapital zur Absicherung eines Umtauschrechts des Soffin für eine bereits geleistete stille Einlage auch noch nachträglich vereinbart werden konnte. Diese Unsicherheit wurde nun durch eine sehr umfassende gesetzliche Regelung des “Zusammenhangs mit einer Rekapitalisierung” beseitigt.Erfasst werden soll nach dem Willen des Gesetzgebers jede Maßnahme, die im Ergebnis eine Rückführung der Beteiligung des Soffin unmittelbar (z. B. Durchführung einer Kapitalerhöhung, deren Erlös der Rückgewähr der stillen Einlage dient) oder mittelbar (z. B. über die auch nachträglich mögliche Einführung eines Wandlungsrechts für eine stille Beteiligung in dann veräußerbare Aktien) dient. Somit ist z. B. auch unzweifelhaft, dass der Vorstand von der Hauptversammlung ermächtigt werden kann, zur Beendigung einer Sanierungsmaßnahme das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen (genehmigtes Kapital), ohne dabei auf 50 % des bestehenden Grundkapitals beschränkt zu sein.Klargestellt wird auch, dass die ansonsten geltende strenge aktienrechtliche Differenzierung zwischen Bar- und Sacheinlage für Stabilisierungsmaßnahmen des Soffin nur eingeschränkt gilt. Bei Direktkapitalerhöhungen galt schon bisher, dass der Soffin vorherige Leistungen in das Gesellschaftsvermögen einer neu übernommenen Bareinlagepflicht zuordnen konnte und so von dieser befreit wurde. Nun wird klargestellt, dass auch eine bestehende stille Einlage eingebracht werden kann, ohne dass hierauf die im “Normalfall” einschlägigen Vorschriften über Sacheinlagen (z. B. Sacheinlageprüfung) anwendbar sind. Soll eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden, bei welcher der Soffin seine stille Einlage und die übrigen Aktionäre Bargeld leisten, ist dies insgesamt eine Barkapitalerhöhung. Dabei kann der in bar erzielte Emissionserlös auch für die (anteilige) Rückgewähr des verbliebenen Teils der stillen Einlage verwendet werden, selbst wenn diese noch nicht fällig sein sollte. Hier wird ausdrücklich klargestellt, dass die vorzeitige Rückgewähr keinen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsregeln darstellt.In Erweiterung der bereits bestehenden Sonderermächtigung zur Schaffung eines bedingten Kapitals zur Absicherung von Soffin-Umtauschrechten kann nunmehr der Soffin unter Einbringung einer stillen Beteiligung zur Zeichnung von Wandelschuldverschreibungen zugelassen werden. Auch hier gelten, wie bereits für die Direktkapitalerhöhung beschrieben, die Sacheinlagevorschriften nicht.Eine wesentliche Neuerung besteht darin, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeiten des Kapitalmarktes anerkennt und darauf angemessen reagiert. Eine Kapitalerhöhung wird in der Regel nur mit einem Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs durchgeführt werden können. Dieser Abschlag findet aber dort seine gesetzliche Grenze, wo der aktienrechtliche Mindestausgabebetrag unterschritten würde. Der Mindestausgabebetrag kann durch eine Kapitalherabsetzung verringert werden. Da sich durch diese rein buchhalterische Maßnahme der Wert des Unternehmens nicht ändert, bleibt der Börsenkurs gleich, die Differenz zwischen Börsenkurs und Mindestausgabebetrag erhöht sich aber und damit auch die Möglichkeit eines Abschlags vom Börsenkurs, ohne den Mindestausgabebetrag zu unterschreiten. Genau hier setzt die Neuregelung an und verzichtet auf die ansonsten aktienrechtlich bei einer Kapitalherabsetzung erforderliche Sicherheitsleistung, wenn im Umfang der Kapitalherabsetzung gleichzeitig eine Kapitalerhöhung erfolgt. Die Gesellschaftsgläubiger werden dann durch diese Maßnahme nicht berührt. Gleiches dürfte selbst ohne parallele Kapitalerhöhung gelten, wenn der Herabsetzungsbetrag in die Kapitalrücklage eingestellt wird. Der in eine andere Richtung deutende Wortlaut der Neuregelung dürfte auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen sein. Ordnungspolitisch gebotenDie Beteiligungen des Soffin waren aus der Not geboren, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Diese Beteiligungen nach Erreichen des Stabilisierungszwecks zügig zurückzuführen, ist ordnungspolitisch nicht nur sinnvoll, sondern zwingend geboten und, wie uns andere Länder bewiesen haben, auch machbar. Die durch das Restrukturierungsgesetz vorgenommenen Klarstellungen und neu eingeführten Möglichkeiten gehen in die richtige Richtung. Jetzt sind die Hauptversammlungen gefordert.Für Publikumsgesellschaften bietet es sich an, die erforderlichen Beschlüsse in der ordentlichen Hauptversammlung fassen zu lassen. Dafür kann – entgegen vereinzelt vertretener Ansicht – auch für die anderen in der ordentlichen Hauptversammlung zu behandelnden Tagesordnungspunkte die verkürzte Einladungsfrist angewendet werden. Die ausdrückliche Ermächtigung hierzu galt schon vor dem Restrukturierungsgesetz. Man kann nur hoffen, dass die Gesellschaften die neuen Möglichkeiten ergreifen und damit die Grundlagen für einen baldigen Ausstieg des Staates schaffen.—-*) Dr. Wolfgang Groß ist Partner und Dr. Andreas Stoll ist Associate im Frankfurter Büro von Hengeler Mueller.