Finanzen persönlich

Wer gefeuert werden darf und wer nicht

Strenge Auswahlkriterien bei Entlassungen

Wer gefeuert werden darf und wer nicht

Von Andreas KunzeDie Wirtschaftskrise macht immer mehr Firmen in Deutschland zu schaffen. Läuft Kurzarbeit aus, folgen Entlassungen. Aber wen trifft es als Ersten? In Betrieben mit regelmäßig mehr als zehn Beschäftigten gilt für Mitarbeiter, die länger als sechs Monate angestellt sind, das Kündigungsschutzgesetz. Das bedeutet: Der Betrieb kann nur dann entlassen, wenn es “sozial gerechtfertigt” ist und ein Grund vorliegt. Ein Konjunktureinbruch reicht meist als Grund. Gekündigt wird dann “betriebsbedingt”. Ob ein Mitarbeiter aber konkret davon betroffen sein darf, hängt von der Sozialauswahl ab. Arbeitsgerichte prüfen genauDer Arbeitgeber muss dafür Mitarbeiter mit vergleichbaren Tätigkeiten gegenüberstellen und nach sozialen Kriterien bewerten, wer am wenigsten auf den Job angewiesen ist. Das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Unterhaltspflichten sowie eine eventuelle Schwerbehinderung sind dafür entscheidend. Hat der Arbeitgeber das nicht genügend beachtet, kann das Arbeitsgericht eine Kündigung als unwirksam erklären. Dafür muss innerhalb von drei Wochen Klage eingereicht werden.Tätigkeiten: Einzubeziehen sind grundsätzlich alle Mitarbeiter eines Betriebs mit vergleichbaren Tätigkeiten, nicht nur jene Abteilungen, in denen Jobs gestrichen werden sollen. Die tarifliche Eingruppierung gilt als ein Indiz dafür, welche Mitarbeiter vergleichbar sind. Entscheidend ist aber, wer ohne Änderung des Arbeitvertrages die Tätigkeiten ausüben könnte. Wenn Arbeitnehmer weitgehend austauschbar sind, müssen sie in die Auswahl einbezogen werden.Versetzungsrecht: Ein eng gefasster Arbeitsvertrag kann sich dabei als nachteilig erweisen, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt: Darf ein Arbeitnehmer gegen seinen Willen nicht versetzt werden, müssen Mitarbeiter anderer Betriebsabteilungen auch nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden, entschied das BAG (Az: 2 A ZR 142/99). Umgekehrt folgt daraus: Besteht ein weitgehendes Versetzungsrecht, ist der Kreis der einzubeziehenden Mitarbeiter größer.Sozialdaten: Der Arbeitgeber muss die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung berücksichtigen. Wie er sie dann innerhalb eines Punktesystems gewichtet, bleibt ihm überlassen. Grob fehlerhaft und damit vor Gericht angreifbar wäre es nur, wenn keine Ausgewogenheit zu erkennen ist. So darf das Schwergewicht auf die Unterhaltspflichten gelegt werden, urteilte das BAG (Az: 2 A ZR 142/99). Da der Gesetzgeber Beurteilungsspielraum eingeräumt habe, komme der Dauer der Betriebszugehörigkeit keine Priorität zu.Besonderer Schutz: Unter besonderem Kündigungsschutz stehen Auszubildende, Schwerbehinderte, Wehr- und Zivildienstleistende, Betriebsratsmitglieder sowie Schwangere und Mütter von Neugeborenen. Für diese Mitarbeiter bestehen Sondervorschriften, die eine Entlassung erschweren. So gilt für Schwangere eine Kündigungshürde, wenn sie zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger waren. Um das zu klären, wird vom voraussichtlichen – ärztlich bescheinigten – Entbindungstermin zurückgerechnet, und zwar um 280 Tage.