Immobilien - Interview mit Eckart John von Freyend, Vorstandsvorsitzender IVG

"Wir brauchen liberales Reit-Gesetz"

Vorteil als Spätstarter nutzen - Kontrolle durch den Kapitalmarkt

"Wir brauchen liberales Reit-Gesetz"

Noch hat die Bundesregierung nicht abschließend entschieden, ob es auch in Deutschland Real Estate Investment Trusts (Reits) geben wird. Derzeit geben sich die Lobbyisten in Berlin die Klinke in die Hand, um ihren Einfluss auf die Ausgestaltung einer möglichen Reit-Gesetzgebung sicherzustellen. Die Börsen-Zeitung sprach mit Eckart John von Freyend, dem Vorstandsvorsitzenden der börsennotierten IVG, über Reits. – Herr Dr. John von Freyend, warum braucht Deutschland Reits? Weil Reits weltweit eine interessante Immobilienklasse geworden sind. Reits gibt es seit 30 Jahren. Heute sind sie in 19 Ländern eingeführt, also praktisch in allen großen Volkswirtschaften. In Großbritannien wird die Gesetzgebung seit geraumer Zeit vorbereitet und nach den Wahlen vermutlich relativ schnell durchgesetzt. Im Grunde ist der offene Immobilienfonds ein Reit ohne Börse. Wenn man den Gedanken des offenen Fonds übersetzt und so umgestaltet, dass er von der Börse und nicht von der BaFin kontrolliert wird, dann sind wir beim Reit. Mit der Einführung von Reits wären wir Teil einer weltweiten Struktur, die Investorenkapital nach Deutschland, Europas größtem Immobilienmarkt, bringt. – Würde die IVG nach der Einführung von Reits umgewandelt?Es kommt darauf an, wie das Reit-Gesetz aussieht. Alles ist denkbar. Beispielsweise, dass die IVG ein Reit wird, dass Teile der IVG ein Reit werden, dass die IVG unter einer Obergesellschaft mehrere Reits hat. Umgekehrt gilt aber auch: Wenn die Reit-Struktur in Deutschland nicht kommt und internationales Kapital in hohem Maße an Deutschland vorbeiläuft, dann könnten wir gezwungen sein zu schauen, wo sich die IVG in den vorhandenen Reit-Strukturen den richtigen organisatorischen Mantel schafft. Wir hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber Reits einführt und dabei den Vorteil als Spätstarter nutzt, Fehler zu vermeiden und ein besonders liberales und international interessantes Konstrukt zu bauen. – Was sind Fehler der anderen?Damit meine ich, dass sich der Gesetzgeber anschauen sollte, welche Reit-Strukturen besonders gut laufen. Dabei sind viele technische Elemente zu berücksichtigen. Wie hoch muss die Ausschüttung sein? Was kann in Reits enthalten sein? Darf neben Portfoliogeschäft auch Projektentwicklung enthalten sein? Wie hoch darf der Leverage in Reits sein? Wie reguliert ist ein solches Instrument? Bei ausreichend liberaler Ausgestaltung können Reits das Immobilienanlagespektrum in Deutschland wirkungsvoll ergänzen. – Sehen Sie die strategischen Möglichkeiten der Immobiliengesellschaften unter einer Reit-Struktur durch die nahezu vollständige Gewinnausschüttung als stark eingeschränkt an?Das ist ein wesentliches Thema. Wenn die Gewinne fast vollständig ausgeschüttet werden, müssen die Gesellschaften jedes Jahr Kapitalerhöhungen machen. Irgendwie muss die Gesellschaft ja wachsen können. Andernfalls werden Reits eine ganz langweilige Veranstaltung, die sich auf die Verwaltung von Beständen konzentriert. Aber die US-Verhältnisse zeigen, dass eine Reit-Struktur sehr lebendig sein kann. Man kann aus der Beobachtung der Umwelt eine Menge lernen, um ein spannendes Produkt zu machen, das Chancen hat, in seiner intellektuellen Substanz exportiert zu werden. – Sollten die Reits dem Investmentgesetz unterworfen werden?Eindeutig nein. Es ergibt keinen Sinn, einen Reit einmal der bürokratischen und einmal der Marktkontrolle zu unterwerfen. Wie in allen anderen Ländern sollte der Reit auch in Deutschland der Kontrolle des Kapitalmarktes unterworfen sein, der offene Fonds dagegen dem Investmentgesetz. Dann hat der Verbraucher die Wahl, und der Wettbewerb wird zeigen, wohin die Präferenzen gehen. – Bedeutet die Einführung von Reits das Ende der herkömmlichen Immobilien-AG?Das könnte sein. Das hängt von der Ausgestaltung ab. Wenn man nach Amerika schaut, stellt man fest, dass es außerhalb des Reit faktisch keine klassischen Aktienimmobiliengesellschaften gibt. Der Reit deckt das praktisch ab, und die IVG Immobilien AG bliebe die IVG Immobilien AG, aber eben mit Reit-Status.Das Gespräch führte Annette Becker. – Bericht Seite 11