Investmentfonds - Interview mit Farid Samji

"Wir können als Investoren die Golfregion nicht ausklammern"

Fondsmanager der Credit Suisse erwartet hohe Wachstumsraten im Nahen Osten und in Nordafrika - Große Chancen für Anleger

"Wir können als Investoren die Golfregion nicht ausklammern"

Die Golfregion wird von den meisten Investoren vor allem wegen des Erdölvorkommens wahrgenommen. Allerdings gebe es noch weitere gute Gründe, sein Geld in der Region anzulegen, sagt Farid Samji. Der in Tansania geborene Fondsmanager ist bei der Credit Suisse für den Fonds “Equity Middle East & North Africa” verantwortlich.- Herr Samji, was macht den Nahen Osten und Nordafrika aus Ihrer Sicht derzeit für Investoren attraktiv?Es handelt sich um eine Region mit extrem hohen Wachstumsraten. Nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds wird das Bruttoinlandsprodukt von Qatar im kommenden Jahr rund 17 % wachsen, für Ägypten werden ungefähr 5 % erwartet und für Saudi Arabien 5 bis 5,5 %. Angesichts der negativen oder sehr niedrigen Raten beispielsweise in Europa oder den USA ist das enorm viel. Darüber hinaus zählt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in den Staaten der Golfregion zu den höchsten der Welt, die Menschen werden ihr Geld ausgeben müssen. Wir können als Investoren die Golfregion nicht ausklammern.- Die Frage ist aber doch, ob sie das Geld in der Region ausgeben werden und nicht Konzerne aus anderen Gegenden wie etwa Fernost davon profitieren.Der Anteil der unter 25-Jährigen in der Golfregion liegt bei annähernd 50 %. Das sind Leute, die alle irgendwann Mobiltelefone brauchen, die brauchen ein schnelles Internet und gute Computer. Dafür werden Einkaufszentren benötigt, davon profitieren die Baukonzerne. Vieles davon wird in der Region her- oder bereitgestellt. Wir sehe da für Investoren große Chancen.- Gleichwohl ist die Region den meisten Investoren wegen ihrer Rohstoffe bekannt.Natürlich spielen Öl und Gas in der Golfregion eine sehr prominente Rolle. Aber die Staaten verdienen damit auch sehr viel Geld, selbst bei vergleichsweise niedrigen Energiepreisen. Das Geld sparen sie an, um damit große Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren. Das werden sie tun, und daran können wir mitverdienen.- Inwiefern?Saudi Arabien etwa hat in den kommenden Jahren große Herausforderungen vor sich. Es fehlen mehrere hunderttausend Häuser, es fehlten 1 000 Schulen, die in den kommenden sechs Jahren gebaut werden sollen. In den kommenden zehn Jahren sollen 5 000 Krankenhäuser gebaut werden. Die Regierung kann und will diese Pläne umsetzen, weil sie das Geld dafür hat. Wir investieren deshalb in Unternehmen wie Arabtech aus Abu Dhabi, die an diesen Infrastrukturprojekten stark beteiligt sind.- Aber wird das nicht irgendwann in der Zukunft keine Rolle mehr spielen, wenn das Öl nicht mehr sprudelt?Die Region rüstet sich für diese Zeit. Die großen Universitäten aus der alten Welt sind alle schon am Golf vertreten, die Harvard Medical School in Dubai, die französische Sorbonne in Abu Dhabi und die US-amerikanische Cornell in Qatar. Unlängst wurde eine Stadt für das Hauptquartier der Internationalen Agentur für Alternative Energien (Irena) gesucht, an der 130 Staaten beteiligt sind. Bislang gingen solche Prestigeobjekte immer in die entwickelten Länder, jetzt ist es Abu Dhabi. Und Abu Dhabi nutzt die Chance und veranstaltet Spitzentreffen und Kongresse.- Hat das nicht die Aufmerksamkeit zahlreicher großer Investoren geweckt?Staatsfonds beginnen ihr Geld nicht mehr nur in den entwickelten Märkten zu investieren, sondern gehen zurück in die Region. Auch sie blicken in die Zukunft, beteiligen sich an großen Konzernen etwa in der Stahlverarbeitung oder dem Automobilbau und versuchen, von dort Knowhow auch in die eigene Region zu transportieren.- Ein Beispiel?IPIC, der Staatsfonds von Abu Dhabi, hat gut 70 % an MAN Ferrostaal übernommen und hält einen ordentlichen Anteil an Chrysler. Jetzt baut der Fonds in Algerien eine Automobilfabrik. Algerien hat viele Rohstoffe, Aluminium, aber kaum Industrie, die das nutzt. Das ist purer Technologietransfer.- Wo sehen Sie weitere Chancen?Es gibt so vieles, Billig-Airlines zum Beispiel. Die haben in Europa und in den USA kräftige Marktanteile, jeweils von 30 bis 35 %. Im Nahen Osten sind es 6 %. Da liegt enormes Potenzial. Air Arabia hat in Sharjah in den Emiraten angefangen, jetzt hat sie einen weiteren Stützpunkt in Casablanca und wächst weiter. Die haben in den vergangenen Jahren jeweils rund 30 % mehr Passagiere befördert. Andere große Chancen sehen wir im Bereich der Mobilfunkindustrie und der Versorgung der Bevölkerung mit schnellen Internetleitungen.- Wie beurteilen Sie die politischen Risiken der Region?Ich sehe in der Golfregion kaum politische Risiken, es handelt sich um stabile politische Systeme und es gibt dort keine nennenswerten politischen Aufstände. Die Einwohner der meisten Staaten sind mit den politischen Strukturen alles in allem zufrieden.—-Das Interview führte Martin Hampel.