ASSET MANAGEMENT - HALBJAHRESPRESSEKONFERENZ VON UNION INVESTMENT

Wirtschaftliche Erholung und politische Risiken

Union Investment rechnet mit anhaltendem Niedrigzinsumfeld und fortgesetztem Aufschwung an den Aktienmärkten

Wirtschaftliche Erholung und politische Risiken

ski Hamburg – Die unangenehmen politischen Wahrheiten dürften nach der Bundestagswahl kommen, unabhängig vom Wahlausgang. Davon geht Jens Wilhelm aus, als Vorstandsmitglied von Union Investment verantwortlich für das Portfoliomanagement und Immobilien. Der Druck aus den hoch verschuldeten Ländern werde zunehmen, für Euroland wachstumsstimulierende Maßnahmen zu beschließen und die Austeritätspolitik zurückzufahren, und die künftige Bundesregierung werde diesem Druck wohl nachgeben, meinte Wilhelm auf der Halbjahrespressekonferenz der genossenschaftlichen Fondsgruppe auf die Frage nach politischen Risiken für die Kapitalmärkte.Dann stehe zudem die “Asset Quality Review” bei den europäischen Banken vor Übernahme der Aufsicht durch die EZB an. Auch hier sind negative Überraschungen denkbar. Und schließlich kann sich Wilhelm auch vorstellen, dass in einem weiteren Versuch zur Bewältigung der Euro-Krise ein europäischer Schuldentilgungsfonds nach der Wahl wieder intensiver diskutiert wird. Sämtliche politischen Risiken, darunter auch eine womöglich abnehmende Unterstützung der Euro-Rettungspolitik durch die Bevölkerung, das ausstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur EZB-Politik oder ein weiterer Schuldenschnitt für Griechenland, seien indes “schwer greifbar”. Wilhelm erkennt bisher jedenfalls vor allem einen starken politischen Willen, die Währungsunion in ihrer heutigen Gestalt zu erhalten. Pulver verschossenAn den Kapitalmärkten registriert der oberste Portfoliomanager von Union Investment Zuversicht, dass sich der vom geldpolitischen Kurs der Notenbanken gestärkte Aufschwung fortsetze – in Zukunft auch bei abnehmender Unterstützung durch die Währungshüter. Das geldpolitische Pulver sei ohnehin erst einmal verschossen, die Wirkung etwa des Quantitative Easing der amerikanischen Fed habe von Mal zu Mal nachgelassen. “Mehr geht da nicht.” Im Gegenteil müsse irgendwann der Exit vorbereitet werden. Dabei gelte es, “Unfälle” zu vermeiden, wie sie zuletzt in den USA passiert seien.Den Beginn des Zinserhöhungszyklus in den USA erwartet Wilhelm erst Ende 2014 oder Anfang 2015. Der rhetorische Spagat von Ben Bernanke scheine nach den anfänglichen Irritationen jetzt zu funktionieren. Die vom Fed-Chef signalisierte moderate Rückführung der Anleihekäufe sei ein Szenario, mit dem der Kapitalmarkt leben könne. Die EZB werde noch mindestens bis 2015 an ihrer Niedrigzinspolitik und begleitenden Liquiditätsmaßnahmen festhalten, um die wirtschaftliche Stabilisierung in der Eurozone nicht zu gefährden. Während das konjunkturelle Umfeld in den USA schon “ganz solide” sei, komme zwar auch die Eurozone langsam wieder in Tritt, allerdings von einer schwachen Basis aus. Nach einem leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr sei hier 2014 ein Wachstum von knapp unter 1 % realistisch. Mit Blick auf China hält Wilhelm Ängste vor einer Systemkrise für übertrieben. Das Wachstumsziel der Regierung von 7,5 % dürfte in diesem Jahr erreicht werden, große Impulse seien aber nicht zu erwarten. Insgesamt bleibe die Weltwirtschaft auf einem moderaten, disinflationären Wachstumskurs.Vor diesem Hintergrund sagt Wilhelm einen anhaltenden Aufschwung an den Aktienmärkten voraus, wiewohl die Entwicklung jetzt “holpriger” verlaufen dürfte. “Nicht wundern” würde er sich, wenn der Dax auf Sicht von zwölf Monaten in Richtung 9 000 Punkte unterwegs wäre. Die Kurse an den weltweiten Aktienmärkten seien heute so gut wie nie zuvor durch Substanz, sprich: Gewinne, gedeckt. Zyklischere Substanzwerte wiesen Nachholpotenzial auf, sie favorisiert er zurzeit gegenüber Wachstumsaktien. An den Rentenmärkten bleibe das Anlageumfeld herausfordernd. Nach den jüngsten Überreaktionen rechnet Wilhelm zunächst mit relativ stabilen Renditen in Bundes- wie auch in US-Staatsanleihen. Anleger sollten kurze Laufzeiten bzw. Laufzeitfonds präferieren, um Renditen zu sichern und Kursverluste zu vermeiden.