Asset Management

Wohlhabende Amerikaner wünschen sich den Finanzberater als Therapeuten

Allianz Life untersucht Erbschaften in USA - Markt hat Billionen-Volumen - Gespräch mit CEO Mark Zesbaugh

Wohlhabende Amerikaner wünschen sich den Finanzberater als Therapeuten

Von Bernd Neubacher, New YorkDem Eindruck, Allianz Life sei nicht schon bisher ausreichend auf den erwarteten Wohlstandstransfer durch Erbschaften in den USA vorbereitet gewesen, tritt Mark Zesbaugh, Chief Executive Officer (CEO) der US-Tochter des Versicherers, entgegen. Die rund 240 000 unabhängigen Agenten, registrierten Repräsentanten und Finanzberater im Netz der Allianz Life hätten sich längst vor allem auf die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1945 und 1965 eingestellt, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Allianz Life sei es gleichwohl um ein besseres Verständnis der so genannten Babyboomer-Generation im Verhältnis zu ihren Eltern gegangen. Mit ihrer American Legacy Study legt Allianz Life nun die nach ihren Angaben bisher weitreichendste Untersuchung zum Thema vor. Marktforschung lohnt sichDie Branche der Finanzdienstleister sieht sich einem Markt von beträchtlichen Ausmaßen gegenüber: Studien zufolge werden in den kommenden 50 Jahren allein in den Vereinigten Staaten 25 Bill. Dollar vererbt, von denen gut 7 Bill. direkt unter Babyboomern verteilt werden. In anderen Analysen werden gar Summen von bis zu 136 Bill. Dollar aufgerufen. Da lohnt es sich, die Motive der Kunden zu erforschen.In der Tat hat die Erhebung unter rund 2 600 Menschen, die nach dem Zufallsprinzip ausgesucht wurden, dem Auftraggeber Allianz Life manch interessante Erkenntnis gebracht. So ist den Befragten bei einer Erbschaft das persönliche Verhältnis zu ihrem Berater wichtiger als die Performance. Als zentrale Qualitäten gelten generationsübergreifend Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit, Mitgefühl, die Fähigkeit zum Zuhören sowie zur Kommunikation. Oprah Winfrey und Buffett Der ideale Berater für beide Generationen ist danach zu einem Drittel Anwalt, zu einem Viertel Finanzberater sowie zu je einem Fünftel Buchhalter und Therapeut. So nennen Babyboomer als idealen Erbschaftsberater am häufigsten die amerikanische Talkmasterin Oprah Winfrey. Bei den älteren Befragten steht der Prediger Billy Graham hoch im Kurs. Wohlhabendere in beiden Generationen setzen unterdessen am ehesten auf den Investor Warren Buffett. Funkstille bei BabyboomernDie Fähigkeit zur Kommunikation tut offenbar Not, denn zwischen den Generationen herrscht offenbar des Öfteren Funkstille. Laut Allianz Life hat die Erhebung gezeigt, wie die von Babyboomern und deren Eltern nach den siebziger Jahren überwunden geglaubten Kommunikationsprobleme beim Thema Erbschaft wieder zu Tage treten. Zwar gäben die Befragten an, die Frage eingehend mit der anderen Generation zu erörtern. Meist verliefen die Diskussionen jedoch wenig ergiebig, stellte Allianz Life fest. Schon in der Frage, was unter einer Erbschaft zu verstehen sei, gingen die Ansichten in beiden Generationen auseinander. Vier zentrale ThemenBei einer erfolgreichen Nachlassplanung müsse der Erhebung nach vor allem über vier Dinge gesprochen werden: Am wichtigsten sind demnach Werte und Lebenserfahrung, anschließend Wünsche und Anweisungen der Älteren sowie der persönliche Besitz, der einen hohen emotionalen Wert hat. Erst an vierter Stellen folgen Vermögenswerte und Immobilien, wie die Studie weiter ergab.Weniger als ein Drittel der Befragten indes hat bisher Klarheit in allen vier Bereichen, wie die Studie ergeben hat. Gestützt wird diese These vom in erster Linie emotionalen Aspekt einer Erbschaft durch Angaben, wonach die Frage nach der Erfüllung letzter Wünsche und der Verteilung der persönlichen Gegenstände unter den Nachkommen fünfmal so oft zu Konflikten führt wie die Aufteilung der Finanzwerte. Vertrieb entscheidendAllianz Life hat laut Chief Executive Zesbaugh nach Fertigstellung der Studie aktuell zwar keinen Bedarf, neue Produkte aufzulegen. Gewonnen hat das Unternehmen allerdings die Erkenntnis, dass es vor allem darum geht, im Vertrieb die Fähigkeiten zu entwickeln, die nötig sind, um die existierenden Produkte auch an den Kunden zu bringen. Gefragt sei der Berater, der den Kunden nicht nur die Alternativen der Vermögensübertragung vermitteln, sondern ihnen das Thema “in ganzheitlicher Art” näher bringen könne, sagt Zesbaugh. Bedeutung im Konzern Mit Prämieneinnahmen in Höhe von 14 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr zählt sich die US-Tochter des Versicherungskonzerns zu den führenden Anbietern von Lebensversicherungen in den Vereinigten Staaten. Neben Policen mit Garantieleistungen bietet Allianz Life unter anderem Versicherungen für den Pflegefall an. Im vergangenen Jahr trug die Gesellschaft rund 13 % zu den weltweiten Bruttoprämieneinnahmen der Allianz-Gruppe bei.