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Zertifikate gegen Financial Repression

Börsen-Zeitung, 29.11.2012 Wer anhaltenden Repressionen ausgesetzt ist, der würde im Normalfall wohl schlicht vor Gericht ziehen. Einen ganz so klaren Ausweg haben die Anleger an den Finanzmärkten indes nicht, obwohl sie sich der von Ökonomen so...

Zertifikate gegen Financial Repression

Wer anhaltenden Repressionen ausgesetzt ist, der würde im Normalfall wohl schlicht vor Gericht ziehen. Einen ganz so klaren Ausweg haben die Anleger an den Finanzmärkten indes nicht, obwohl sie sich der von Ökonomen so betitelten “Financial Repression” gegenübersehen.Mit dem Begriff Financial Repression haben verschiedene Ökonomen sehr plastisch beschrieben, wie viele Staaten derzeit versuchen, der steigenden Verschuldungsraten Herr zu werden. Gemeint sind alle Maßnahmen, mit denen Akteure wie zum Beispiel Staaten oder Zentralbanken in den Markt eingreifen, um das Zinsniveau künstlich niedrig zu halten. Abweichung der MarktpreiseDas Ziel dieser Maßnahmen ist, dass Staaten übermäßig günstigen Zugang zu Refinanzierungsmitteln erhalten. Beispiele für solche Maßnahmen sind Aufkäufe von Staatsanleihen durch Zentralbanken, Zwangsanleihen oder Transaktionssteuern, mit denen auf Umwegen der Kauf von Staatsanleihen positiv sanktioniert wird. Es handelt sich bei diesen Maßnahmen somit um Marktverzerrungen: Die Preise weichen von demjenigen Niveau ab, das sie unter normalen Umständen und als Resultat von Angebot und Nachfrage innehätten. Besondere Gefahr entfalten solche Maßnahmen, weil sie häufig mit erhöhten Inflationsraten einhergehen. Damit werden die Staaten in die Lage versetzt, ihre Schulden “wegzuinflationieren”.Die Konsequenzen für Anleger sind verheerend: Ein generell niedriges Zinsniveau und gleichzeitig erhöhte Inflationsraten können unter dem Strich schnell zu negativen Realrenditen für Investoren führen. Dies gilt ganz besonders für Anleger, die eher auf vermeintlich sichere Portfoliokonstruktionen setzen. Solche Investoren haben meist einen sehr hohen Anteil von Cash- bzw. Geldmarktpositionen oder Staatsanleihen im Depot. Und genau bei diesen Anlageklassen schlagen die beiden Negativfaktoren des Zinsniveaus und der Inflationsrate besonders stark durch.Gerade deutsche Anleger neigen häufig zu einer Übergewichtung der genannten Anlageklassen, sodass sie von den Folgen der Financial Repression mehr als andere betroffen sind. Sie werden zwar kurzfristig weniger unter Wertschwankungen ihrer Anlagen leiden, dafür langfristig mit ziemlicher Sicherheit signifikante Teile ihres Vermögens an die Inflation verlieren. Damit ist, wenigstens in Teilen, die Altersvorsorge einer gesamten Nation in Gefahr.Was ist der Ausweg aus diesem Dilemma? Anleger müssen grundlegend umdenken und ihre auf kurzfristige Sicherheit ausgelegten Anlagemotive überprüfen. Denn kurzfristige Sicherheit kann es nicht umsonst geben. Sie wird in der Regel mit mittel- und langfristigem Kapitalverlust erkauft. Deswegen muss das kurzfristige Sicherheitsdenken ersetzt werden durch eine aufgeklärte Risikokultur. Wer auf mittlere und lange Sicht sein Vermögen erhalten oder attraktive Zuwächse erzielen will, muss gerade in Zeiten einer Financial Repression bereit sein, Risiken in Kauf zu nehmen und kurzfristig stärkere Schwankungen auszuhalten. Erhöhung der AktienquoteEine einfache Maßnahme bestünde in einer drastischen Erhöhung der Aktienquote im Portfolio. Aktien sollen die Teilnahme an der Wertentwicklung und Wertschöpfung eines Unternehmens ermöglichen. Damit sind sie – anders als Papiergeld oder Bestände auf Tages- und Festgeldkonten – ein Realwert-Investment, das sich, trotz kurzfristiger Kursschwankungen, mittel- bis langfristig als sehr wirkungsvoller Inflationsschutz erweisen kann.Es steht außer Frage, dass die Aktienmärkte in den vergangenen Jahren vor allem durch große Volatilitäten aufgefallen sind. Diesen Preis müssen Anleger jedoch bezahlen, wenn sie sich die Chance auf einen realen Kapitalerhalt bzw. -zuwachs sichern wollen. Neben einem Direktinvestment in Aktien können auch Zertifikate mit Aktien oder Aktienindizes als Basiswert helfen, sich gegen die Financial Repression zu wappnen und zugleich keine allzu hohen Risiken einzugehen.Ein weiteres Beispiel sind Produkte bei denen ein Inflationsausgleich im Vordergrund steht, wie bei inflationsgekoppelten Produkten, die neben einer Basisverzinsung einen Inflationsausgleich zahlen und damit zumindest den realen Erhalt des eingesetzten Kapitals möglich machen. Viel interessanter dürften für die meisten Anleger aber simple Teilschutzprodukte auf Dividendentitel sein. Dazu gehören beispielsweise Bonuszertifikate, Discountzertifikate oder auch Aktienanleihen. Mit einer oder mehreren Aktien als Basiswert beziehen sie sich auf Realwerte und können das Portfolio damit gegen Inflation absichern. Mehr Risiken eingehenDie Zielsetzung einer möglichst über der Inflation liegenden Rentabilität der Geldanlage kann in der aktuellen Situation so am ehesten erzielt werden. Dafür müssen Anleger derzeit aber bereit sein, ein Mehr an Risiko im Vergleich zu vermeintlich sichereren Anlagen zu tragen. Bei Zertifikaten schützen Teilschutzmechanismen wie Sicherheitspuffer oder auch Stichtagsbetrachtungen den Anleger in einem gewissen Rahmen vor Kursschwankungen.Und nicht zuletzt können diese Produkte in Zeiten hoher Volatilitäten besonders günstige Konditionen bieten. So sind zum Beispiel mit Aktienanleihen auf diverse Dax-Werte bereits Renditen von über drei Prozent p. a. möglich bei Sicherheitspuffern um die 20 % und einer Laufzeit von rund zwölf Monaten.Diese Beispiele zeigen, dass auch private Anleger ihr Geld wirkungsvoll vor den Auswirkungen der Financial Repression schützen können. Ein bloßes Aussitzen der Situation und eine einseitige Konzentration auf vermeintlich sichere Zinsanlagen scheint jedenfalls nicht die geeignete Alternative zu sein.