Immobilien - Gastbeitrag

Zinsschranke verunsichert Immobilieninvestoren

Börsen-Zeitung, 17.7.2008 Die seit Anfang 2008 geltende Zinsschranke verunsichert Immobilieninvestoren - sorgt sie doch dafür, dass Zinsaufwendungen bei der Steuerbemessung nur noch begrenzt abzugsfähig sind. Sofern der Zinsaufwand eines Betriebes...

Zinsschranke verunsichert Immobilieninvestoren

Die seit Anfang 2008 geltende Zinsschranke verunsichert Immobilieninvestoren – sorgt sie doch dafür, dass Zinsaufwendungen bei der Steuerbemessung nur noch begrenzt abzugsfähig sind. Sofern der Zinsaufwand eines Betriebes nach Abzug der Zinserträge eine Freigrenze von 1 Mill. Euro erreicht, können die Zinszahlungen nur noch bis zu 30 % des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) steuermindernd geltend gemacht werden. Da bei Immobilientransaktionen diese Grenze schnell überschritten ist, suchen Investoren nach neuen Möglichkeiten der Finanzierung, um die Zinsen weiter vollständig als Betriebsausgaben abziehen zu können.Ein erster Ansatz ist die Nutzung der Freigrenze von 1 Mill. Euro durch Einschaltung mehrerer Erwerbsgesellschaften. So bietet es sich an, ein Immobilienportfolio in Teile zu zerlegen und so etwa eine Akquisition von insgesamt 60 Mill. Euro auf drei Erwerbsgesellschaften aufzuteilen. Bei einem Fremdkapitalanteil von 80 % – also 48 Mill. Euro – würden sonst bei einem Zinssatz von 5 % insgesamt Zinsen von 2,4 Mill. Euro pro Jahr bei einer Erwerbsgesellschaft anfallen.Diese “Atomisierung” durch Schaffung mehrerer Betriebe lässt sich bei Gründung der Gesellschaften und Erwerb der Immobilien oder auch durch eine spätere Restrukturierung erreichen. Dann ist allerdings darauf zu achten, dass dies weder Ertragsteuern noch Grunderwerbsteuern auslöst. Beim Erwerb eines einzelnen Gebäudekomplexes – etwa eines Gewerbparks mit zusätzlichen Apartments – können in bestimmten Fällen mehrere Gesellschaften das Gebäude erwerben.In diesen Fällen sollten allerdings nachvollziehbare außersteuerliche Gründe für die gewählte Struktur vorliegen und gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert werden können – so etwa, dass die Aufteilung auf verschiedene Erwerbsgesellschaften aus organisatorischen oder haftungsrechtlichen Erwägungen heraus erfolgt – zum Beispiel als “Gewerbepark GmbH” – oder der spätere Verkauf flexibel auch durch Veräußerung von Gesellschaftsanteilen möglich ist. In bestimmten Fällen bietet es sich an, zinsertragbringendes Vermögen auf eine Immobiliengesellschaft zu übertragen, damit diese insgesamt einen Zinssaldo unterhalb der Freigrenze hat. Da die Zinsschranke nur auf die Überlassung von Geldkapital und nicht von Sachkapital anwendbar ist, ist an Stelle eines fremdfinanzierten Kaufs zudem daran zu denken, Immobilien zu leasen bzw. zu mieten. Vorsicht bei Sale and LeaseAuch sogenannte Sale-and-Leaseback-Gestaltungen können zielführend sein. Aber Vorsicht: Sofern das wirtschaftliche Eigentum an der Immobilie auf den Leasingnehmer übergeht und damit wirtschaftlich ein darlehensfinanzierter Ratenkauf vorliegt, führt dies laut dem Anfang Juli 2008 veröffentlichten Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung dazu, dass der in den Leasingraten enthaltene Zinsanteil wiederum als Zinsaufwand anzusehen ist. Insbesondere Bauträger können möglicherweise eine erhöhte Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke schaffen. Wird etwa die Errichtung eines Gebäudes maßgeblich mit Fremdkapital finanziert, so ist die Aktivierung von sogenannten Bauzeitzinsen in Betracht zu ziehen. Diese gehören dann nicht zu den Zinsaufwendungen, erhöhen die Abschreibungen für das Gebäude und wirken sich somit aus Investorensicht positiv auf die Bemessung des für die Zinsschranke maßgeblichen Ebitda aus. Ein weiterer Ansatz zur Reduzierung des Zinsaufwands ist die Aufnahme von niedrig verzinsten Fremdwährungsdarlehen, etwa auf japanische Yen oder Schweizer Franken.Hiermit verbunden ist dann regelmäßig Aufwand durch Fremdwährungsverluste oder Swap- bzw. Hedging-Kosten, die regelmäßig nicht unter den engen Zinsbegriff der Zinsschranke fallen. Durch eine entsprechende Gestaltung ist allerdings sicherzustellen, dass die Finanzverwaltung insbesondere die Swap- bzw. Hedging-Kosten nicht in Zinsen umqualifiziert. Bei vielen Immobilienunternehmen sind die Verwaltung und Vermietung, die eigene Bestandshaltung, die Projektentwicklung bzw. das Bauträgergeschäft in verschiedenen Gesellschaften strukturiert.Bei einem solchen “Immobilien-Konzern” kann es sich anbieten, eine ertragsteuerliche Organschaft zu begründen oder Gesellschaften zu verschmelzen. Nach Schaffung einer Organschaft bzw. Verschmelzung von Gesellschaften auf eine Gesellschaft liegt nur noch ein nicht konzernzugehöriger Betrieb vor, auf den die Zinsschranke nicht anwendbar ist. Schließlich lässt sich diese fehlende Konzernzugehörigkeit in bestimmten Fällen auch dadurch erreichen, dass die Erwerbsgesellschaft als “gesellschafterlose” Konzernspitze strukturiert wird. Hierfür kommen etwa Trusts und Stiftungskonstruktionen – so etwa die Stichting niederländischen Rechts – oder in- und ausländische investmentrechtliche Sondervermögen in Betracht. Jedenfalls trifft die Einführung der Zinsschranke die Immobilienwirtschaft hart und hat wegen der regelmäßig hohen Fremdfinanzierungsquote einschneidende Auswirkungen. Immobilieninvestoren sollten die beschriebenen Möglichkeiten und die sich daraus ergebenden Risiken sorgfältig prüfen und abwägen. In Anbetracht vieler noch offener Fragen kommt erschwerend hinzu, dass die Finanzverwaltung gegenwärtig keine verbindlichen Auskünfte erteilt oder hierbei äußerste Zurückhaltung übt.