Deutsche Unternehmen lassen sich von Trump nicht abschrecken
Deutsche Unternehmen lassen sich von Trump nicht abschrecken
Die US-Wahlen dürften auf deutsche Investitionen im Land kaum Auswirkungen haben. Die Beziehungen zu den Bundesstaaten dienen als Stabilitätsanker.
Von Peter De Thier, Washington
Falls Nachzählungen ausbleiben und die Ergebnisse der Briefwahl bis dahin ausgewertet sind, dann dürfte am späten Abend des Dienstag, 5. November 2024, feststehen, wer ab der dritten Januarwoche 2025 die USA regieren und welche Partei im Kongress die Marschrichtung vorgeben wird. Obwohl aktuelle Umfragen darauf hindeuten, dass sich der amtierende Präsident Joe Biden und dessen republikanischer Vorgänger Donald Trump gegenüberstehen werden, ist keineswegs auszuschließen, dass die Mitte Januar beginnenden Vorwahlen noch für Überraschungen gut sein werden. Fest steht nur eines: Dass der Wahlsieger ebenso wie die politische Zerstrittenheit im Land durchaus Folgen für die wichtigsten Wirtschaftspartner haben könnten, nicht zuletzt für Deutschland; allerdings sollte das unmittelbare Umfeld für Handel und Investitionen stabil bleiben.
Zwar liegt Biden in den meisten Umfragen hinter Trump und einigen anderen Republikanern. Aber die vergangenen Wahlen haben gezeigt, dass darauf nicht immer Verlass ist. Zudem befindet sich der Wahlkampf noch in einem frühen Stadium. Sollte Präsident Biden nach seiner ersten Amtsperiode für vier weitere Jahre bestätigt werden, wäre er natürlich ein Garant für Kontinuität auch in der Handels- und Investitionspolitik. Der von ihm betriebene Wiedereinstieg in das Pariser Klimaabkommen und massive Investitionen in erneuerbare Energien, wie der 2022 verabschiedete „Inflation Reduction Act“ (IRA), würden wohl auch für seine zweiten Amtsperiode Richtschnur sein.
Biden hat nach den turbulenten Jahren unter Trump stets auch die Bedeutung der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere eines intakten Verhältnisses zu Deutschland betont. Dies hat dazu beigetragen, dass die deutschen Direktinvestitionen in den USA seit Bidens Amtsantritt weiter gestiegen sind. Im Jahr 2023 erreichten sie 619 Mrd. Dollar, womit die Bundesrepublik hinter Japan, Kanada und dem Vereinigten Königreich inzwischen wieder der viertgrößte Auslandsinvestor in den USA ist.
Wachsender Optimismus
Wie aus dem „German American Business Outlook“ (GABO) hervorgeht, den der Representative of German Industry and Trade (RGIT) in Washington veröffentlicht, plant eine klare Mehrheit der 5.800 deutschen Unternehmen, die in den USA tätig sind, ihre Investitionen weiter auszubauen, und zwar unabhängig davon, wer die Wahl gewinnt. Wie Christoph Schemionek – der Delegierte der deutschen Wirtschaft – gegenüber der Börsen-Zeitung darlegte, ist mit Blick auf die wachsende Investitionsbereitschaft dabei entscheidend, dass das politisch gespaltene Washington weit weg ist. „Deutsche Unternehmen pflegen politische Kontakte in erster Linie auf subnationaler Ebene, etwa mit den Gouverneuren einzelner Staaten und Bürgermeistern. Diese Beziehungen sind oft resilienter und stärker als auf Bundesebene.“
Die Nähe zur amerikanischen Regionalpolitik und die Distanz zur Bundespolitik hat zur Folge, dass gegebenenfalls wieder aufkommende transatlantische Streitpunkte wohl nicht dazu führen würden, deutsche Unternehmen abzuschrecken und sie ihre Investitionen sowie ihr Geschäft insgesamt fortan zurückfahren würden. Denn auch unter Biden hat sich der Fokus der US-Wirtschaftspolitik schon verändert. Die USA würden, so Biden, zwar der größte Auslandsinvestor in Deutschland bleiben, der Blick richte sich aber verstärkt auf den indopazifischen Raum und die Apec-Region. Zudem sind wichtige Verhandlungen festgefahren wie ein Rohstoffabkommen, das deutschen Firmen helfen würde, in den Genuss von IRA-Subventionen zu kommen. Und Trump könnte im Falle eines Wahlsiegs seine Stahl- und Aluminiumzölle wieder in Kraft setzen oder neue Sanktionen verhängen.
Natürlich haben diese Entwicklungen handfeste Konsequenzen für den größten europäischen Handelspartner der USA. Doch obwohl die beiden favorisierten Kandidaten und die handelspolitische Ausrichtung sowohl der Demokraten als auch der Republikaner Risiken bergen, bleibt Schemionek guter Dinge. „Entscheidend sind die Marktgröße, die Marktnähe und die Stabilität des Umfelds, und diese sind in den USA weiterhin gegeben“, so der RGIT. Zu häufig werde übersehen, „dass es zwei unterschiedliche Dinge sind, Geschäfte in den USA oder mit den USA zu machen.“ Für Geschäfte in den USA bleibe das Klima immer vorteilhaft, ganz gleich, wie der nächste Präsident heißt und welche Partei den Kongress beherrschen wird.