Anleihen

Die Renaissance von Fixed Income

Im Fixed-Income-Bereich war lange aufgrund der Niedrigzinsen nicht viel zu holen. Doch das änderte sich 2022, als steigende Renditen und erhöhte Volatilität einen Regimewechsel markierten.

Die Renaissance von Fixed Income

Tot war es nie, das Anleihesegment, nicht zuletzt auch, weil viele institutionelle Anleger regulatorisch quasi gezwungen sind, in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren. Lange Zeit war im Fixed-Income-Bereich aufgrund der Niedrigzinsen allerdings renditemäßig nicht viel zu holen. Doch das änderte sich 2022, als steigende Renditen und erhöhte Volatilität einen Regimewechsel markierten. Festverzinsliche Wertpapiere sind wieder „investierbar“.

2023 kommt es nun für Fixed-Income-Investoren darauf an, sich für die Chancen zu positionieren, die sich aus den Marktverschiebungen ergeben. Doch wie einsteigen? Mit einem Marktvolumen von 127 Bill. Dollar weltweit bieten Festverzinsliche unzählige Möglichkeiten. Wir haben für Investoren vier Themen identifiziert, die beim Aufbau von Anleihepositionen und dem Navigieren volatiler Märkte zu beachten sind.

1. Den Stier bei den Hörnern packen – Volatilität nutzen. Ausgehend von einem hohen Niveau haben sich in vielen Ländern die Inflationserwartungen zuletzt verringert. Möglicherweise sind die Märkte jedoch zu optimistisch, was die Geschwindigkeit des Inflationsrückgangs betrifft, und unterschätzen damit, wie lange die Zentralbanken die Zinsen hochhalten müssen. Letztere könnten sich gezwungen sehen, eine stärkere Wirtschaftsabkühlung in Kauf zu nehmen, um eine Preis-Lohn-Spirale zu brechen. Jede Änderung der Markterwartungen in Bezug auf Inflation und Geldpolitik kann daher neue Volatilitäts-Ausschläge hervorrufen.

In einem solchen Umfeld bieten sich Anlegern drei Einstiegsmöglichkeiten. Erstens variabel verzinsliche Schuldverschreibungen. Diese sogenannten Floater bieten Kupons, die sich mit einer gewissen Verzögerung an Änderungen der kurzfristigen Referenzzinssätze anpassen. Zudem weisen sie einen Renditeaufschlag auf. In einem mit Blick auf den Zinsgipfel unsicheren Umfeld können Floater damit ein wichtiger Bestandteil eines festverzinslichen Portfolios sein. Eine zweite Option sind kurzlaufende Anleihen hoher Bonität, die bis zur Endfälligkeit gehalten werden. Auch derartige Kurzläufer sind zwar anfällig für Wertschwankungen infolge sich ändernder Zinserwartungen. Durch ein „Hold to Maturity“ können Anleger diese Volatilität jedoch aussitzen. Drittens schließlich bietet sich institutionellen Anlegern (oder ihren Assetmanagern!) eine Kombination aus kurzfristigen Anleihen und aktiv gemanagten Derivatepositionen an, um die Volatilität von Zinssätzen und Spreads zu begrenzen.

2. Suche nach realer Rendite bei regional divergierender Wirtschaftsentwicklung. In den verschiedenen Ländern beginnen Inflation und Wachstum stärker auseinanderzudriften. Damit nimmt auch die Divergenz der Geldpolitik zu. Zwar dürfte vielerorts der Zinserhöhungszyklus in der zweiten Jahreshälfte 2023 enden, allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten – in den USA etwa früher als im Euroraum oder in vielen Schwellenländern.

Diese Divergenz spiegelt sich in den realen (also inflationsbereinigten) kurzfristigen Anleiherenditen wider. Das eröffnet flexiblen und nach realer Rendite suchenden Investoren Möglichkeiten zu länderspezifischen Engagements an den Kredit- und Währungsmärkten. So können sie etwa schrittweise in Staatsanleihen derjenigen Länder einsteigen, bei denen die Konfidenz hinsichtlich Inflations- und Leitzinsgipfel am höchsten ist. Hier dürften etwaige weitere Geldpolitik-bedingte Kursverluste überschaubar ausfallen. Da die Zinsstrukturkurven in vielen Ländern weiterhin flach bis invers sind, bieten sich zunächst kurzfristige Staatsanleihen und erst in einem zweiten Schritt längere Laufzeiten an, da bei Letztgenannten ein echtes Durationsrisiko eingegangen wird.

3. Positionierung für eine Wiederbelebung höher verzinslicher Anleihesegmente. Einige Hochzinsanleihen haben 2023 bislang eine ganz gute Performance gezeigt. Dies spiegelt eine wachsende Zuversicht vieler Anleger wider, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat und sich die Zinserhöhungen dem Ende zuneigen. Auch wenn wir diese Zuversicht für etwas verfrüht halten, könnten Investoren bereits Ausschau nach einer Beruhigung an der Inflations- und Zinsfront halten. Derartige Zeitpunkte können eine gute Einstiegsgelegenheit für längerfristige – also nicht rein taktische – Anlagen in globale hochverzinsliche Unternehmensanleihen sowie Schwellenländer-Staatsanleihen darstellen.

Im Allgemeinen be­finden sich viele High-Yield-Emittenten aktuell in einer guten finanziellen Verfassung. Viele Unternehmen haben die Laufzeit ihrer Schulden verlängert, so dass weniger an kurzfristigem Refinanzierungsbedarf besteht. Zudem deutet die Markterwartung einer sanften konjunkturellen Landung auf geringere Ausfallwahrscheinlichkeiten hin. Am stärksten gefährdet scheinen kleine Emittenten mit „B“- und „CCC“-Rating zu sein.

Gleichzeitig könnten Schwellenländeranleihen 2023 besser laufen. Viele Länder zeigen Anzeichen für eine Verlangsamung der Inflation und eine Stabilisierung des Wachstums, was etwa auf die Geldpolitik und auf die Aufgabe der Null-Covid-Strategie in China zurückzuführen ist. Traditionell leiden in ausländischer Währung begebene Schwellenländeranleihen bei einer restriktiven US-Geldpolitik und einer Festigung des Dollar. Eine Umkehr dieser Trends hat daher das Potenzial, Kapital zurück in diese Anlageklasse zu lenken.

Wichtig für Investoren: Hochzins- und Schwellenländeranleihen können volatil sein und weisen ein höheres Ausfallrisiko auf. Daher sollte selektiv vorgegangen und ein aktives Management in Betracht gezogen werden. Wir bevorzugen strategische Allokationen in Emittenten mit höherer Qualität.

4. Beteiligung am grünen Wandel – Investitionen in nachhaltige Anleihen. Die aus dem Angriff Russlands auf die Ukraine resultierende Energiekrise hat gerade in Europa Schwachstellen in der Energieversorgung aufgezeigt. Die Notwendigkeit eines Übergangs zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft wird hierdurch nur umso stärker unterstrichen.

Potenzial von Green Bonds

Dieser Übergang kostet. Bis 2030 werden jährliche Investitionen in Billionen-Höhe benötigt, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen. Erfreulicherweise ist das Interesse der Anleger an Projekten im Bereich erneuerbare Energien groß. Das Renditepotenzial von Green Bonds, Social Bonds oder Sustainable Bonds kann dazu beitragen, dass diese Anlageform ein breiteres Spektrum von Anlegern an­spricht. Zumal Europa ein Vorreiter bei der Festlegung robuster Nachhaltigkeitsstandards ist und ein großes Universum an „nachhaltigen“ Investment-Grade-Unternehmensanleihen bietet.

Zusammenfassend zeigt sich somit: Die Aussichten für festverzinsliche Wertpapiere verbessern sich. Mit Blick auf geeignete Einstiegsstrategien können Anleger zunächst Staatsanleihen mit kürzerer Laufzeit aus den Industrieländern in Betracht ziehen, bevor sie die Duration und das Kreditrisiko erhöhen, wenn sich die makroökonomischen Daten und die Marktstimmung stabilisieren. Schlüssel zum Erfolg ist ein flexibler und aktiver Investmentansatz. Insgesamt verfügt die Anlageklasse Fixed Income über eine Vielzahl an Instrumenten, die es Investoren ermöglichen, sich auch in einem wenig berechenbaren und volatilen Umfeld zurechtzufinden. Somit gilt: Anleihen sind wieder da.