6 Prozent weniger Pleiten im Halbjahr trotz Corona
Reuters Berlin – Trotz Rekordrezession wegen der Coronakrise ist die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland im ersten Halbjahr gesunken. Ein Grund dafür sei, dass die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen als Hilfsmaßnahme gegen die Folgen der Virus-Pandemie seit dem 1. März bis Ende September ausgesetzt sei, teilte das Statistische Bundesamt mit. Von Januar bis Ende Juni meldeten die Amtsgerichte 9 006 Unternehmensinsolvenzen, was einem Rückgang um 6,2 % im Vergleich zur Vorjahreszeit entspricht. Der Trend hielt auch im August an: Hier sanken die eröffneten Regelinsolvenzen um 38,9 %, wie Destatis mitteilt.Die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen, die aber nicht zahlungsunfähig sind, bleibt nach einem Beschluss der Bundesregierung bis Ende 2020 ausgesetzt. Experten erwarten, dass früher oder später das böse Erwachen kommt. “Ich fürchte, wir werden uns auf eine Welle von Unternehmensinsolvenzen einstellen müssen”, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Eine Insolvenz sei nicht immer schlecht: Firmen könnten ihre Verbindlichkeiten umstrukturieren, sich neu aufstellen. Problematisch sei, wenn Insolvenzen auf die lange Bank geschoben werden und damit Gläubiger und Zulieferer mit in Schieflage geraten. “Die Zurückhaltung bei der Stellung von Insolvenzanträgen ist ausgesprochen riskant”, kritisierte der Vorsitzende des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID), Christoph Niering. “Neben der Verlagerung von wirtschaftlichen Risiken auf die Gläubiger, die sich zu einer (. . .) Vertrauenskrise entwickeln kann, tritt auch die Gefahr der persönlichen Haftung der Handelnden.”Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger erhöhten sich in der ersten Jahreshälfte deutlich auf 16,7 (i.V. 10,2) Mrd. Euro. Das deute darauf hin, “dass im ersten Halbjahr 2020 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten”, betonte Destatis.