Börsengänge

Acht deutsche Firmen wandern per IPO aus

2021 wird absehbar zum Ausnahmejahr auf dem globalen IPO-Markt. Die Zahl der Börsengänge und das Emissionsvolumen sind um zwei Drittel gestiegen. Weltweit wurden 2388 Börsenneulinge gezählt, die 453 Mrd. Dollar mit ihren Aktien einsammelten. Aber acht deutsche Firmen wandern ins Ausland ab.

Acht deutsche Firmen wandern per IPO aus

cru Frankfurt – Auch im vierten Quartal hält der IPO-Boom an – wenngleich sich das Tempo deutlich verringert hat. Damit war 2021 sowohl in Bezug auf die Zahl der Börsengänge als auch beim Emissionsvolumen das stärkste IPO-Jahr weltweit seit dem Dotcom-Boom im Jahr 2000. Das geht aus Daten hervor, die die Unternehmensberatung EY (Ernst & Young) erhoben hat. Demnach wurde das weltweit stärkste Wachstum 2021 in Europa registriert: Im Vergleich zu 2020 hat sich die Zahl der Börsengänge an europäischen Börsen von 191 auf 485 mehr als verdoppelt, das Emissionsvolumen hat sich sogar fast verdreifacht: von 28 Mrd. auf 81 Mrd. Dollar.

Der mit Abstand größte Börsengang des Jahres fand an der Nasdaq statt: Der Elektroautohersteller Rivian erlöste im November 13,7 Mrd. Dollar. Auf Platz 2 kam der Telekommunikationsanbieter China Telecom mit einem Emissionsvolumen von 7,4 Mrd. Dollar. In Europa belegt der Börsengang des polnischen Online-Händlers Inpost mit 3,9 Mrd. Dollar den ersten Platz im Ranking der größten IPOs, gefolgt vom Autohersteller Volvo Car (2,7 Mrd. Dollar) in Schweden und dem Funkturmbetreiber Vantage Towers (2,6 Mrd. Dollar) in Deutschland.

EY zählt dabei 30 Börsengänge deutscher operativ tätiger Unternehmen inklusive zweier Spin-offs und zuzüglich vier Emissionen von Spacs (Special Purpose Acquisition Companies). Insgesamt gab es damit hierzulande so viele Börsengänge wie seit dem Jahr 2007 nicht mehr.

Allerdings sind dabei acht deutsche Unternehmen an Auslandsbörsen abgewandert – sechs davon in die USA. An die Nasdaq zog es gleich vier hiesige Firmen: das Biopharmazie-Unternehmen Atai Life Sciences, den Darmkrebs-Früherkennungstesthersteller Mainz Biomed, den Solar-Elektroautohersteller Sono Motors und den Flugtaxihersteller Lilium (per Spac-Fusion).

An die New Yorker Börse gingen der Berliner Spezialchemiekonzern Atotech und der Online-Modehändler Mytheresa. In Oslo landete der saarländische Recyclingspezialist Pyrum Innovations – und in Wien der Berliner SAP-Lizenz-Manager Voquz Labs.

Die meisten Börsengänge wurden hingegen erneut in China (einschließlich Hongkong) registriert, dort entwickelte sich das IPO Geschehen aber in der zweiten Jahreshälfte schwächer als im Vorjahr: Im Reich der Mitte wagten in diesem Jahr 593 Unternehmen den Schritt an die Börse, das waren 11% mehr als im Vorjahr. Das Emissionsvolumen stieg um 3% auf 123 Mrd. Dollar. Im vierten Quartal wurde in China hingegen ein Rückgang beim Emissionsvolumen um 31% und bei der Zahl der Börsengänge um 1% registriert.

 Sehr stark entwickelte sich der US-Markt – sowohl im Gesamtjahr 2021 als auch im vierten Quartal: Die Zahl der Börsengänge an US-Börsen stieg um 86% auf 416, das Emissionsvolumen wuchs um 81% auf 156 Mrd. Dollar.

„2021 war ein extrem starkes IPO-Jahr“, sagt EY-Partner Martin Steinbach, Leiter des IPO-Bereichs. „Zwar sorgte die Pandemie immer wieder für Turbulenzen und Unsicherheit.“ Dennoch sei die Investorenstimmung weltweit unterm Strich sehr positiv, die Volatilität habe sich in Grenzen gehalten und neue Konjunktureinbrüche seien ausgeblieben. „Vor allem aber erfreuen sich digitale Geschäftsmodelle weiterhin größter Beliebtheit bei Investoren“, kommentiert Steinebach. „Und gleichzeitig ist enorm viel Geld im Markt, das nach vielversprechenden Anlagemöglichkeiten sucht.“ Alles in allem sei damit das Umfeld für Börsengänge derzeit ausgesprochen gut.

Vor allem Tech-Unternehmen zogen das Interesse der Investoren auf sich: 2021 wurden 611 IPOs in diesem Sektor mit einem Gesamtvolumen von 147 Mrd. Dollar gezählt. Damit entfiel jeder vierte Börsengang weltweit und sogar ein Drittel des Emissionsvolumens auf Tech.

Laut Steinbach hat der Tech-Boom auch mit den wirtschaftlichen Veränderungen zu tun, die von der Pandemie verstärkt wurden: „All das führt zu einem steten Zustrom von Börsenneulingen“, konstatiert Steinbach. „Auch 2022 wird es in großer Zahl stark wachsende Unternehmen aus dem Technologie- und Healthcare-Bereich an die Börse ziehen.“

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