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Air France-KLM heizt Konsolidierung an

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 8.8.2017 Air France-KLM hat wieder Rückenwind. An der Börse von Paris hat die Aktie der französisch-niederländischen Fluggesellschaft seit Januar mehr als 140 % zugelegt. Immerhin hat der Konzern in den...

Air France-KLM heizt Konsolidierung an

Von Gesche Wüpper, ParisAir France-KLM hat wieder Rückenwind. An der Börse von Paris hat die Aktie der französisch-niederländischen Fluggesellschaft seit Januar mehr als 140 % zugelegt. Immerhin hat der Konzern in den letzten Monaten seine Ergebnisse weiter verbessert und strategisch wichtige Neuigkeiten verkündet. Dazu gehört vor allem die geplante weitgehende Verflechtung mit seinen Skyteam-Partnern Delta und China Eastern sowie mit Virgin Atlantic. Daraus entsteht das erste globale Netzwerk, das die Kräfteverhältnisse im Luftfahrtmarkt nachhaltig verändern und die Konsolidierung in Europa weiter vorantreiben dürfte.So sollen Delta und China Eastern im Rahmen einer Kapitalerhöhung über 751 Mill. Euro jeweils 10 % des Kapitals von Air France-KLM übernehmen, während Air France-KLM von Virgin Group für umgerechnet 246 Mill. Euro 31% des Kapitals von Virgin Atlantic übernehmen will. Durch die Beteiligung an Virgin Atlantic steigt die französisch-niederländische Airline zum zweitgrößten Aktionär nach Delta auf. Air France-KLM, Delta und Virgin Atlantic wollen zudem ein globales, auf 15 Jahre angelegtes Joint Venture gründen, das die zwei bestehenden transatlantischen Partnerschaften der drei Airlines ersetzen soll.Daran könnte auch Alitalia beteiligt werden, jedoch als assoziierter Partner. Dies hängt jedoch auch von dem künftigen Eigentümer der insolventen Airline ab. Interessenten haben bis zum 15. September Zeit, ein bindendes Angebot für Alitalia abzugeben. Die mexikanische Airline Aeromexico, an der Delta die Beteiligung gerade auf 49 % aufgestockt hat, könnte ebenfalls an dem neuen Joint Venture beteiligt werden. Delta hält zudem auch 9,5 % an GOL aus Brasilien.Mit Hilfe der angekündigten Deals wollen Air France-KLM und ihre drei Partner ihre Kräfte auf dem lukrativen Markt für Nordatlantikverbindungen bündeln. Denn dort wird der durch die Golf-Carrier ohnehin verstärkte Wettbewerb seit dem Eintritt von aggressiven Low-Cost-Anbietern wie Norwegian und Wow Air noch weiter angeheizt. Das geplante Joint Venture würde auf mehr als 300 Transatlantikflüge täglich kommen und könnte dabei auf zwölf Drehkreuze zurückgreifen: Amsterdam, Atlanta, Boston, Cincinnati, Detroit, Los Angeles, London Heathrow, Minneapolis St. Paul, New York JFK, Paris Charles de Gaulle, Salt Lake City sowie Seattle. Billigairlines holen aufLaut Daten von CAPA – Centre for Aviation und dem Luftfahrtindustrie-Datenspezialisten OAG käme es von den Sitzen her auf einen Marktanteil von 25 % bei Verbindungen zwischen Europa und Nordamerika. Damit würde es zu Star Alliance aufholen. Die Allianz von Lufthansa und United Airlines kommt auf einen Marktanteil von 27,9 % und Oneworld Alliance, das Bündnis von British Airways und American Airlines, auf 20,2 %. Auch wenn die traditionellen Airlines den Markt noch immer dominieren, holen die neuen Low-Cost-Langstreckenanbieter rasant auf. Kamen sie laut OAG vor zwei Jahren gerade mal auf einen Anteil von 1,8 % bei Transatlantikflügen zwischen Europa und den USA, sind es mittlerweile schon 4,7 %.Angesichts der neuen Konkurrenz bauen nun auch traditionelle europäische Fluggesellschaften günstige Langstreckentöchter auf. Am weitesten vorangekommen ist dabei Lufthansa, da Eurowings bereits ab Köln/ Bonn mehrere Fernflugziele auch in den USA anbietet. Im nächsten Jahr sollen weitere Direktverbindungen ab München folgen. IAG wiederum, der Mutterkonzern von British Airways und Iberia, hat im Juni mit Level eine eigene Low-Cost-Langstreckentochter ab Barcelona lanciert. Joon, die neue Günstigtochter von Air France, soll im Herbst mit europäischen Strecken starten und ab dem Sommer 2018 auch Langstreckenflüge anbieten.Mit den geplanten Deals, die noch von den Wettbewerbshütern abgesegnet werden müssen, und Joon wappnet sich Air France-KLM also gleich in doppelter Hinsicht für den zunehmenden Konkurrenzkampf auf dem Markt für Langstreckenflüge. Gleichzeitig wird der Einstieg von Delta und China Eastern die finanzielle Situation der Fluggesellschaft stärken und die Beteiligung des französischen Staates von 17,6 % auf 14 % reduzieren. Air France-KLM erhält so wieder die Mittel für ambitioniertere Wachstumsstrategien, nachdem sich die Airline in den letzten Jahren vor allem um den Schuldenabbau sorgen musste. Vorbild USADie geplanten Abkommen, über die die Aktionäre von Air France-KLM auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 6. September abstimmen sollen, könnten nach Ansicht von Branchenkennern der Startschuss für ähnliche Allianzen sein. Die mit den zum Verkauf stehenden Airlines Alitalia und Air Berlin zunehmende Konsolidierung der europäischen Luftfahrtindustrie könnte weiter an Fahrt gewinnen. Im Vergleich zu den USA ist die Luftfahrtindustrie in Europa noch immer stark fragmentiert. So sind von den einst 18 größeren Fluggesellschaften in den USA seit Beginn der Konsolidierung 2001 nur zehn übrig geblieben. Die vier größten – American, Delta, Southwest und United – kommen inzwischen in den USA auf einen Marktanteil von 80 %. Gleichzeitig sind die einst stark angeschlagenen US-Airlines inzwischen weltweit am profitabelsten.