Airbus hebt langfristige Marktprognose an
Luftfahrtindustrie
Airbus hebt langfristige Marktprognose an
Steigender Bedarf an effizienteren Modellen
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Gesche Wüpper, Paris
Corona-Krise und Flugscham scheinen für die Luftfahrtbranche vergessen zu sein. Der europäische Flugzeugbauer Airbus rechnet mit einer weiteren Zunahme des Flugverkehrs und hat deshalb seine langfristige Marktprognose noch einmal deutlich angehoben. Er rechnet nun für die nächsten 20 Jahre mit einem Bedarf an 42.430 neuen Passagierjets und Frachtmaschinen weltweit. Zum Vergleich: Letztes Jahr war Airbus in der Langfristprognose noch von einem Bedarf an 40.850 neuen Zivilflugzeugen ausgegangen, 2019 im Jahr vor Ausbruch der Covid-Pandemie sogar nur von 39.210.
Der zusätzliche Bedarf entspreche einem Jahr zusätzlichen Wachstums, erklärt Bob Lange, der bei Airbus für betriebswirtschaftliche Analysen und Marktprognosen verantwortlich ist. Er hat vor allem die Vorhersage für den Bedarf an Jets erhöht, mit denen Fluggesellschaften in ihren Flotten alte Maschinen ersetzen, also neuen Modellen, die weniger Treibstoff verbrauchen und weniger Schadstoffe ausstoßen. Sah Lange diese Nachfrage letztes Jahr noch bei 17.170 Exemplaren, sind es nun 18.460. Den Bedarf an neuen Flugzeugen, mit denen die Flotten zusätzlich aufgestockt werden, beziffert Airbus jetzt auf 23.970 Stück, 290 mehr als im letzten Marktausblick.
Nachholeffekt im Luftverkehr
Die weltweite Flugzeugflotte dürfte sich damit von derzeit 24.260 Ziviljets bis 2043 auf 48.230 verdoppeln. Den mit Abstand größten Anteil (80%) daran dürften Mittelstreckenjets wie der A320, A220 und das Konkurrenzmodell 737 von Boeing haben. Airbus sieht für sie in den nächsten 20 Jahren einen Bedarf an 33.510 neuen Exemplaren, für Großraumflugzeuge wie den A350 oder den 787 Dreamliner dagegen nur an 7.980 neuen Jets. Von den neuen Maschinen dürften 2.470 Frachtflugzeuge sein, so dass die weltweite Frachter-Flotte von 2.220 auf bis 2043 auf 3.360 steigen dürfte.
Das sind gute Aussichten für die Farnborough Airshow, die nächste Woche beginnt. Dort könnten Airbus und Boeing neue Aufträge einfliegen. Ende 2023 standen in ihren Büchern Bestellungen für 13.070 Mittelstrecken- und für 1.850 Großraumjets. Airbus geht davon aus, dass der Luftverkehr bis 2027 zunächst weiter kräftig zulegen wird, im Schnitt 8,4% pro Jahr. Dabei handelt es sich um eine Art Nachholeffekt nach dem Einbruch während der Corona-Krise.
Nach 2027 dürfte sich die Wachstumsrate bis 2043 im Passagierverkehr wieder auf durchschnittlich 3,6% jährlich abschwächen, im Frachtverkehr auf 3,1%, meint Airbus.
Neue Modelle kommen auf den Markt
Der Airline-Branchenverband IATA erwartet für 2024 ein neues Rekordjahr. Trotz des starken Einbruchs während der Corona-Krise sind nach Angaben von Airbus seit 2019 weltweit 160 neue Fluggesellschaften gegründet sowie 42 neue Flughäfen und 7.250 neue Flugstrecken eröffnet worden. Neue Modelle wie der A321XLR, der A350F und der 777X dürften in den kommenden Jahren zum Wachstum beitragen. Airbus will den A321XLR, die Ultra-Langstreckenversion des Mittelstreckenjets im dritten Quartal erstmals ausliefern, die Frachtversion des A350 in zwei Jahren. Boeing wiederum hat gerade mit den für die Zulassung notwendigen Flugtests seines neuen Langstreckenjets 777X begonnen. Dessen Zertifizierung dürfte nicht vor dem ersten Quartal 2025 erfolgen.
Hauptwachstumstreiber der Flugzeugbaubranche in den nächsten 20 Jahren dürften China, Indien und die gesamte Asien-Pazifik-Region sein, erwartet Airbus. Der Schwerpunkt der Luftfahrt dürfte sich deshalb weiter nach Osten verlagern, erklärt Bob Lange. Allein für China rechnet er bis 2043 mit einem Bedarf an 9.520 neuen Jets, für die gesamte Asien-Pazifik-Region mit 9.990, das Reich der Mitte nicht mitgerechnet. In Europa dürften es 8.050 neue Flugzeuge sein, in Nordamerika 7.100.