Luftfahrtbranche

Airbus prüft Geschäftsmodell für A350-Frachter

Seit Ausbruch der Pandemie steigt die Nachfrage im Luftfrachtgeschäft. Kunden von Airbus sind deshalb an einer Frachterversion des A350-Langstreckenjets interessiert.

Airbus prüft Geschäftsmodell für A350-Frachter

wü Paris

Airbus erwägt, eine Frachtversion seines A350-Langstreckenjets zu lancieren. Der Flugzeugbauer prüfe gerade das Geschäftsmodell dafür, erklärte Verkaufschef Christian Scherer am Dienstag während einer Videokonferenz. Ob der Startschuss dafür tatsächlich fallen werde, werde aber erst entschieden, wenn die Bedingungen dafür erfüllt seien, sagte Programmchef Philippe Mhun.

Nach Angaben Scherers haben viele Kunden den europäischen Flugzeugbauer ermutigt, in dem bisher von Boeing dominierten Segment der Frachtflugzeuge für mehr Konkurrenz zu sorgen. Einige dieser Kunden fänden, dass der A350 die ideale Basis für die Entwicklung eines Frachtflugzeugs sei, erklärte der Airbus-Verkaufschef. Der Wind für die Lancierung eines A350-Frachters sei günstig, während Airbus die Analyse dieses Marktsegments vertiefe.

Laut Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg könnte der europäische Flugzeugbauer bereits im Juli erste Bestellungen für einen A350-Frachter entgegennehmen. Er habe bereits mit mehr als einem Dutzend möglicher Kunden gesprochen, und das Management wolle in den kommenden Wochen das grüne Licht des Verwaltungsrates einholen, be­richtete sie. Qatar Airways gilt als ein potenzieller Kunde für das Modell, setzt Airbus jedoch derzeit unter Druck. Der Golf-Carrier ist größter A350-Kunde und erwägt, bei Airbus oder dessen Rivalen Boeing mindestens 30 Frachtflugzeuge zu bestellen. Er verweigert jedoch derzeit die Annahme von weiteren A350-Jets, weil er unzufrieden mit der Bemalung ist.

Starker Schub

Der Luftfrachtverkehr ist seit Ausbruch der Pandemie der einzige Lichtblick der Branche. So ist die Nachfrage in dem Bereich im April im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorkrisenjahr 2019 nach Angaben des Airlineverbandes IATA (International Air Transport Association) um 12% gestiegen. Er geht davon aus, dass der Luftfrachtverkehr im Gesamtjahr um 13,1% zulegen wird.

Die Transportkapazitäten des Luftfrachtgeschäfts liegen jedoch noch immer um 14% unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Vor Ausbruch der Pandemie wurden nämlich rund 50% der Luftfracht in den Bäuchen von Passagierflugzeugen transportiert. Deshalb gibt es derzeit auch ein gesteigertes Interesse an der Umwandlung von außer Dienst gestellten Passagierflugzeugen in Frachtflugzeuge.

Im Gegensatz zu einem A350-Frachter sieht Airbus-Verkaufschef Scherer jedoch keinen Grund, den A321neo – die längste Version des erfolgreichen Mittelstreckenjets – oder dessen geplante Langstreckenvariante A321XLR zu strecken. Analysten und Medien hatten über die mögliche Entwicklung eines Airbus A322neo spekuliert, der Platz für bis zu vier zusätzliche Sitzreihen bieten könnte. Airbus hatte den A321XLR während der Luftfahrtmesse in Le Bourget 2019 lanciert. Er verfügt über eine zusätzliche Reichweite von 4700 nautischen Meilen (8700 Kilometer). Programmchef Mhun bestätigte jetzt, dass er 2023 erstmals in Dienst gestellt werden soll.

Experimente mit Wasserstoff

Airbus bereitet daneben auch die Entwicklung von Wasserstoffflugzeugen vor. Der Luft- und Raumfahrtkonzern will deshalb in Bremen und Nantes Entwicklungszentren für metallische Wasserstofftanks gründen, um die Markteinführung entsprechender Technologien voranzutreiben. Deutschland und Frankreich sind mit jeweils rund 11% die größten Aktionäre von Airbus. Spanien hält 4,1%.