Airlines fehlt eine Cash-Cow
hei Frankfurt
Die von der US-Regierung verlängerten Einreisebeschränkungen für Europäer haben in der deutschen Wirtschaft scharfe Kritik ausgelöst. Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), warnte vor „Verzögerungen in der Produktion, Lieferung und Durchführung strategischer Projekte“, die die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität behinderten. Die USA schadeten damit auch sich selbst, betonte er mit Verweis auf die deutschen Firmen als drittgrößter ausländischer Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten. 860000 Stellen seien dabei betroffen.
Betroffen ist unterdessen auch die in der Pandemie ohnehin schon schwer gebeutelte Luftfahrtbranche, die seit längerem lautstark die Öffnung der USA für Reisende aus Europa fordert. Hohe Bedeutung hat der Transatlantikverkehr vor allem für die großen Netzcarrier Deutsche Lufthansa und British Airways. Für beide zählt der Geschäftsreiseverkehr nach Nordamerika zu den ertragreichsten Strecken im Langverkehr überhaupt. 50% der Langstrecke der Lufthansa sind im Transatlantikverkehr eingesetzt. Immerhin werden nach Angaben eines Unternehmenssprechers derzeit schon wieder 90% der US-Destinationen angeflogen, mit durchaus akzeptabler Auslastung. Dies verdankt sich dem Entgegenkommen Europas, denn die EU hat den Schengenraum seit einiger Zeit für Reisende aus den USA geöffnet, auch für den Tourismus. Allerdings bleibt die derzeitige Frequenz der Verbindungen noch deutlich hinter dem Vorkrisenniveau zurück. Den Airlines fehlt damit eine wichtige Cash-Cow.
Die Lufthansa-Aktie tendierte gestern knapp behauptet bei 9,84 Euro. Die Titel der British-Airways-Mutter IAG waren dagegen um 1,7% fester.
Während die US-Regierung durchblicken lässt, dass sie aufgrund der rasanten Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus nicht allzu bald daran denkt, die Einreisebeschränkungen zu lockern, sorgte an der Börse für Gelassenheit, dass der Sommerreiseverkehr in Europa weiter brummt. Zwar werden auch hierzulande wieder verschärfte Einreisekontrollen für Rückkehrer aus Hochinzidenzgebieten diskutiert, aber bisher zeigen sich die Urlauber relativ unbeeindruckt. Die Lufthansa verzeichnet jedenfalls keinen plötzlichen Buchungsabfall.
Daher hält die Airline auch daran fest, im Juli mit 55% der Kapazität des Vorkrisenjahres 2019 zu fliegen und im August mit 60%. Im Gesamtjahr dürfte die Kapazitätsauslastung jedoch nur bei 40% landen, da das Jahr noch äußerst schwach angelaufen war.
Die Lufthansa will sich dennoch möglichst schnell aus dem Korsett der Staatshilfe befreien und plant derzeit eine voluminöse Kapitalerhöhung von rund 3 Mrd. Euro, wie es in Finanzkreisen heißt. Am Anleihemarkt hat sich der Konzern schon mit mehreren Aufschlägen erfolgreich zurück gemeldet.