Aktionäre in der Schweiz geben häufiger ihre Stimme ab

Stimmrechtsberater findet wachsende Beteiligung

Aktionäre in der Schweiz geben häufiger ihre Stimme ab

dz Zürich – Im vergangenen Jahr hat der Mittelwert der Stimmbeteiligung (Median) an den Aktionärsversammlungen der 100 größten börsennotierten Firmen in der Schweiz 70 % erreicht. Das zeigt eine Analyse der Zürcher Stimmrechtsberatungsgesellschaft Swipra. Die Rate ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich von deutlich unter 50 % gestiegen, auch dort, wo Großaktionäre mit mindestens 20 % der Stimmen das Sagen haben. Das ist immerhin in 35 der 100 untersuchten Firmen der Fall. Inzwischen werden auch hier im Mittel 60,7 % aller Minderheitsstimmen ausgeübt.Swipra stellt fest, dass die Minderheitsaktionäre eine generell kritischere Einstellung gegenüber der Unternehmensführung haben. Das leuchtet ein, stehen die Minderheitsaktionäre dem Management doch weniger nahe als Ankeraktionäre. Statistisch konkret untermauert wird dies allerdings nur beim Thema Vergütung, wo Unternehmen ohne Großaktionäre eine dreimal höhere Ablehnungsquote aufweisen als Unternehmen mit Ankeraktionär. Niedrige AblehnungsquotenAllerdings sind die Ablehnungsquoten auch bei den Minderheitsaktionären generell recht niedrig. Credit Suisse präsentierte ihren Aktionären im Frühjahr einen der umstrittensten Vergütungsberichte. Er wurde mit 79 % der Stimmen durchgewunken, im Vorjahr waren es 67 % gewesen. Auch an der voraussichtlich letzten Generalversammlung von Syngenta war von aufmüpfigen Minderheitsaktionären nichts zu sehen, und auch der neu formierte Zementriese LafargeHolcim hält die kleinen Eigentümer still, obschon die Fusion an der Börse bislang kein Erfolg war.Alles in allem scheinen die Generalversammlungen im Zug der steigenden Partizipation der Aktionäre nicht aufmüpfiger zu werden. Im Gegenteil: Die Aufsichtsräte erhalten in den Wahlen Zustimmungsquoten zwischen 97 % und 99 % und bedanken sich mit Dividendenvorschlägen, die in vielen Fällen großzügiger sind, als es die Leistung des Unternehmens nahelegen würde. Das alles wird Thomas Minder, dem Vater der 2013 mit großer Mehrheit angenommenen “Abzocker-Initiative”, kaum gefallen. Er muss feststellen, dass seine Vorstellung von Aktionärsdemokratie keinen Kulturwandel herbeigeführt hat. Die durchschnittliche Gesamtvergütung der Geschäftsleitung ist in den 100 untersuchten Unternehmen gegenüber dem Vorjahr zwar “erneut leicht gesunken”, wie Swipra betont, dies aber auf einem sehr hohen Niveau. Ausländischer Einfluss steigtInteressant ist die Beobachtung von Swipra, dass die Partizipation ausländischer Aktionäre an den Generalversammlungen im Verhältnis zu den inländischen Aktionären zunimmt. Viele dieser ausländischen Aktionäre nehmen die Dienste von hiesigen Stimmrechtsberatungsfirmen wie Swipra, Ethos oder Inrate, vor allem aber vom weltweiten amerikanischen Marktführer ISS in Anspruch. Deren Einfluss auf die Generalversammlungen ist schon vor einigen Jahren stark gestiegen und unverändert hoch. In Firmen ohne Großaktionär können die Stimmrechtsberater gemäß den Erhebungen von Swipra bis zu 30 % der Stimmen mobilisieren.Auffallend ist, dass unter den Stimmrechtsberatern zwei gegensätzliche Lager entstanden sind. Das eine Lager wird von der Genfer Anlagestiftung Ethos repräsentiert, deren Präsident Dominique Biedermann mit seinen kämpferischen Voten gegen überzogene Managersaläre ein Stück Schweizer Aktionärsgeschichte mitgeschrieben hat. Auf der anderen Seite steht ISS, die kaum öffentlich in Erscheinung tritt und mit ihren Stimmempfehlungen einen schematischen statt, wie Ethos, einen prinzipiellen Ansatz verfolgt. Konkret heißt das, dass ISS auch mit ganz hohen Managerlöhnen gut leben kann, solange diese in das von ISS favorisierte Anreizschema passen. Bei Ethos ist dies anders. Dort stellt man auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Managerlöhnen. Ethos hat in diesem Frühjahr in 41 Fällen ganz allein gegen Anträge des Verwaltungsrats gestimmt, während dies bei ISS neunmal der Fall war.